Werbung in Podcasts (Teil I): Audiowerbung authentisch

Podcasts werden immer beliebter – auch für Werbungtreibende. Mit einem typischen Radiospot hat Werbung in Podcasts aber nichts gemein. Mithilfe von Wolfgang Bscheid im Interview entdecken wir, wie Podcastwerbung funktionieren kann.

Um performante Werbung in Podcasts zu schalten, sind neue Werbeformate notwendig.
Bild: © Austin Distel / Unsplash

Alles Audio: One Size fits all dank Multi-Channel-Medium?

Konvergente Audiowerbung verspricht, Nutzer über sämtliche Kanäle, UKW-Radio, Audio-Streams und auch Podcasts gleichermaßen zu erreichen. Wir fragen uns: Können fürs Radio produzierte Werbeinhalte überhaupt in Podcasts funktionieren?

Der Begriff Online-Audio-Werbung wird oft als Einheit entweder in Abgrenzung oder unter dem Begriff „konvergente Audiowerbung“ als Ergänzung zu UKW-Radiowerbung präsentiert. Unter dem Sammelbegriff „Online-Audio“ verbirgt sich de facto aber eine Vielzahl gänzlich verschiedener Formate und Channels, die sich in Zielgruppenorientierung, Zielgruppenansprache, Nutzerschaft und Nutzungsweise diametral unterscheiden.

  • Webradio (Simulcast-Sender, Online-Ableger klassischer Radiosender und reine Webradioprogramme)
  • Audio-on-Demand-Dienste
  • Musikstreaming-Dienste
  • Podcasts
  • Radiosender auf Abruf
  • Hörbücher

Die Sichtweise von Audio als EIN Multi-Channel-Medium suggeriert also, dass ein Werbeformat grundsätzlich ausreichen würde, um diese multiplen Channels als ein Werbemedium zu bespielen. Gemeinsam ist all diesen Audio-Formaten aber lediglich die Art, wie die übermittelte Information vom Rezipienten aufgenommen wird: übers Ohr.

Was bedeutet das für Werbung in Podcasts?

Zu dem indifferenten Pool von Audio-Channels, die als Teil eines Omnichannel-Audio-Marketing-Mix beworben werden, zählen auch Podcasts, die sich hinsichtlich der Zusammensetzung ihrer Hörerschaft, den Nutzungszeiten, der Nutzungsintention und ihres Formats – also in allen wesentlichen Aspekten, grundlegend vom herkömmlichen Radio unterscheiden. Folgerichtig braucht es auch ganz andere Formate, um Werbung in Podcasts zielgruppengerecht zu vermitteln. Wolfgang Bscheid, Managing Partner bei der mediascale GmbH, bringt es im Interview anschaulich auf den Punkt:

„Wenn ich Radiowerbung mache, dann ist das meistens Promotion. Es ist sehr wenig Inhalt, den ich vermittle und es ist sehr laut. Radio ist ein extrem schnelles Promotion-Medium. Und jetzt nehmen wir mal diese ganzen Radiospots und packen sie – weil es sich ja scheinbar um eine Audio-Reichweite handelt – in einen Podcast, der in aller Ruhe ein Thema in 20 Minuten aufdröselt. Und dann merkt jeder, dass das weh tut!“

Wolfgang Bscheid, Managing Partner mediascale GmbH

Die Anatomie des Audio-Mediums: Ein Podcast ist keine Radiosendung

Klassisches Radio ist primär musikdominiert, dient zur unterhaltsamen Hintergrundbeschallung und wird von mehreren Personen gemeinsam konsumiert. Kurzum: Man hört vielleicht zu, aber man hört nicht hin.

Podcasts hingegen sind ein Medium, dem sich in der Regel jeweils ein Zuhörer mit voller Aufmerksamkeit widmet. Es gibt heute Tausende Podcasts – für nahezu jedes Nischenthema gibt es hochqualifizierte Angebote mit Inhalten, die von Experten professionell aufbereitet worden sind. Nutzer schätzen Podcasts also vor allem als Medium zur Informationsbeschaffung für die individuelle Einzelnutzung. Ein Podcast-Hörer wählt in der Regel seinen Podcast akribisch aus. Viele Podcast-Hörer entscheiden sich bewusst für das langformatige Medium Podcast und gegen das Radio, da

  • sie tiefer in ein Thema eintauchen und es aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten möchten.
  • sie sich über spezielle Themen informieren möchten, die in anderen Formaten nicht oder nur oberflächlich zur Sprache kommen.
  • sie den Moderator oder Gastgeber des Podcasts sympathisch finden.
  • sie selbst entscheiden möchten, wann sie sich mit welchem Thema beschäftigen möchten.
  • sie bewusst die schrille Radiowerbung vermeiden möchten.

