So wird aus einem Minimum Viable Product ein Minimum Awesome Product

Du hast eine glänzende Geschäftsidee für eine neue Software oder App – aber kommt sie auch glänzend bei deiner Kundschaft an? Bevor du mit einem aufwendigen Produkt den Markt betrittst, kannst du es als Minimum Viable Product entwerfen.

Ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, ist stets ein Risiko. Die Lean-Startup-Methode und die Entwicklung eines Minimum Viable Products können es minimieren.
Bild: © WrightStudio / Adobe Stock

Das Prinzip Minimum Viable Product

Der Begriff Minimum Viable Product (MVP) beschreibt ein Produkt, das mit minimalem Aufwand möglichst kostengünstig und nach kurzer Entwicklungszeit zur Nutzung bereitsteht – ausgerüstet nur mit den Basisfunktionen. Doch worin kann der Sinn liegen, eine Software, eine App oder überhaupt ein Produkt zu entwickeln, das so einfach und reduziert daherkommt? Ist in der Marketingwelt doch hinlänglich bekannt, wie sehr Brands darum bemüht sind, die User:innen mit einer möglichst schillernden Customer Experience oder einem Mehrwert durch Extra-Features zu überzeugen.

Die Herangehensweise geht auf die von Eric Ries entwickelte, kundenzentrierte Lean-Startup-Methode aus dem Jahr 2012 zurück. Sie führt über den simplen Mechanismus „Build – Measure – Learn“ auf schlankem Weg zum gewünschten Ergebnis: zufriedene Kund:innen, die ein Produkt kaufen und lieben.

MVP – von der Idee zum Prototypen

Minimum Viable Products, also minimal brauchbare Produkte, finden sich in allen denkbaren Bereichen. Der Grundgedanke ist folgender: In ein komplett ausgefeiltes Produkt müsste man zunächst eine Menge Aufwand investieren. Trotzdem ist keineswegs sicher, dass die Kund:innen es letztendlich wirklich annehmen, selbst wenn du in deiner Bedarfsanalyse vorab sauber gearbeitet hast. Darum bietet man zunächst nur ein „minimal brauchbares Produkt“ an und lässt Anwender:innen feststellen, wo Weiterentwicklungen erwünscht und sinnvoll sind.

Der Begriff Minimum Viable Product stammt aus der Softwareentwicklung. Das Prinzip lässt sich aber auf jede Produktvariante übertragen und kann auch dir helfen, deine Geschäftsidee mit Hilfe eines Prototyps effizient zu realisieren und Fehlinvestitionen zu vermeiden.

So gelangst du Schritt für Schritt zum Minimum Viable Product:

#Build

  • Kundenzentrierte Bedarfsanalyse und Value Proposition: Ermittlung der Zielgruppe und deren konkreten Bedarfs
  • Ermittlung der Mindestanforderungen an ein brauchbares Produkt
  • Herstellung einer Produktversion, eines Mockups bzw. Prototyps

#Measure

  • Kommunikation des Produkts an die Zielgruppe
  • Kundenbefragung und Anwenderfeedback
  • Feedbackanalyse

#Learn

  • Modifikation und Verbesserung des Produkts oder
  • Verwerfung des Produkts

Dein Prototyp muss zunächst nur ein entscheidendes Hauptkriterium erfüllen und deinen Kund:innen einen Vorteil beziehungsweise eine Problemlösung anbieten. Ist dies der Fall, akzeptieren sie auch eine reduzierte Version und können anhand dieser weitere Verbesserungsvorschläge an dich herantragen.

Bei der Lean-Startup-Methode und der MVP-Entwicklung musst du also mit Kritik rechnen, aber genau das ist gewollt. Durch den einsetzenden Lernprozess bist du in der Lage, dein Produkt zu optimieren und die Iterationszyklen bis zur wahren (Masse-n)Marktreife zu verkürzen.

Das MVP-Prinzip richtig nutzen

Die Grundidee hinter dem MVP-Konzept ist die Verhinderung unnötiger Kosten. Es kommt immer wieder vor, dass Entwickler:innen und Gründer:innen viel Arbeit und Geld in ein hochwertiges, kostspieliges Produkt und entsprechendes Design stecken, dieses aber keine Fangemeinde auf dem Markt findet.

