ROPO-Effekt und Showrooming in einer gemeinsamen Erfolgsformel verknüpfen

Die Grenze zwischen E-Commerce und stationärem Handel verschwimmt zusehends. Diese Entwicklung birgt große Chancen, die Vorteile eigentlich gegensätzlicher Kaufgewohnheiten, wie dem ROPO-Effekt und dem Showrooming, miteinander zu koppeln.

Showrooming- und ROPO-Effekte erzeugen Wechselwirkungen zwischen Online- und Offline-Kanälen, die sich im Rahmen einer Multichannel-Strategie ganzheitlich adressieren lassen.
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Angstszenarien zu Show- und Webrooming unbegründet

Mit dem Aufschwung des E-Commerce ging im stationären Handel lange Zeit das konkrete Angstszenario des Showroomings einher. Demnach erfährt das Such- und Kaufverhalten von Konsumenten dahingehend einen grundlegenden Wandel, dass Geschäfte primär für die Produktinformation und Beratung genutzt werden, der Kauf allerdings später online erfolgt. Auf der anderen Seite bereitet der gegenteilige ROPO-Effekt (Research online, purchase offline) vielen Betreibern von Online Shops Kopfzerbrechen. Das sogenannte Webrooming beschreibt dabei genau den umgekehrten Prozess, bei dem sich Käufer zunächst im Netz über ein Produkt informieren, den Kauf jedoch im stationären Handel tätigen.

In der Praxis halten sich die konkreten Auswirkungen der jeweiligen Kaufgewohnheiten jedoch häufig in Grenzen. Dies zeigt unter anderem die Omnishopper Studie 2.0 der UX-Forscher von Facit Digital sowie der Connected-Commerce-Agentur hmmh. Wie die Studie verdeutlicht, dominiert die zusammenhängende Nutzung eines Kanals – also konsequent online oder offline – beim Such- und Kaufverhalten von Konsumenten. Mischformen wie das Show- und Webrooming spielen dagegen im gewohnten Handeln der Käufer oftmals nur eine untergeordnete Rolle.

ROPO-Effekt bei Automotive, im ÖPNV und bei Haushaltsgeräten am stärksten

Im Rahmen ihrer Omnishopper Studie 2.0 zum Konsumentenverhalten fragten Facit Digital und hmmh mehr als 1.250 repräsentativ ausgewählte Personen, wo sie sich zu Produkten und Dienstleistungen üblicherweise informieren und wo sie diese letztendlich erwerben. Im Ergebnis zeigt sich, dass nur 13 Prozent der Befragten die Online-Recherche mit einem Offline-Kauf verbinden. Deutlich über dem Durchschnitt liegt der ermittelte ROPO-Effekt allerdings in den folgenden Branchen:

  • Automotive: 28 Prozent
  • ÖPNV und Fahrkarten: 22 Prozent
  • Haushaltsgeräte: 20 Prozent
  • Möbel: 19 Prozent
  • Unterhaltungselektronik (groß): 19 Prozent

Das Phänomen des Showroomings, also die gewohnheitsmäßige Offline-Recherche mit anschließendem Online-Kauf, kommt hingegen mit vier Prozent Anteil deutlich seltener vor. Am ehesten spürbar ist dieser Effekt in den Bereichen Luxusartikel und Bankinvestments (je sieben Prozent) sowie bei Bekleidung oder Arzneimitteln (je sechs Prozent).

Von den Wechselwirkungen zwischen den Kanälen profitieren

Auch wenn der ROPO-Effekt und das Showrooming keine so prägende Rolle spielen, verdeutlichen sie doch die Stärken der jeweiligen Kanäle in Bezug auf die verschiedenen Bedürfnisse der Konsumenten. An dieser Stelle bietet das Zusammenwachsen von E-Commerce und stationärem Handel das enorme Potenzial, die beiden entgegengesetzten Prozesse in der Customer Journey effektiv miteinander zu verknüpfen. Nicht umsonst setzt beispielsweise Zalando in der Vernetzung von Online- und Offline-Handel zunehmend auf Outlet-Stores, um sowohl die ROPO- als auch Showrooming-Effekte über einen ganzheitlichen Ansatz für sich nutzbar zu machen.

ROPO-Effekt kanalisieren: Stärken des stationären Handels im E-Commerce abbilden

Ein solcher Multichannel-Ansatz mit festen Stores ist für das Gros der Online-Händler nicht realisierbar. Nichtsdestotrotz lässt sich der ROPO-Effekt auch für den eigenen E-Shop nutzen. Der Schlüssel hierfür liegt in den Vorlieben und Bedürfnissen der Konsumenten, die normalerweise einen Offline-Kauf deshalb bevorzugen, weil sie das Produkt sehen und anfassen können oder der Wunsch nach persönlicher Beratung besteht.

