Diversity, Equity und Inclusion: Die Werbebranche als Vorreiterin?

Hinter dem Kürzel DEI stehen Diversity, Equity und Inclusion – drei Begriffe, die die Marketingwelt nach innen und außen prägen sollen. Doch wie steht es wirklich um die Chancengleichheit in der Branche? Und wie wird hierbei für Fortschritt gesorgt?

Diversity, Equity und Inclusion: Collage mit vielen diversen Menschen
Bild: © master1305 / Adobe Stock

Eine Frage des Geldes – gibt es die Gender Pay Gap im Marketing?

Die Gender Pay Gap – Ausdruck des Gehaltsunterschiedes zwischen verschiedengeschlechtlichen Angestellten. In vielen Branchen drückt sich hier nach wie vor deutlich aus, dass wir auch im Jahr 2024 noch keine Gleichstellung erreicht haben. Doch wie sieht es in der Marketingbranche aus? Überdurchschnittlich gut, wie der kununu Gehaltscheck 2024 zeigt! Die Online-Plattform für Arbeitgeber:innenbewertung hat darin unter anderem die Gender Pay Gap bei Berufseinsteiger:innen in verschiedenen Branchen untersucht. Das Ergebnis: Während sie zum Beispiel im Finanzsektor bei 24 Prozent und bei Beratung und Consulting bei 13 Prozent liegt, ist die Gender Pay Gap im Sektor Marketing, Werbung und PR mit sechs Prozent vergleichsweise klein – ein gutes Zeichen. Und trotzdem immer noch ein Ausdruck von Ungleichheit.

6 Prozent

Gender Pay Gap in der Werbebranche

Geschlecht, Hautfarbe, Alter und mehr: Kampf gegen Diskriminierung muss weitergehen!

Was allseits bekannt ist, kann dennoch nicht oft genug betont werden: Diskriminierung beschränkt sich nicht nur auf das Geschlecht. Menschen werden auch aufgrund ihrer ethnischen Herkunft und Nationalität, ihrer Religion und ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Häufig übersehen wird, dass Arbeitnehmende auch wegen ihres Alters benachteiligt werden. Eine Xing-Studie von Mai 2024 kam zu eindeutigen Ergebnissen: 34 Prozent der 50- bis 67-Jährigen berichteten, dass sie bereits wegen ihres Alters diskriminiert wurden. Damit ist diese Altersgruppe von der Stigmatisierung besonders betroffen. Sie drückt sich beispielsweise darin aus, dass sie Aufgaben unterhalb ihrer Fähigkeiten zugewiesen bekommen, Beschränkungen ihrer Aufgabenbereiche hinnehmen müssen oder ihnen Weiterbildungsangebote verwehrt bleiben.

34 Prozent

der 50- bis 67-Jährigen erleben Altersdiskriminierung.

Fehlende Diversity, Equity und Inclusion in Unternehmen gehen mit Missständen in der Außenkommunikation einher – und stellen damit Marken insbesondere beim Werben um Kund:innen oder Mitarbeiter:innen aus den jungen Generationen schlecht auf. Individuelles Engagement kann daran dann kaum etwas ändern. Stattdessen braucht es Netzwerke, die sich effektiv für Gleichstellung einsetzen – wie beispielsweise die DEI-Initiative des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V.

Fairplay in der digitalen Wirtschaft: So will die DEI-Initiative des BVDW gegen Diskriminierung vorgehen

Der Branchenverband BVDW rückt die Themen DEI zukünftig noch mehr in den Fokus. So soll die digitale Wirtschaft zu einem Vorbild und Motor für Veränderung werden. Wir haben die Vize-Präsidentinnen des BVDW Anke Herbener und Corinna Hohenleitner gefragt:

Was kann die Branche von der DEI-Initiative des BVDW erwarten?

„Wir sehen sowohl in der Gesellschaft als auch gesamtwirtschaftlich betrachtet noch immer einen großen Handlungsbedarf, wenn es um die Stärkung von DEI geht. Die digitale Wirtschaft sollte aus unserer Sicht ein positives Vorbild sein. Deshalb möchte und muss der BVDW seinen Teil zu einer gerechteren Welt mit mehr Chancengleichheit beitragen.