Solche Misserfolge kannst du vermeiden, wenn du mit einer reduzierten Version – oder eventuell sogar nur der Idee – einen kleinen Kreis deiner Zielgruppe ansprichst und dir über die Bedarfsanalyse einen konkreten Überblick über die Nachfragesituation verschaffst. Diese ersten Anwender (Early Adopters) werden dich schnell auf den richtigen Weg bringen und sind quasi bares Geld wert, da sie dich vor Fehlinvestitionen bewahren.

Auch Twitter, Dropbox und sogar airbnb haben einmal als Minimum Viable Product klein angefangen.

Diese Punkte solltest du beim MVP-Konzept beachten:

  • Eine klar definierte Zielgruppe ist sinnvoller als eine breite Zielgruppenstreuung, da es schwierig ist, mit einem reduzierten, minimalistischen Produkt verschiedene Bedürfnisse zu erfüllen.
  • Finde die kleinste nutzbare Einheit: Dein Minimum Viable Product soll eine einfache Version der Grundidee, aber voll funktionstüchtig und brauchbar sein.
  • Dein Produkt muss etwas bieten, das woanders nicht zu haben ist.

Mit der schrittweisen Optimierung ist irgendwann ein Punkt erreicht, an dem aus einem MVP ein MAP, ein Minimum Awesome Product, werden muss. Schließlich ist es schwer vorstellbar, dass sich ausreichend viele Käufer:innen für ein Produkt ohne jeglichen Designanspruch oder anderweitige Alleinstellungsmerkmale finden.

Nur wenn es auf dem Absatzmarkt definitiv keine Konkurrenz gibt, können sich Minimum Viable Products erfahrungsgemäß für eine gewisse Zeit halten. Aber eben nur so lange keine bessere Alternative – eben ein Minimum Awesome Product – auf der Bildfläche erscheint.

Vom Prototypen zum Premiumprodukt

Der hohe Technologiestandard sowie die ständige Verfügbarkeit von Waren und Services haben dazu geführt, dass die Erwartungen von Kund:innen und User:innen an Anwendungen, Dienstleistungen und Produktwelten gestiegen sind. Die Customer Experience und die Erfüllung der UX-Ansprüche müssen über das normale Maß hinausgehen, wenn ein Produkt langfristig von Interesse sein soll. Minimum Awesome Products erfüllen diese Voraussetzung und machen deine Entwicklung erst konkurrenzfähig.

Hat das MVP hinsichtlich der reinen Funktionalität die Anwender:innen zufriedengestellt, muss das noch lange nicht zum endgültigen Kauf des Produkts führen. Dafür bedarf es eines besonderen Pushfaktors.

Der Wettbewerb um die Gunst der Verbraucher:innen ist hart umkämpft. Hier muss das MAP punkten.

Beispielsweise mit

  • einer außergewöhnlichen Designidee
  • höherer Qualität
  • besserer Verfügbarkeit
  • minimiertem Aufwand bei der Nutzung

Es ist nicht leicht, heute noch etwas grundlegend Neues zu entwickeln. Aber auch bei der Verbesserung bereits bestehender Produkte kann die Lean-Startup-Methode aufgrund der kundenzentrierten Vorgehensweise helfen. Eine bereits existierende Version eines Produkts muss nicht die beste Variante sein.

Die Entwicklung eines alternativen MVP/MAP und die genaue kundenzentrierte Analyse des Feedbacks können ein Produkt attraktiver machen und es so zu einem neuen Marktführer heranwachsen lassen.

Mit dem MVP zielsicher zum Erfolg?

Natürlich sind die Lean-Startup-Methode und die Entwicklung eines MVP kein Garant für die Etablierung eines marktfähigen Produktes. Der wichtigste Schritt liegt ganz am Beginn einer Erfolgsgeschichte, und zwar in der detaillierten Zielgruppen- und Bedarfsanalyse. Nur wer sich über die Wünsche und Problemlage seiner Kundschaft im Klaren ist, kann überhaupt eine gewinnbringende Geschäftsidee entwickeln.

Auf der anderen Seite ist es wichtig, auch ein Scheitern zu akzeptieren. Nicht jede funkelnde Vision ist letztendlich auch ein absoluter Sales Hit. Genau hier kann das Prinzip Minimum Viable Product vor größeren Investitionsverlusten bewahren. Wenn User:innen schon mit deinem Basisprodukt nichts anfangen können, wird auch eine hochwertige Ausführung mit einem Satz voller Zusatzfeatures nicht zum Verkaufserfolg führen. Dann heißt es lieber zurückrudern und auf eine neue Gelegenheit für ein Minimum Awesome Product warten.

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