Digital Advertising boomt – Dauertrend oder One-Peak Wonder?
Der BVDW hat in seinem Trendmonitor für Online Media auf der DMEXCO @home die neuesten Zahlen für Digital Advertising vorgestellt. Eines war auf den ersten Blick erkennbar: Die Umsätze im Online Marketing sind 2020 sprunghaft in die Höhe geschnellt.
In fast allen Wirtschaftszweigen hat die Pandemie anfänglich zu finanziellen Einbußen geführt. Die Unternehmen reduzierten dementsprechend ihre Werbebudgets. Das war vor allem in den ersten beiden Quartalen 2020 spürbar. In der zweiten Jahreshälfte ereignete sich jedoch ein Umschwung: Die Werbe-Spendings schossen in die Höhe. Doch wie lange hält der Trend noch an?
Aufwärtstrend während der Pandemie hält auch 2021 an
Für viele Branchen war 2020 kein leichtes Jahr. Weltweit mussten sich Unternehmen den bisher unbekannten Herausforderungen einer nie dagewesenen Pandemie stellen. Für die digitale Werbewirtschaft jedoch zeigt der IAB-Umsatzbericht in der Gesamtbetrachtung einen beeindruckenden Anstieg um 12,2 Prozent.
Der Erfolg von 2020 ist vor allem dem vierten Quartal mit einem Wachstum von 28,7 Prozent zum Vorjahr zuzuschreiben. Ein Rekordwert innerhalb der letzten 20 Jahre.
Search, Social Media, Content, Video und Audio Ads: Das vierte Quartal 2020 übertraf das Wachstum der Werbeeinnahmen in allen Formaten.
Laut der Agentur Zenith hält der Aufwärtstrend auch 2021 an. Für den ohnehin seit 2019 kontinuierlich wachsenden amerikanischen Sektor wird ein Plus von 13 Prozent erwartet. Insgesamt fahren die USA fast die Hälfte der Werbeeinnahmen des globalen Marktes ein. China folgt mit 11 Prozent. Voraussichtlich soll der im Jahr 2021 weltweit erzielte Umsatz im Digital Advertising von 463,8 Milliarden US-Dollar bis 2025 auf knapp 633 Milliarden US-Dollar steigen.
Auf der DMEXCO @home stellte der Online-Vermarkterkreis (OVK) des BVDW den aktuellen Trendmonitor für Online Media vor. Ihm zufolge zeigt sich auch auf dem deutschen Markt die steile Aufwärtsbewegung: 2021 ist Online Advertising bei den Kunden mehr als doppelt so stark nachgefragt wie noch im Jahr zuvor. 60 Prozent der befragten Agenturen gaben an, dass ihre Kunden verstärkt auf digitale Medien setzen. Der OVK rechnet 2021 mit einem Wachstum von 23,4 Prozent für den Displaywerbemarkt.
Der Lockdown als Pushfaktor für Digital Marketing?
Auch das kam durch die Befragung innerhalb der Studie des OVK zum Ausdruck: Die Pandemie hat die Verlagerung von Medien und Handel ins Internet enorm beschleunigt. An vorderster Front stehen die Branchen Büro und Computer, Touristik, Ernährung und Körperpflege. Der Umsatz im E-Commerce wächst und damit der Einsatz der Werbebudgets für Digital Advertising.
Das Kaufverhalten hat sich den Gegebenheiten der Ausnahmesituation schnell angepasst. Online Shopping ist für viele während des Lockdowns zu einer Alternative zum stationären Handel geworden, wenn nicht gar zu einer Gewohnheit. Video-Konferenzen und der Aufstieg von Zoom haben bestätigt, dass Geschäfte auch per Videochat abgeschlossen werden können. Im Zuge dessen haben auch KMU das Internet für sich als Werbeplattform erkannt und die Möglichkeiten des Online Marketings schätzen gelernt. Das alles führte dazu, dass Marketer ihre Werbebotschaften verstärkt auf digitale Plattformen verlagerten.
Eines steht fest: Die Werbespendings fokussieren sich mehr auf Digital – und dieser Trend ist unumkehrbar.
Auch ist weiterhin ein steigendes Wachstum in der Digitalindustrie zu erwarten, wenngleich es nicht so sprunghaft wie während der Pandemie vonstattengehen mag.
Neue Ad-Formate auf dem Vormarsch
Digital In-Store Advertising, Addressable TV, Digital Audio und Digital Out-of-Home – das sind die aufkommenden Werbeformate, die in Zukunft immer stärker an Attraktivität gewinnen werden. Durch das immer breitere Angebot von ATV und Podcasts findet ein Shift innerhalb der am häufigsten frequentierten Medien statt – und damit auch eine Verlagerung der Werbeformate. Audio verzeichnete im Jahr 2020 ein Wachstum mit Werbeeinnahmen von 3,1 Milliarden US-Dollar, fast 400 Millionen US-Dollar mehr als 2019. Der Großteil wurde über das Ausspielen auf Mobilgeräten generiert.
