„Programmatic Out of Home ist auf der Straße angekommen“
Hat klassische Plakatwerbung bald ausgedient? Zwar steht Programmatic Out of Home noch relativ am Anfang, gilt aber vielen als das große Zukunftsversprechen in der Außenwerbung. Ist diese Zuversicht gerechtfertigt? Wir haben nachgefragt.
Programmatic OOH gewinnt für digitale Werbestrategien zunehmend an Relevanz
Im Hinblick auf die Ausgestaltung digitaler Werbestrategien wächst die Bedeutung von Programmatic Out of Home für den Werbemix spürbar. Zu diesem Ergebnis kommt die internationale Studie „State of the Nation – The Future of Digital Out of Home 2020“ des Marktforschungsinstituts MTM im Auftrag von VIOOH, der Supply-Side-Plattform (SSP) von WallDecaux. Die Grundlage der Studie bildete eine Umfrage unter 600 Führungskräften von Mediaagenturen und Werbetreibenden aus den USA, Großbritannien und Deutschland.
Demnach planen mehr als 92 Prozent aller befragten Entscheidungsträger, trotz der anhaltenden Corona-Pandemie in diesem Jahr mehr Geld für Programmatic OOH zu investieren. Mit 77 Prozent zeigt sich auch in Deutschland eine klare Tendenz. Über ein Drittel der deutschen Umfrageteilnehmer plant sogar mehr als eine Verdopplung der Ausgaben für programmatisch gesteuerte digitale Außenwerbung.
Ist Programmatic also das Zauberwort für die Zukunft von Out of Home (OOH)? Und inwieweit kann Außenwerbung mit Blick auf die gegenwärtigen Ausgangsbeschränkungen überhaupt Wirkung entfalten? Zu diesen und weiteren Fragen rund um die Integration von Digital OOH in den programmatischen Handel liefert Jonas Kofahl spannende Insights im Interview. Er ist Director Digital & Creative OOH bei WallDecaux, dem Out-of-Home-Vermarkter von Wall.
Wie hat sich Programmatic Out of Home in den letzten Jahren entwickelt und wie macht sich diese Entwicklung bemerkbar?
Jonas Kofahl: Programmatic ist in den letzten Jahren auf der Straße angekommen und gibt seitdem richtig Gas. Wir sehen immer öfter Kampagnen, die das Potenzial nutzen und die Flexibilität hinsichtlich der räumlichen und zeitlichen Dimension zielführend orchestrieren. Auch auf Kundenseite hat das Thema bereits eine hohe Relevanz. Dies äußert sich auch in der steigenden Anzahl der Programmatic Inhouse Units, die sich vermehrt mit dem Thema Programmatic Out of Home (OOH) beschäftigen und diesen Kanal als wesentlichen Bestandteil in der Customer Journey berücksichtigen.
Worauf führst du diese Entwicklung zurück? Welche Gründe siehst du für den wachsenden Erfolg von Programmatic OOH?
Jonas Kofahl: Die Kommunikationslandschaft wird immer kleinteiliger. Dadurch wird es schwieriger, die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu gewinnen. Programmatic Out of Home verbindet Branding und Performance über alle Zielgruppen hinweg. Wer Zeit, Ort und Data in Einklang bringt, gewinnt die Aufmerksamkeit des Konsumenten. Datenpartnerschaften – wie mit adsquare – ermöglichen uns eine immer detailliertere Aussteuerung unserer analogen wie digitalen Netze nach individuellen Kunden-KPIs wie Zielgruppe, POI oder Geo-Targeting. Damit dies perfekt funktioniert, sollte Programmatic zum Grund-Know-how jedes Werbers gehören.
Stichwort Corona: Alles zieht sich ins Digitale zurück. Das Privat- und Berufsleben spielt sich bei vielen Verbrauchern hauptsächlich in den eigenen vier Wänden ab. Lohnt es sich aktuell überhaupt, draußen zu werben?
Jonas Kofahl: Die Menschen sind immer noch draußen unterwegs, allerdings aus anderen Gründen. 15 Prozent der Großstädter gehen fast täglich im Lebensmittel-Einzelhandel shoppen. Spazieren ist die Außer-Haus-Aktivität Nummer eins, Joggen nimmt die Spitzenposition im Sport ein. Hier spielt OOH seine Stärken nach wie vor aus. OOH ist das vertrauenswürdigste Medium. Und damit genau das, was Marken heute am dringendsten brauchen. Gleichzeitig steigert OOH den Sales-Uplift und unterstützt unmittelbar den stationären Handel und den E-Commerce.
Was ist der entscheidende Vorteil von Digital OOH im Vergleich zu anderen digitalen Werbestrategien?
Jonas Kofahl: Das kann man mit wenigen Worten leicht zusammenfassen: Reichweite, Wirksamkeit und ein herausragender ROI. Digital OOH erreicht so ziemlich jeden, der mobil ist – ganz ohne Cookies und unter Ausschluss von Adblockern, Bot Traffic und Ad Fraud. Außerdem ist Außenwerbung der perfekte Kampagnenverstärker im Media-Mix und macht andere Medien stärker. Studien haben ergeben, dass Maßnahmen auf Facebook, im TV oder sogar in Print durch OOH besser performen und gemeinsam noch stärker sind.
Wie wird sich der Markt für Programmatic OOH im nächsten Jahr und darüber hinaus entwickeln? Wie wird die Entwicklung in Deutschland insbesondere im Vergleich zu den USA verlaufen?
Jonas Kofahl: Die Entwicklung nimmt gerade erst Fahrt auf. Digital OOH ist eines der jüngsten Werbemedien unserer Zeit. Und Programmatic Out of Home steht noch ganz am Anfang. Unsere internationale SSP VIOOH wird weiter konsequent ausgebaut und ermöglicht aktuell schon den konsolidierten Zugriff auf OOH-Inventar in mehr als zwölf Ländern. Immer mehr Marktpartner beginnen, sich mit Programmatic OOH zu beschäftigen, weswegen ich davon ausgehe, dass wir nach einer sehr positiven Entwicklung der programmatischen Umsätze in 2020 auch 2021 ein weiterhin stabiles, überdurchschnittliches Wachstum zu verzeichnen haben werden.
Ausblick: Programmatic OOH auf der Überholspur
Wie die ermittelten Nettoausgaben für programmatische Außenwerbung vom Digital Media Institute (DMI) und dem Marktforschungsunternehmen eMarketer bestätigen, steckt Programmatic Out of Home gegenwärtig tatsächlich noch in den Kinderschuhen. Was mit Blick auf die bisherige und prognostizierte Entwicklung allerdings sofort auffällt, sind der starke Anstieg der Ad Spendings in den letzten beiden Jahren sowie die enormen Zuwachsraten, die für die nahe Zukunft erwartet werden.
Lagen beispielsweise die Netto-Werbeeinnahmen von Programmatic OOH laut DMI für 2018 bundesweit noch bei überschaubaren 15 Millionen Euro, kletterten sie bis 2020 auf 79 Millionen Euro. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in den USA, wo sich die Ausgaben von 2019 auf 2020 auf über 180 Millionen Dollar verdoppelten und bis 2022 auf 530 Millionen Dollar jährlich steigen sollen. Eine ähnlich dynamische Entwicklung von Programmatic Out of Home erwartet das DMI auch für den deutschen Markt. Demnach könnte die programmatische digitale Außenwerbung Ende des Jahrzehnts die klassische Plakatwerbung bei den Nettoausgaben überholen – und 2030 sogar die Milliardengrenze knacken.
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