Corporate-Influencer:innen-Strategie zwischen Authentizität und KPIs

Corporate Influencer:innen sind aus der Strategie von Unternehmen als Content Creator und Community Builder nicht mehr wegzudenken. Sie verleihen ihnen authentische Stimmen und übersetzen Werte in Stories, wo klassische Kommunikation an Grenzen stößt.

Bild vom Corporate Influencing Fireside Chat bei der DMEXCO 2025
Bild: © DMEXCO

Die feine Kunst des Corporate Influencing

„Corporate Influencer:innen übersetzen Unternehmenswerte in persönliche Geschichten. Sie sind die Schnittstelle zwischen Kultur, Kommunikation und Community.“

Jean-Paul Daniel (Lucky Shareman, Vorsitzender der Initiative „Content Creation & Influencer Marketing“ im BVDW)

Bild von Jean-Paul Daniel (Lucky Shareman, Vorsitzender der Initiative „Content Creation & Influencer Marketing“ im BVDW)
Bild: © Lucky Shareman

Wie gelingt Corporate Influencer:innen der Spagat zwischen Authentizität und Unternehmenszielen? Und welche Strategien sind erfolgreich, wenn Mitarbeiter:innen zu Stimmen der Marke werden?

Corporate Influencing hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt: vom experimentellen Social-Media-Projekt hin zu einem entscheidenden Faktor für Reputation, Talentgewinn und Vertrauen. Bis 2026, so prognostizieren Expert:innen, wird Corporate Influencing nicht mehr optional, sondern ein zentrales Element der Unternehmenskommunikation sein.

In einer Welt, in der generative KI in Sekundenschnelle Content produziert, steigt der Wert von Haltung und Persönlichkeit. Die erfolgreichsten Corporate Influencer:innen sind nicht diejenigen mit den glattesten Botschaften, sondern die mit der klarsten Stimme.

Bei der DMEXCO 2025 bekam Corporate Influencing mit der Center Stage die Bühne, die das Thema verdient. In einem Fireside Chat mit Maximilian Nowroth (Chief Reporter, Rheinische Post) teilten Céline Flores Willers (CEO & Founder, The People Branding Company) und Lara Sophie Bothur (Global Corporate Tech Influencer, Deloitte) ihre Insights aus der Praxis. Schau dir jetzt ihre Session „The Future of Corporate Influencing: What to Expect in 2026” in der DMEXCO VOD Library an!

Echte Mitarbeitende, strategisch genutzt?

Die größte Herausforderung liegt im Balanceakt zwischen Authentizität und Unternehmensinteressen:

  • Wie bleiben Influencer:innen authentisch, wenn sie im Namen einer Marke sprechen?
  • Wie viel Kontrolle ist von Unternehmensseite nötig – und wann wird sie kontraproduktiv?

    Céline Flores Willers hat darauf eine klare Antwort. Wenn sie mit Unternehmen arbeitet, geht es nie um das Identifizieren von „Aushängeschildern“, sondern um das Entdecken echter Stimmen:

    “Managers often think they know who the corporate influencers are—but we turn it around. We set up an application process so everyone can apply. Often the best voices were never on management’s radar.”

    Céline Flores Willers (CEO & Founder, The People Branding Company)

    Anstatt Mitarbeiter:innen von oben zu bestimmen, öffnet Céline Flores Willers den Prozess. Wer Lust hat, sich zu positionieren, kann sich bewerben. Das Ergebnis: authentischere, engagiertere Stimmen und oft überraschende Talente. Ihr zweiter Tipp: Relevanz entsteht durch Haltung: „Watch out for news, add your opinion to it, and share it on LinkedIn.“ LinkedIn ist für viele Corporate Influencer:innen das wichtigste Medium. Es reicht nicht, ihre Botschaften nur auf der Website im Unternehmensblog einzubinden. Denn Corporate Influencer:innen sind keine Pressesprecher:innen, sondern Meinungsführer:innen, die aktuelle Themen aufgreifen, einordnen und mit Persönlichkeit versehen.

    Strukturen schaffen, ohne zu beschneiden

    Erfolgreiche Corporate-Influencer:innen-Programme basieren auf klaren Rahmenbedingungen, aber nicht auf starren Vorgaben. Unternehmen, die den Mut haben, Freiraum zu gewähren, profitieren langfristig von höherem Vertrauen und stärkerer Markenbindung.