Im Konkreten drehen wir dazu gleich an mehreren Stellschrauben. Durch die Kommunikation unserer Ziele und Grundsätze zu DEI nach innen und außen beziehen wir klar Stellung und wollen darüber hinaus unsere Mitgliedsunternehmen dazu ermutigen, das Thema in ihren eigenen Reihen zu fördern und in den Fokus zu nehmen. Auch in unseren Gremien, im Präsidium und bei Veranstaltungen streben wir ein ausgewogenes Verhältnis der Besetzung an.

Eine wichtige Aufgabe des Verbandes ist es darüber hinaus, Mitgliedsunternehmen und ihren Mitarbeitenden eine Plattform zur Vernetzung und zum Austausch zu geben – auch im Hinblick auf DEI. Ein gutes Beispiel hierfür ist unser Netzwerk ‚Women in Programmatic‘. Jede Veranstaltung ist ausgebucht und lebt vom Austausch untereinander. Hier werden Erfahrungen und Learnings geteilt. Gleichzeitig geht es auch um die Vernetzung innerhalb der Gruppe.

Zudem wollen wir die Sichtbarkeit auf einer höheren Ebene verstärken und Vorreiter:innen in unserer Branche hervorheben. Diversen Werdegängen und vielfältigen Persönlichkeiten eine Bühne zu geben, ermutigt und schafft ein Gefühl der Zugehörigkeit.“

Welchen Einfluss wird DEI auf das digitale Marketing haben?

„Ein gutes Beispiel, wie sehr Themen wie Diversität bereits Einzug in die digitalen Marketingstrategien von Unternehmen genommen haben, ist der Pride Month. Marken machen unter anderem im Digitalen im Juni auf die Bedürfnisse der Community aufmerksam. Das geht von Logos in Regenbogenfarben, über Kooperationen mit queeren Influencer:innen bis zu Pride-Kampagnen-Kollektionen.

Ohne Frage hat die bewusste Integration von DEI einen positiven Einfluss auf gleich mehrere Bereiche des digitalen Marketings: Wer verstanden hat, wie vielfältig unsere Gesellschaft ist, der kann auch Marketingbotschaften gezielter auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Zielgruppen anpassen. Darüber hinaus hat dies einen Effekt auf das Markenimage: Unternehmen, die sich für Vielfalt und Inklusion einsetzen, werden häufig positiver wahrgenommen.“

Wichtig ist aber zu verstehen: DEI ist viel mehr als nur ein Trend-Thema zur Positionierung.

„Authentizität und Ernsthaftigkeit beim Einsatz für die Sache spielen eine wichtige Rolle und werden von Kund:innen mehr und mehr eingefordert – Stichwort Pinkwashing.

Ein Positivbeispiel aus der Praxis ist ein Case, der beim diesjährigen Deutschen Digital Award in der Kategorie ‚Digital for Good‘ Gold gewonnen hat: Die Kampagne ‚I’m A Mountain‘ des Prothesenherstellers Ottobock zeigt die Lebensrealitäten von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen und welche Hindernisse diese überwinden müssen. Die Marketingbotschaft ist empowernd und sorgt gleichzeitig für mehr Sichtbarkeit von inklusiven Themen außerhalb der eigenen Community. Ein tolles Beispiel dafür, wie die eigenen Marketingziele und gesellschaftliche Verantwortung Hand in Hand gehen können.“

Diversity, Equity und Inclusion: Auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit

Diversity, Equity und Inclusion – wo aktuell noch Nachholbedarf besteht, soll stattdessen eine gemeinschaftliche Selbstverständlichkeit einkehren. So hat sich etwa die DEI-Initiative des BVDW das Ziel gesetzt, die Gleichberechtigung in der digitalen Wirtschaft zu stärken. Dabei sollten wir alle bedenken: Der beste Weg, um nicht mehr über Diskriminierung sprechen zu müssen, ist, sie abzuschaffen!

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