Obwohl nach dem Online-Audio-Monitor 2020 (OAM) die Nutzung von Podcasts um 52 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen ist, sind es noch immer nur vergleichsweise wenige Personen, die dieses Audioformat regelmäßig konsumieren:

4 %
aller Personen ab 14 Jahren gaben an, täglich oder fast täglich Podcasts zu hören.
16 %
hören ein- bis mehrmals in der Woche Podcasts.
20 %
nutzen das Audio-Medium mindestens einmal pro Monat.

Die regelmäßige Podcast-Nutzung steigt in allen Altersgruppen, am stärksten jedoch bei den Jüngsten und Ältesten an und darunter vor allem bei Personen mit einer formal hohen Bildung.

Podcasts generieren also deutlich weniger Reichweite, aber dafür deutlich mehr Aufmerksamkeit (Attention) als eine typische Radiosendung oder viele andere Werbemedien. Der Zuhörer zeigt einen enorm hohen Grad an Identifikation und Involviertheit, der so bei keinem anderen Medium vorliegt. Genau dies ist der Aspekt, der das Medium Podcast für Werbungtreibende attraktiv macht. Willst du, dass man dir und deiner Marke Aufmerksamkeit schenkt, ist Podcast ein ideales Medium.

Das Problem für Werbende: Menschen, die sich für das Hören eines Podcasts entscheiden, kehren sich oft ganz bewusst vom Radio ab und möchten inhaltlich tiefergreifende Beiträge frei von Werbung genießen. Das Format Podcast wird von der Mehrheit der Zuhörer als werbefrei empfunden. Laute und schrille Radiowerbespots von wenigen Sekunden Dauer, die längere inhaltliche Beiträge zerstückeln, sind im Format Podcast undenkbar. Welche Möglichkeiten gibt es also überhaupt, Werbung in Podcasts zu platzieren?

Werbung in Podcasts: Welche Möglichkeiten gibt es?

Welche Möglichkeiten gibt es prinzipiell, Werbung in Podcasts zu schalten oder sich als Marke über Podcasts zu positionieren?

#1 „Recycling“ des klassischen Radiowerbespots

Willst du den Podcast als weiteren Audiokanal neben dem klassischen Radioformat bedienen, ist die sparsamste Methode, den klassischen Spot in Pre-Roll-Manier vor einen Podcast zu schalten. Denkbar ist auch eine Ausspielung als Mid-Roll Ad oder Post-Roll Ad Diese Methode ist höchstens dann sinnvoll, wenn du mehrere reichweitenstarke Podcasts in deinem Audio-Marketing-Mix hast, für die du nicht jeweils eigens angepasste Inhalte produzieren musst oder kannst.

Der Audiovermarkter RMS bietet für diesen Bedarf beispielsweise dynamische Spots, die sich mit einem festen Grundgerüst und variablen Inhaltssegmenten vorproduzieren und dann je nach Themenschwerpunkt des Podcasts und Zielgruppe in unterschiedlicher Zusammensetzung über den Adserver ausspielen lassen. Geschicktes Targeting behebt aber nicht das Grundproblem, dass die Akzeptanz für Werbespots in Podcasts niedrig ist.

#2 Präsentation von Markeninhalten oder Produkten durch Markenvertreter oder Influencer

Für die Präsentation deines Produktes, deiner Marke oder deines Themas kannst du natürlich einen thematisch passenden Podcast auswählen und eine Kooperation mit dem jeweiligen Podcastbetreiber anfragen. Im Idealfall würde er dir die Plattform bieten, deine Inhalte selbst, durch einen Mitarbeiter als Corporate Influencer oder durch einen bezahlten externen Influencer zielgruppengerecht zu präsentieren. Präsentiert der Influencer den Werbeinhalt stimmig, authentisch und inhaltlich glaubwürdig für das jeweilige Podcastformat, ist diese Variante durchaus gangbar.

