Insight Out: VAUDE-Marketingchef Manfred Meindl im Gespräch

VAUDE steht für Bergsport, Verantwortung und klare Haltung. Manfred Meindl erklärt, warum das Team Marketing-Budget in Klimaschutz umgeschichtet hat, wieso der Ausstieg aus X und bezahlter Meta-Werbung konsequent war – und weshalb gute Ideen selten am Schreibtisch entstehen.

Porträt von Manfred Meindl, Marketingleitung VAUDE
Bild: © VAUDE

Marketing’s Boldest Voices: Entscheidungen, die Haltung, Prozess und KPIs zusammenbringen

In unserer Serie „Insight Out: Marketing’s Boldest Voices“ teilen führende Köpfe ihre Erfahrungen und Ideen, wie Purpose, Organisation und Messbarkeit zusammenspielen – und was mutige Entscheidungen in der Praxis bedeuten.

Über Manfred Meindl
Manfred Meindl leitet das Marketing bei VAUDE. Der Bergsport- und Outdoor-Ausrüster gilt als Vorreiter für Nachhaltigkeit und wertebasierte Markenführung.

Was war dein bisher mutigster Marketing Move – und warum würdest du ihn (nicht) wiederholen?


Einer der mutigsten Schritte war sicherlich die Entscheidung, unser Marketing-Budget deutlich zu reduzieren und die freigewordenen Mittel gezielt in Klimaschutzprojekte zu investieren. Der Fokus lag dabei auf Maßnahmen, die unseren CO₂-Fußabdruck messbar senken und verbleibende Emissionen kompensieren. Anstelle klassischer Kampagnen haben wir so Verantwortung übernommen und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz geleistet.

Die eigentliche Herausforderung bestand allerdings in der Kommunikation: Wie spricht man über solche Maßnahmen, ohne in den Verdacht des Greenwashings zu geraten? Uns war wichtig, transparent, faktenbasiert und nachvollziehbar zu kommunizieren … mit klarer Abgrenzung zu rein symbolischen Aktionen. Das ist gelungen: Die Projekte konnten angestoßen werden, die Kommunikation war gut abgestimmt und wurde in unseren Zielgruppen als glaubwürdig wahrgenommen.


Wiederholen würden wir so eine Maßnahme heute unter anderen Bedingungen nur mit angepasster Strategie. Damals hatten wir den richtigen Zeitpunkt erwischt, die Rahmenbedingungen waren offener, auch die Budgets flexibler. Heute ist die Aufmerksamkeit für Nachhaltigkeitsthemen zwar da, aber auch stärker polarisiert, was eine ehrliche Kommunikation noch anspruchsvoller macht.
Trotzdem: Es war ein richtiger und wichtiger Schritt, um zu zeigen, dass Marketing auch Verantwortung übernehmen kann und nicht nur Aufmerksamkeit erzeugen muss.

Wann bist du zuletzt einen unbequemen Schritt im Marketing gegangen – und wofür war er nötig?


Ein ganz konkreter Schritt war der Rückzug von X (ehemals Twitter) sowie das Einstellen unserer bezahlten Werbung auf den Meta-Plattformen. Damit haben wir uns bewusst gegen die Reichweite und Werbeleistung dieser Kanäle entschieden – und für eine klare Haltung gegenüber Hatespeech und Desinformation. Es war kein einfacher Schritt, denn Social Media ist nach wie vor ein zentraler Bestandteil vieler Marketingstrategien.


Gleichzeitig mussten wir unsere Maßnahmen komplett neu ausrichten – insbesondere mit stärkerem Fokus auf Performance Marketing, um unseren Direct-to-Consumer-Verkauf weiterhin effektiv zu unterstützen. Das war ein Sprung ins kalte Wasser: altbewährte Kanäle raus, neue Wege rein. Wir mussten neu denken, schneller testen, agiler handeln.


Der Schritt war unbequem, aber notwendig. Haltung zu zeigen, darf nicht nur in Social Media Postings stattfinden – sie muss sich auch in den konkreten Entscheidungen widerspiegeln. Und genau das haben wir getan.

Woher kommen deine besten Ideen – wenn du mal nicht im Marketingmodus bist?

Ganz klar: draußen, beim Sport in der Natur. Sobald ich Abstand zu Bildschirm, Meetings und Mails habe, fängt das Denken wieder an, sich zu sortieren. Ohne Reizüberflutung, ohne ständigen Input von außen. Da entstehen die besten Ideen – nicht am Schreibtisch, sondern irgendwo zwischen Trail, Gipfelgrat oder Kletterroute. Der Kopf wird frei, und plötzlich kommen Gedanken, auf die man im Büro nie gekommen wäre. Abstand schafft Perspektive – und oft auch die nötige Klarheit für die wirklich guten Impulse.

Was würdest du der Marketing-Branche gerne mal klar sagen?


Für das, was in der Branche an Budgets bewegt wird, ist erstaunlich viel dabei, das zwar schön aussieht und gut durchdacht ist – aber am Ende weder relevant noch hilfreich für die Zielgruppe. Im besten Fall wird’s ignoriert, im schlimmsten Fall stört’s. Und ganz ehrlich: Vieles davon kann Künstliche Intelligenz inzwischen genauso gut – oder besser. Was fehlt, ist eine echte Verbindung. Keine Kampagne, kein Trend, kein perfekt ausgesteuertes Targeting ersetzt einen authentischen Kommunikator – jemanden, der etwas zu sagen hat, Haltung zeigt und glaubwürdig bleibt, auch wenn’s unbequem wird. Genau dahin müssen wir uns in der Branche entwickeln. Weniger Oberfläche, mehr Substanz.

Konsequenz zahlt sich aus

VAUDE zeigt, dass Haltung mehr ist als eine Botschaft: Sie steuert Budget, Kanäle und Kennzahlen. Mittel wandern in Klimaschutzprojekte, der Ausstieg aus X und bezahlten Meta-Ads ist konsequent, Performance für D2C wird neu aufgesetzt. Das kostet Reichweite, zahlt aber auf Glaubwürdigkeit und Differenzierung ein – transparent kommuniziert, dazu faktenbasiert und fern von Greenwashing.

Und Meindls Punkt bleibt: Relevanz entsteht nicht am Schreibtisch. Weniger Oberfläche, mehr Substanz – so wird Marketing zum Verantwortungshebel, der Kulturmomente schafft, messbar wirkt und Entscheidungen ermöglicht.

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