BeReal: Marketing über die Trend-App?

BeReal war 2022 eine der meist heruntergeladenen Social-Media-Apps. Eignet sich der Newcomer auch fürs Marketing?

BeReal zählt derzeitig zu den Trend-Apps – welche Möglichkeiten haben Unternehmen, hier Präsenz zu zeigen?
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Was macht BeReal aus?

Der Name ist Programm: Die Trend-App „BeReal. Deine Freunde in echt.“ präsentiert sich als Social-Media-Kanal, auf dem Authentizität, Spontaneität und Einfachheit die Hauptrollen spielen. Statt um realitätsferne Selbstinszenierung mit Insta-Filter geht es bei BeReal um authentische Momentaufnahmen aus dem alltäglichen Leben. Das funktioniert so: Einmal am Tag werden alle User:innen zu einem beliebigen, per Zufallsgenerator bestimmten Zeitpunkt dazu aufgefordert, innerhalb von zwei Minuten ein Foto zu machen. Dabei werden Front- und Back-Kamera gleichzeitig aktiviert, sodass neben dem spontanen Selfie ebenso die Umgebung, in der sich der:die Fotografierende gerade befindet, festgehalten wird.

Sobald ein neues BeReal erstellt wurde, erhalten die Kontakte eine Benachrichtigung. Diese können dann mittels sogenannten RealMojis auf den Post reagieren. Dabei handelt es sich nicht um vorgefertigte Emojis wie man sie von anderen Social-Media-Apps kennt, sondern um eine emotionale Reaktion mit der eigenen Mimik, die per Kamera-Funktion festgehalten wird – Realitätstreue und Unmittelbarkeit werden bei den BeReal-Reactions also großgeschrieben.

Wer nutzt das neue Social-Media-Format?

BeReal wurde 2020 in Frankreich entwickelt und erlangte ab Mitte des Jahres 2022 eine explosionsartige Bekanntheit. Bereits im Juli überholte die Trend-App die Big Player TikTok und Instagram bei den wöchentlichen Downloads und landete im August 2022 in Deutschland auf Platz eins der am häufigsten heruntergeladenen Apps. Apple ernannte BeReal schließlich zur iPhone-App des Jahres 2022. Monatlich verzeichnet das Format weltweit rund 20 Millionen aktive User:innen.

15 Prozent
der 18- bis 39-Jährigen in Deutschland nutzen BeReal laut einer aktuellen Online-Befragung von OMD Germany.

Die Social-Media-App antwortet auf das wachsende Bedürfnis insbesondere vieler jüngerer Menschen, authentische Inhalte ohne Filter zu sehen – BeReal versteht sich damit als eine Art Gegenmodell zu Instagram-Inhalten, denen das Image anhaftet, eine gekünstelte und scheinhafte Welt zu zeigen. Damit findet BeReal vorwiegend bei der Generation Z sowie bei Millennials, also der Gen Y, Anklang.

Ist BeReal für Unternehmen geeignet?

Werte wie Authentizität, Glaubwürdigkeit und Transparenz stehen auch bei vielen Unternehmen im Fokus, wenn es darum geht, ein Markenimage aufzubauen beziehungsweise nach außen zu tragen. Kommt die BeReal-App somit als Social-Media-Plattform für die Markenkommunikation sowie für konkrete Marketing-Maßnahmen infrage?

Zunächst die schlechte Nachricht: Laut AGB ist BeReal für Werbung und kommerzielle Zwecke nicht vorgesehen. So gibt es derzeit kein Monetarisierungsmodell und keine Option, Werbung zu schalten.