„Sobald es authentisch ist, ist sehr viel möglich. Auch durchaus eine Abverkaufssystematik, aber es muss absolut authentisch sein.“

Wolfgang Bscheid, Managing Partner mediascale GmbH

Der Nachteil liegt vor allem im Aufwand: Sobald du deine Inhalte selbst oder durch einen Influencer in einem Podcast präsentieren möchtest, ist vorab eine enge inhaltliche und konzeptionelle Abstimmung mit dem jeweiligen Podcastbetreiber und/oder dem Host notwendig. Die Inhalte müssen auf jede Hostsituation neu abgestimmt werden.

„In Deutschland, auch wenn das Thema in Summe sich gut entwickelt, gibt es noch nicht die Einzelformate, die so hohe Reichweiten haben, dass sie kampagnentauglich sind. Wenn ich Reichweite erzielen will, muss ich verschiedene Podcasts zu einer Reichweite verknüpfen.“

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Wolfgang Bscheid (Bild: © mediascale GmbH & Co.KG)

Wirtschaftlich ist dies in den meisten Fällen nicht tragfähig, da die Einzelreichweiten der Podcasts diesen Aufwand in aller Regel nicht rechtfertigen. Viele Podcastbetreiber werden zudem davor zurückschrecken, in zu großem Umfang werbliche Inhalte in ihre Podcasts zu integrieren, um ihre eigene Zuhörerschaft nicht zu vergraulen und so an Reichweite einzubüßen.

#3 Promotion von Inhalten gemeinsam mit dem Podcast-Host

Der Host oder Moderator des Podcasts bindet das Produkt oder die Marke im Podcast an geeigneter Stelle als Native Advertisement ein, liest ein vorproduziertes Skript als Host-read Advertisement (Host-read Ad) vor oder er spricht sogar eine Empfehlung für das Produkt aus (Host-endorsed Ad). Hier ist eine enge Kooperation mit dem Podcast-Produzenten notwendig, um die jeweiligen Werbeinhalte, sei es ein Produkt, ein Thema oder eine Marke, möglichst verträglich für Format und Zuhörer in die Sendung einzubinden. Es handelt sich also um eine Art Sponsoring mit durch den Host erbrachter Promotion-Leistung.

Es fallen darüber hinaus die gleichen Schwierigkeiten wie bei der zuvor genannten Möglichkeit an. Werbung geht immer zu Lasten des Produktes – dessen sind sich auch Podcast-Betreiber bewusst. Die typische Kauf-mich-Systematik aus einem Radiospot also einfach zu übertragen, indem der Podcast-Host einen Werbetext vorliest, kann zwar funktionieren, hat aber zwei Mankos: Im Podcast stört diese Lösung dennoch, da sie als Unterbrechung wahrgenommen wird, und darüber hinaus geht ihr die aktivierende Wirkung eines Radiospots ab.

Für das werbende Unternehmen bedeutet diese Vorgehensweise einen Kontrollverlust: Es liegt letzten Endes in Händen des Hosts, wie er die Marke präsentiert. Ein bis ins letzte Detail punktgenau durchdesignter Spot, der von Marketingabteilung und sämtlichen Unternehmensverantwortlichen abgesegnet wurde, ist in dieser Form nicht mehr möglich.

#4 Produktion eigener Inhalte

Natürlich brauchst du nicht unbedingt einen fremden Transporteur für deine Audio-Inhalte. Du kannst dich schlichtweg an die Produktion eines eigenen Podcasts wagen, der sich mit den Themen rund um deine Marke beschäftigt. Natürlich ist dies die aufwendigste, aber auf lange Sicht die wohl zukunftsträchtigste Variante – warum das so ist, erfährst du weiter unten.

Einen eigenen Podcast zu produzieren ist vergleichbar mit einem Blog oder Vlog, der Content mit Mehrwert für deine Zielgruppe schafft: Hintergründe, Insights, Ratgeber, Themenwelten oder schlichtweg Unterhaltung. Das erfordert aber ein eigenes Produktionsteam, Menschen, die es schaffen, die Marke mitreißend, unterhaltsam und authentisch zu präsentieren, und eine Redaktion, die zielgruppenrelevante Inhalte bereitstellt.

Welche Methode ist sinnvoll und was können Mediaagenturen anbieten?

Wie schwer es für Mediaagenturen sein kann, zielführende und performante Werbung in Podcasts an Agenturkunden zu vermarkten, weiß Wolfgang Bscheid aus eigener Erfahrung. Doch genau deshalb kennt er auch Strategien und Methoden, wie Unternehmen Podcasts als Werbemedium für sich nutzen und wie Mediaagenturen sie dabei unterstützen können. All das verrät er uns in Teil II: Podcastwerbung = Revolution der Markenkommunikation?