Insight Out: Sarah Grohé, Geschäftsführerin von erlich textil, im Gespräch

Wie bricht man klug Tabus, ohne den Purpose zu verlieren? Und wie baut man daraus Markenkraft jenseits von Meta und Google? Darüber spricht Sarah Grohé, Gründerin und Geschäftsführerin von erlich textil.

Sarah Grohé, Geschäftsführerin von erlich textil, über mutiges Purpose Marketing
Bild: © Vorfreude GmbH 2024

Marketing’s Boldest Voices: Sarah Grohé über Haltung, Lust und Wachstum

Unter dem DMEXCO Motto „Be Bold. Move Forward.“ gewähren Marketer:innen Einblicke in ihre mutigen Strategien – so auch Sarah Grohé in unserer Serie „Insight Out: Marketing’s Boldest Voices“.

Über Sarah Grohé
Sarah Grohé (geb. 10.10.1983 in Bonn) ist Unternehmerin im Bereich Mode mit dem Fokus auf nachhaltige Textilproduktion. Nach dem Studium des Modedesigns an der Hochschule für Wirtschaft und Gestaltung in Trier (2004–2009) sammelte sie umfassende Berufserfahrung im E-Commerce, Multichannel-Einzelhandel sowie in der Produktentwicklung und im Einkauf in Berlin und Köln. Sie gründete 2013 das Unternehmen UNEINS OY in Helsinki, Finnland, und anschließend 2016 die Vorfreude GmbH (erlich textil) in Köln. Die Marke erlich textil baute Sarah Grohé federführend mit auf und entwickelte sie zu einem profitablen Unternehmen (bootsrapped). Im Februar 2022 führte Sarah Grohé den Verkauf der Mehrheitsanteile der Vorfreude GmbH an die Schweizer CALIDA Holding AG durch, blieb innerhalb der Calida Group Managing Director der Marke und übernahm nach eineinhalb Jahren Konzernzugehörigkeit die Vorfreude GmbH zurück. Diese führt sie seit Ende Oktober 2023 wieder eigenständig als geschäftsführende Gesellschafterin.

Was war dein bisher mutigster Marketing Move – und warum würdest du ihn (nicht) wiederholen?

Sarah Grohé: Nach erfolgreichem Markenaufbau in der vanillefarbenen Insta-Welt bis 2021 haben wir Ende 2023 eine neue Lingeriekollektion mit einem selbstgedrehten Adult Movie lanciert, der das Thema weibliche Sexualität in den Fokus nahm. Offenbar immer noch ein krasses Tabuthema in unserer Gesellschaft, die Reaktionen waren sehr krass – in alle Richtungen. Und genau deshalb würde ich es wieder tun: Weibliche Lust, Spaß am Sex aus weiblicher Perspektive muss absolut aus der Tabuecke geholt werden! Und wer wäre besser dafür geeignet als ein Female-led Lingerie-Unternehmen mit dem Fokus des weiblichen Wohlbefindens?

Stell dir vor, du musst dein Marketing morgen bei null neu denken – mit unbegrenztem Budget: Was würdest du als Erstes anders machen?

Sarah Grohé: Ich würde ganz klar versuchen, die Abhängigkeit von Meta und Google zu umgehen, indem ich sofort auf einen breiten Mix aus On- und Offline-Präsenz gehen würde: (Digital) TV, Out-of-Home (digital und ganz klassisch auf Plakatwänden in allen Großstädten im DACH-Raum). Ich würde gezielte Märkte außerhalb DACHs mit Werbemaßnahmen auf allen Kanälen überziehen und sowohl Influencer:innen-Kooperationen als auch Community Events vor Ort mit begleitender PR in allen Märkten forcieren.

Welche strategische Frage lässt dich mit Blick auf 2026 nicht los?

Sarah Grohé: Wir diskutieren aktuell intensiv, ob wir Investmentsummen freimachen, um andere Kanäle als unsere üblichen zu testen. Konkret haben wir eine TV-Kampagne oder DOOH im Auge. Das Ganze gepaart mit der Diskussion, den ein oder anderen internationalen Markt nochmal verstärkt paid anzugehen, und unsere Influencer-Aktivitäten hierhin signifikant auszubauen. Am Ende wird es eine Entscheidung zwischen Heimatmärkten und Internationalisierung sein, und die Gesamtlage in D(ACH) lässt mich aktuell nicht klar zu den Heimatmärkten tendieren …

Was würdest du der Marketing-Branche gerne mal klar sagen?

Sarah Grohé: Nutzt eure Macht sinnvoll. In meinen Augen sind sich viel zu viele Menschen in der Branche nicht klar darüber, wie viel sie zur Verbesserung der allgemeinen Weltlage beitragen können. Dafür muss man kein Impact Start-up führen – im Gegenteil. Gesunder Menschenverstand und ein Mindestmaß an ethischen Grundwerten sollten die Basis für alle Marketingentscheidungen sein.

Mutige Marketing-Strategie mit Purpose: erlich textil

Tabus brechen, Haltung zeigen und trotzdem stringent am Purpose bleiben: erlich textil zeigt, wie Marken mit einer klaren Wertebasis mutig auftreten können, ohne ihre Kund:innen zu verlieren. Genau diese Mischung aus Courage und Kohärenz macht die Marke im Wettbewerb kulturell relevant – ganz im Sinne von „Be Bold. Move Forward.“

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