Diese konkreten Bedürfnisse der Käufer, bei denen der stationäre Handel punkten kann, gilt es im eigenen E-Commerce konsequent zu adressieren, zum Beispiel:

  • Ein professioneller und transparent gestalteter Webshop ermöglicht es deinen Kunden, sich schnell zurechtzufinden und macht Lust darauf, deine Produktwelt zu entdecken.
  • Über die „virtuelle Anprobe“ oder das „virtuelle Einrichten“ schafft Augmented Reality einen digitalen Showroom, in dem die Produkte greifbar werden.
  • Professionelle Produktvideos, 360-Grad-Bilder und hochwertige Fotos machen die Produktwelt ebenfalls online erlebbar.
  • Aussagekräftige und ausführliche Produktbeschreibungen ermöglichen Käufern einen bequemen Überblick über alle relevanten Informationen.
  • Weiterführende Angebote zum gegenwärtigen Produkt generieren einen zusätzlichen Mehrwert.
  • Über die Möglichkeit zur Produktbewertung können Kunden Handlungsempfehlungen aussprechen und erhöhen damit die Seriosität des Online Shops.
  • Ein schneller, umfassender und persönlicher Kundenservice ist essenziell für den Geschäftserfolg. Wie gut können Konsumenten mit deinem Unternehmen Kontakt aufnehmen? Wie sind die Prozesse für den Dialog mit Kunden aufgesetzt? Gibt es die Möglichkeit zu einem Live Chat? Wo finden Konsumenten Informationen zu Zahlungs- und Rücksendungsmöglichkeiten oder der Lieferzeit?

Showrooming- und ROPO-Effekte im stationären Handel verbinden

Die Verknüpfung zwischen Offline- und Online-Angebot eröffnet dem stationären Handel zahlreiche Chancen für die erfolgreiche Implementierung innovativer Konzepte. Um für Online-Käufer attraktiver zu werden, müssen sich lokale Geschäfte auch im digitalen Bereich professionell aufstellen. Unternehmen, die ihren Auftritt und ihr Angebot derart ins Netz verlängern, kreieren in der Customer Journey nicht nur neue Touchpoints (Showrooming nutzen), sondern können auch zusätzliche Anreize für den Filialbesuch schaffen (Webrooming nutzen). Dazu eignen sich im Wesentlichen vier Wege:

  • Gut investierte Zeit in die eigene Online-Sichtbarkeit: Damit Kunden auch online auf dein Angebot aufmerksam werden, ist es wichtig, im Netz präsent zu sein und alle wichtigen Informationen gut auffindbar, aktuell und einheitlich zur Verfügung zu stellen. Neben dem eigenen Webshop sollte der Fokus hier vor allem auf den Bereichen Local Marketing und Social Media sowie Branchenverzeichnissen und Bewertungsportalen liegen.
  • Eine gute Möglichkeit, die eigene Online-Präsenz zu stärken, liegt darin, die stationär verfügbaren Produkte auch im Web bequem auffindbar zu machen und zusätzliche Services anzubieten. So lässt sich beispielsweise in den Online-Präsenzen von IKEA oder MediaMarkt die Verfügbarkeit von Produkten in einzelnen Filialen prüfen. IKEA geht sogar noch einen Schritt weiter. Bei ihnen lassen sich online praktische Einkaufszettel erstellen, die Kunden beim Filialbesuch direkt zum Lagerplatz des Produktes lotsen.
  • Neue Kanäle erhöhen die digitale Reichweite und schaffen zusätzliche Kontaktpunkte für potenzielle Kunden. Ob Local Ads bei Google, der neue Instagram-Account, ein eigener Corporate Blog oder digitale Prospektportale – welche Kanäle die beste Performance liefern, hängt von den individuellen Gegebenheiten ab und sollte daher gewissenhaft getestet werden.
  • Zusätzliche Anreize für den Filialbesuch wie „Click & Collect“, also Abholen online bestellter Ware im Geschäft, gewinnen im stationären Handel immer mehr Bedeutung. Sie zeigen, wie sich die Kundengewinnung im Netz mit einem kompetenten Vor-Ort-Service verbinden lässt. Wie sehr dieser übergreifende Ansatz von Kunden honoriert wird, verdeutlichte bereits 2016 eine Case Study von Ernsting’s Family. Demnach nutzten 31 Prozent der „Click & Collect“-Kunden ihren Filialbesuch nicht nur zum Abholen von Bestellungen, sondern kauften vor Ort auch zusätzliche Produkte.