Wie Social Media das Sportmarketing verändert
Profi-Sport und Social Media: Arne Werner von Hertha BSC erklärt im Interview die wichtigsten Trends.
Höher, schneller, digitaler: Social Media und Sport
Wenn Cristiano Ronaldo über Instagram eine Nachricht mit seinen 580 Mio. Follower:innen teilt, erreicht er mehr Menschen als Medienkonzerne. Das ist nicht nur im Fußball so: Der Basketballer LeBron James und der Cricketspieler Virat Kohli sind abseits des Sportplatzes ebenso absolute Superstars mit gigantischen Reichweiten.
Auf der anderen Seite stehen die Vereine, die ebenfalls ihre eigenen Kanäle ausbauen, um somit immer mehr Menschen zu erreichen. Wir haben uns mit Arne Werner, mitverantwortlich für die Digitale Kommunikation und die Innovation bei Hertha BSC, unterhalten und wollten von ihm wissen, wie sich das Sportmarketing und die Marketing-Kommunikation durch Social Media verändert haben.
Arne, als Profi im Social-Media-Business: Was ist deine Lieblingsplattform?
Twitter und Instagram benutze ich persönlich sehr gerne: Twitter aus Informationsgesichtspunkten, Instagram eher wegen der bunten Themen. Bei anderen Social-Media-Anbietern wie TikTok bin ich sehr froh, dass wir unglaublich kreative Kolleginnen und Kollegen in unserer Redaktion haben. Mein beruflicher Fokus liegt ein wenig mehr auf unseren eigenen Plattformen: Homepage, App, OTT. Erst im Zusammenspiel lässt sich das Potenzial richtig ausschöpfen.
Hast du einen persönlichen Social-Media-Champion? Und was genau macht der- oder diejenige so gut?
Auf Twitter folge ich Gary Lineker unglaublich gerne. Als aktiver Fußballer eine Legende ist er auch als Experte und auf Social Media herausragend. Über seinen Fußballsachverstand brauchen wir nicht zu diskutieren, er ist jedoch eben auch jemand, der sich seiner gesellschaftlichen Rolle bewusst ist.
Welche Entwicklung wird die Sportvermarktung in nächsten Jahren verändern? Welche Rollen spielen dabei beispielsweise NFTs und Social Commerce?
Der digitale Bereich ist enorm innovativ. Jeden Tag ergeben sich neue Möglichkeiten, werden neue Ideen entwickelt und Kaufprozesse vereinfacht. Ich glaube, dass Empfehlungsmarketing noch einiges an Potenzial beinhaltet. Gleiches gilt dafür, die Hürden für den Einkauf zu senken.
Je einfacher es für einen Fan ist, sich sein Trikot, das Ticket fürs nächste Spiel und vielleicht auch gleich noch die Mitgliedschaft im Verein zuzulegen, umso lieber kommt er wieder.
Im Bereich des Web3 wird es in Zukunft viel Bewegung geben. Wie einige andere Fußballclubs auch haben wir beispielsweise bereits virtuelle Trikots als NFT verkauft – mit großem Erfolg. Neue Technologien und Absatzmöglichkeiten werden zukünftig einen großen Teil einnehmen.
Es heißt immer, es gäbe keine Typen mehr im Sport. Stimmt das?
Typen gibt es viele. Die Frage ist: Auf dem Platz oder daneben? [lacht] Da kann durchaus etwas dran sein, es gibt sie aber noch: Prince Boateng ist in meinen Augen ein echter Typ, ein Vorbild für unsere jungen Spieler und ein wahrer Leader auf dem Platz. Heutzutage gibt es aber eben auch die Typen neben dem Platz, die es verstanden haben, dass es viele unterschiedliche Spielfelder gibt, und – was vielleicht noch wichtiger ist – ihre Reichweite sinnvoll einsetzen.
Marcus Rashford von Manchester United hat mich beeindruckt, der sich auf Instagram mit einem offenen Brief an die Abgeordneten auf der Insel wendete, um auf den Hunger von Schulkindern aufmerksam zu machen. Eben auch ein echter Typ neben dem Platz.
In der NBA gibt es aktuell einen Clash zwischen „Expert:innen“ und den Athlet:innen, die über Podcasts und Livestreams eigene Inhalte kreieren. Ist so eine New Media auch im Fußball oder anderen Sportarten denkbar?
Aus meiner Sicht ist das keine Zukunftsmusik. Die technologische und digitale Entwicklung hat dazu geführt, dass alle Akteure selbst zu Inhaltsproduzenten werden können. Als Verein, Sportler:in, Blogger:in oder Fan ergibt sich die Möglichkeit, mit eigenen Inhalten genau die Zielgruppe zu finden. Der große Vorteil beispielsweise für uns als Club ist natürlich zweifellos, dass der Blick hinter die Kulissen sehr viel einfacher möglich ist. Wir hatten mit HerthaTV bei Auswärtsspielen der Profis oder auch beim England-Trip unserer U23 die Kamera dort, wo vielleicht nicht jeder hinkommt. Diese exklusiven Eindrücke sind Gold wert. Innerhalb des Vereins, wo sich alle kennen, ist dies mit Sicherheit einfacher umzusetzen als mit externen Medienvertretern. Dass es dann unter dem Strich auch zu einer Art Wettbewerb um Inhalte, Reichweiten und Impressions kommen kann, ist nicht verwunderlich.
Social Media gilt mitunter auch als toxisch. Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld: Vermarktungspotenzial mit Tücken. Wie sollen Sportler:innen, Vereine und Sponsoren damit umgehen?
Das ist ein enorm wichtiger Punkt: Die Enthemmung auf Social Media erschreckt mich. Die Möglichkeit zu haben, fast überall seine Meinung zu publizieren, berechtigt in keinem Fall, sich dermaßen danebenzubenehmen. Das ist ein gesellschaftliches Problem, an dem wir alle arbeiten müssen. Für Partner, Sponsoren und Firmen gilt ein ähnliches Risiko, dem sie allerdings auch außerhalb von sportlichen Partnerschaften ausgesetzt sind. Für die Kommunikation auf unseren Plattformen gilt eine Netiquette. Wir weisen bei Verfehlungen darauf hin und sanktionieren rigoros, wenn die Einsicht fehlt – so etwas hat bei Hertha BSC keinen Platz. Leider behebt das nicht das grundlegende Problem – das Einzige, was uns bleibt, ist, zu reagieren und Haltung zu zeigen.
Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg für dich und Hertha BSC.
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