Auch die Mehrheit der Agenturen der BVDW-Umfrage sieht in diesen Formaten für die nächsten fünf Jahre ein kontinuierliches Wachstumspotenzial.
Video-Ads, Search und Social Media als Gewinner
Video und Social Media verzeichneten im Jahresvergleich die größten Zuwächse. Laut IAB Internet Advertising Revenue Report betrugen die Werbeeinnahmen in den sozialen Medien im Jahr 2020 41,5 Milliarden US-Dollar. Mit einem Wachstum von 16,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entfallen fast 30 Prozent aller Online-Werbeeinnahmen auf Social Media. Dies ist auch auf den boomenden Online-Handel zurückzuführen, der auf dem Werbemarkt zukünftig zu einem weiteren Umsatzplus führen und den Anteil an Social Media voraussichtlich nochmals steigern wird.
Ebenfalls rasant stiegen die Umsätze im Segment Digital Video. Im letzten Jahr verzeichneten Video Ads auf Mobilgeräten und Desktops ein über 20-prozentiges Wachstum. Die gesamten Werbeeinnahmen aus Digitalvideos sind seit 2019 um 4,5 Milliarden auf 26,2 Milliarden US-Dollar gestiegen. Mobile macht dabei mit 70 Prozent den Großteil der Digitalvideo-Umsätze aus und wächst weiter.
Digital Advertising auf Suchmaschinen bleibt aber mit 59 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr 2020 und einem Anstieg von 7,8 Prozent das prominenteste Werbeformat. Search macht damit einen Anteil von 42,2 Prozent an der gesamten Internetwerbung aus.
Doch schon lange sind Google und Co. nicht mehr die Alleinherrscher unter den Ad-Plattformen. Käufer:innen suchen inzwischen direkt in den E-Retailer Search Engines nach Produkten. Von diesen attraktiven Werbeflächen wird der Traffic direkt auf die Marke oder die vom E-Retailer gehosteten Produktseiten geleitet. Auch hier hat das veränderte Kauf- und Konsumverhalten der User:innen durch die Pandemie spürbaren Einfluss auf die Marketingstrategien ausgeübt.
Programmatic Advertising boomt – doch wie lange noch?
Mit Programmatic Advertising und dank Cookies werden die User:innen wie von Zauberhand zum vermeintlich passenden Produkt geführt. Kundenorientiertes Tracking als Basis für die Customer Journey ist ein boomendes Marketinginstrument. Kein Wunder, können über das individuelle Userverhalten die Werbebudgets im Digital Advertising doch zielgerichtet und effizient eingesetzt werden.
Die Einnahmen aus programmatischer Werbung stiegen im Jahr 2020 um 14,2 Milliarden US-Dollar, was einem Wachstum um fast 30 Prozent entspricht.
Unterdessen wird in all dem Boom die Forderung nach besserem Datenschutz und mehr Privatsphäre immer lauter. Das wiederum wirft die Frage auf, ob dieses Wachstum auf Dauer anhält.
Anti Tracking Policies stellen die Marketer vor neue Herausforderung
Die auf fast allen Websites aufklappenden Cookie-Banner haben mit ernsthaftem Datenschutz inzwischen fast nichts mehr gemein. Denn das automatisierte Anklicken der User:innen kann kaum noch als bewusste Bestätigung für Cookie-Funktionen gewertet werden.
Die großen Player wie Google und Facebook reagieren darauf bereits mit einem reduzierten Tracking im Web. Apple führte schon vor geraumer Zeit die Intelligent Tracking Prevention ein, um das Vertrauensverhältnis zwischen dem Unternehmen und seinen Nutzer:innen wieder zu stärken. Die Marketing-Technologien der Ad-Tech-Anbieter stehen somit auf dem Prüfstand: Sind sie datenschutzkonform und erreichen sie dennoch die Zielgruppe? Über 90 Prozent der im Trendmonitor Befragten geben an, dass sie befürchten, die europäische Digitalindustrie werde von den großen amerikanischen Konzernen – und auf längere Sicht auch von den asiatischen Anbietern – abgehängt.
Sowohl Global Player als auch kleinere Unternehmen sehen sich zukünftig vor die Herausforderung gestellt, ihre Kund:innen auch ohne Third-Party Cookies gezielt anzusprechen und die Customer Journey dabei weiterhin erlebnisorientiert zu gestalten.
Die Blockierung des Trackings durch Drittanbieter führt dazu, dass Unternehmen lernen müssen, Big Data ohne Zeitverzögerung und durch das individuelle Verhalten der User:innen gewinnbringend zu nutzen. Contextual Intelligence kann hier die Lösung sein. Die Technologie identifiziert qualitativen Content im Netz. Darüber hinaus leistet sie ein genaues Targeting und Brand Safety. Gerade im Zeitalter der Fake News rückt ein sicheres Werbeumfeld im Sinne von Purpose und Sustainability für Marken und Unternehmen immer stärker in den Fokus.