Außerdem setzt die spezielle Funktionsweise von BeReal komplexeren Marketing-Strategien schnell eine Grenze: Die BeReals können nur mittels der App-Kamera erstellt werden. Es lassen sich demnach weder Bilder aus der Galerie hochladen noch vorab Fotos per Filter bearbeiten. Von längerer Hand geplanten Content zu schalten, ist damit nicht möglich. Zudem ist eine schnelle Reaktion gefragt, sobald die Benachrichtigung „Es ist Zeit für ein BeReal!“ eingeht. Das zur Verfügung stehende zweiminütige Zeitfenster zur Bilderstellung lässt sich zwar ein Stück weit umgehen, indem man die Push-Nachricht zunächst nicht öffnet. Wird das Bild später am Tag erstellt, wird es den Freunden als sogenanntes Late angezeigt. Ein Beitrag ist außerdem nur so lange für andere sichtbar, bis die nächste BeReal-Aufforderung eintrifft, also maximal 24 Stunden. Wurde das Bild später gepostet als vorgesehen, verkürzt sich diese Zeitspanne entsprechend. Allein die erforderliche Spontaneität des Postens dürfte für die meisten Unternehmen eine organisatorische Herausforderung bedeuten, etwa wenn die Aufforderung außerhalb der Arbeitszeiten eintrifft.

Eine weitere Schwierigkeit: BeReals richten sich in erster Linie an die persönlichen Kontakte. Zwar lassen sich Inhalte mit der Discovery-Funktion veröffentlichen, sodass sie für alle Nutzer:innen sichtbar sind. Allerdings werden diese offenbar recht willkürlich angezeigt, ohne zugrundeliegenden Algorithmus. Hashtags, Shares, Likes und Kommentare existieren nicht, was die Sichtbarkeit für die anvisierte Zielgruppe ebenfalls einschränkt.

Welche Marketing-Optionen hast du auf BeReal?

Die Möglichkeiten, BeReal-Marketing zu betreiben, sind also zum aktuellen Zeitpunkt ziemlich limitiert. Und dennoch reiten einige Unternehmen vor – darunter der Modekonzern Mango, die Kosmetikhersteller e.l.f. Cosmetics und Biossance sowie die amerikanische Schnellrestaurantkette Chipotle –, die bereits mit BeReal experimentieren. Eine clevere Nutzung von BeReal für Unternehmen besteht darin, Mitarbeiter:innen als Corporate Influencer:innen agieren zu lassen. Erhalten diese die Aufforderung, ein Bild von sich – und der Umgebung – zu erstellen, bietet dies eine optimale Gelegenheit, um Behind-the-Scenes-Content zu schalten und authentische Einblicke beispielsweise in die Arbeits- oder Produktionsweise im Unternehmen zu liefern.

Bei aller scheinbaren Spontaneität empfiehlt es sich durchaus, diese Inhalte vorab zu planen. Denkbar wäre etwa, einen BeReal-Redaktionsplan zu erstellen, in dem für jeden Tag Situationen und Konstellationen ins Auge gefasst werden, die sich für die Bilderstellung eignen würden, sowie entsprechende Zuständigkeiten festzulegen. Dies immer unter Berücksichtigung der Fragen: Was und wie viel von den internen Abläufen darf und will gezeigt werden? Mit welchen Einblicken kann die Markenbotschaft gut transportiert werden?

BeReal: Marketing mit Experimentier-Charakter

Eine umfassende Marketing-Strategie mit BeReal umzusetzen, ist derzeit nicht machbar. Nichtsdestotrotz bietet das junge Social-Media-Format Optionen für Unternehmen, bei einer Zielgruppe Präsenz zu zeigen, deren Werte (auch) abseits einer schillernden Instagram-Welt liegen. Dies funktioniert am ehesten über BeReal-Corporate-Influencer:innen, die einen Blick hinter die Kulissen des Unternehmens gewähren – das trägt zu einem authentischen Markenauftritt bei. Hier ist ein hohes Maß an Kreativität gefragt. Marken, die sich trauen, haben auf BeReal die Chance, weitgehend ungefiltert mit User:innen zu kommunizieren und diese mit neuen Inhalten zu überraschen. Eine große Reichweite darf man sich damit aber wohl nicht versprechen.