    Gute Programme bieten Schulungen, Content-Unterstützung und Feedback-Formate. Aber sie respektieren zugleich auch die individuellen Stimmen der Influencer:innen. Denn wer glaubwürdig kommunizieren will, darf nicht nach einem Drehbuch sprechen.

    Best Practices und Beispiele: So arbeiten erfolgreiche Corporate Influencer:innen

    Snocks: Sichtbarkeit mit System

    Ein Paradebeispiel liefert Snocks: Gründer Johannes Kliesch nutzt LinkedIn gezielt, um Markenbekanntheit und Employer Branding zu stärken. Seine Posts, mit denen er regelmäßig Hunderttausende Menschen erreicht, geben persönliche Einblicke hinter die Kulissen. Der Schlüssel zum Erfolg: Klarheit über das Ziel der Corporate-Influencer:innen-Strategie. Ob Recruiting, Thought Leadership oder Community Building, erfolgreiche Corporate Influencer:innen wissen genau, warum sie posten.

    OTTO: Jobbotschafter:innen mit 3 strategischen Rollen

    Auch OTTO hat ein durchdachtes Konzept entwickelt, das Corporate Influencing als Teil der Unternehmenskultur etabliert.

    Im Rahmen des Programms „Jobbotschafter:innen“ können Mitarbeiter:innen ihre Stärken in drei Modulen einbringen:

    • Modul I: Social-Media-Insider:innen
    Für Kolleg:innen, die Geschichten aus dem Arbeitsalltag auf LinkedIn und Co. teilen möchten. Interne Schulungen helfen, die eigene Stimme zu finden und authentisch zu erzählen.

    • Modul II: Speaker:innen
    Hier steht Fachwissen im Vordergrund. Mitarbeiter:innen werden ermutigt, auf Konferenzen zu sprechen, Interviews zu geben oder in Fachmedien aufzutreten, inklusive professioneller Trainings.

    • Modul III: Co-Recruiter:innen
    Mitarbeiter:innen, die das Recruiting aktiv mitgestalten, führen Gespräche mit Bewerber:innen oder übernehmen erste Interviews. So entstehen Nähe, Transparenz und ein echtes Employer-Branding-Erlebnis.

    Das Ergebnis: ein Netzwerk aus motivierten Mitarbeiter:innen, die ihre Rollen frei nach Interesse und Talent wählen und so glaubwürdig OTTO vertreten.

    Deloitte: Wenn Corporate Influencing zum Beruf wird

    Bei Deloitte geht Corporate Influencing sogar noch einen Schritt weiter. Lara Sophie Bothur arbeitet dort hauptberuflich als Global Corporate Tech Influencer. Damit ist sie die erste ihrer Art. Ihre Aufgaben reichen von Content Creation über Community Management bis zur Stakeholder-Kommunikation. Sie ist das Gesicht einer neuen Art der Unternehmenskommunikation, in der Authentizität und Strategie Hand in Hand gehen.

    Ihr Beispiel zeigt: Corporate Influencing ist kein Nebenprojekt mehr. Es wird zu einem eigenen Berufsbild, das Kommunikation, Branding und Vertrauen verbindet.

    Leadership Visibility: Wenn CEOs selbst zur Marke werden

    Das Beispiel Snocks hat gezeigt: Auch Führungskräfte kommen heute nicht mehr um Sichtbarkeit herum. Wer Vertrauen aufbauen will, muss sich mit echten Einblicken und klaren Haltungen nahbar zeigen. Ob auf LinkedIn, in Podcasts oder auf der Bühne: Executive Visibility ist längst Teil der Markenstrategie.

    Fazit: Eine Corporate-Influencer:innen-Strategie ist Pflicht

    Corporate Influencer:innen sind heute keine Nice-to-have-Kommunikationsmaßnahme mehr, sondern strategische Vertrauensarchitekt:innen. Sie schaffen Verbindungen, wo Markenbotschaften oft verhallen. In einer Welt voller generierter Inhalte wird das Echte zum Wertvollsten. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter:innen sichtbar machen, gewinnen an Reichweite und Glaubwürdigkeit. Deshalb sollte jedes Unternehmen zumindest evaluieren, wie eine individuelle Corporate-Influencer:innen-Strategie für einzelne Mitarbeiter:innen aussehen kann.

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