Vertrauen und Kommunikation für gute Zusammenarbeit
Voraussetzungen für das tägliche Miteinander im Business
Was charakterisiert eigentlich eine gute Zusammenarbeit? Und welche Voraussetzungen sind dafür erforderlich? Unabhängig von Branchen und Metiers, arbeiten viele Menschen miteinander, zuweilen auch in dezentralen Teams, oder auch aus dem Home Office heraus. Für die Grundlagen der Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Teams haben wir mit drei Experten zu diesem Thema gesprochen: Dr. Reinhard K. Sprenger, Olaf Zapf und Michael Haensch.
„Wenn Sie glauben, dass Führen in digitalen Zeiten bedeutet, irgendwelche technischen Prozesse zu installieren, dann fliegt Ihnen das Ding um die Ohren!”
“Reinhard K. Sprenger schreibt Bücher gegen den Managementzeitgeist” schreibt Die Zeit. Die Financial Times bezeichnet ihn als den “scharfzüngigsten Managementdenker”. Kein Zweifel, Sprengers Thesen brechen mit den herkömmlichen Strategien der Unternehmensführung. Seine Ideen sind revolutionär, weil sie einem fundamentalen Humanismus entspringen: Sprenger stellt den Menschen als Freiheitswesen in den Mittelpunkt seiner Führungstheorie”, so die Zitate auf seiner Webseite.
„Wenn Sie glauben, dass Führen in digitalen Zeiten bedeutet, irgendwelche technischen Prozesse zu installieren, dann fliegt Ihnen das Ding um die Ohren!”, zitiert er aus seiner letzten Buchveröffentlichung “Radikal digital”. Und auch: „Digitalisierung bedeutet nicht die Macht der Maschinen oder die Herrschaft der Algorithmen. Sondern die Konzentration auf das Wesentliche.“
Okay. Und wie funktioniert dann Zusammenarbeit? Nach seiner Meinung muss das auf zwei Ebenen diskutiert werden.
Institutioneller Rahmen und das Anderssein
Es muss, so sagt er zu Beginn, einen institutionellen Rahmen geben, der stütze und ermutige, nicht entmutige. Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit sei, gemeinsam ein Problem lösen zu wollen. Dieses müsse wichtig sein, selbsterklärend und vor allem kundendefiniert. Die wichtigste Frage also für Sprenger: “Haben wir ein gemeinsames Problem?” Wenn dem nicht so sei, brauche es keine Zusammenarbeit. Innerhalb dieser Architektur müsse man sich physisch begegnen, sonst sei es lediglich eine Koordination. Sprenger setzt gleichzeitig voraus, dass es in dieser Institution ein Gehaltssystem gibt, die Zusammenarbeit fördert, also die Beteiligung am gemeinsamen Erfolg, und nicht die Stimulierung von Einzelleistung.
Auf der individuellen Ebene sieht Reinhard K. Sprenger einen Begriff obenan: “Anderssein des anderen”, für manche eine Bereicherung, für manche eine Bedrohung. “Es gibt durchaus auch Menschen, die sich in ein Unternehmen verirrt haben und nur ihr Ding machen wollen. Diese Menschen sind bisweilen das personifizierte Dementi der Zusammenarbeit”, so Sprenger. Innerhalb eines Unternehmens als Kooperationsarena ist für Sprenger die Fähigkeit wichtig, mit Konflikten vernünftig umzugehen, also das Gemeinsame zu betonen, nicht das Trennende.
Die Herausforderung der digitalen Zusammenarbeit sieht der seit Jahren erfolgreiche Autor zahlreicher Fachbücher. “Bei allen wichtigen Kooperationen braucht es für kreative Lösungen immer die physische Begegnung”, sagt er. “Das kann auch am Kaffeeautomaten sein”.
Akteure mit Riesenego und Erfolgsverwöhnung
Der Digitalbranche an stellt Reinhard K. Sprenger dabei nicht unbedingt ein gutes Zeugnis aus: “Viele denken zu sehr von innen nach außen, sind dem altorganisatorischen Effizienzdenken verpflichtet, vieles geht am Kunden vorbei”, erklärt er. Die genaue Frage “Was braucht der Kunde?” werde zu selten gestellt. Gleichsam sieht er in vielen Aktionen Akteure, denen “ein Riesenego als Erfolgsverwöhnung im Weg stehe”. Es werde zu deutlich, dass das Tun eigentlich die Vergangenheit bestätigen solle. „Nur wer am Alten festhalten will, kommt auf die Idee, Abgaswerte zu manipulieren.“
Die Digitalisierung sieht Sprenger als Fortschritt, auch wenn viel zu viele Akteure dies noch immer als eine technische Aufgabe sehen. “Das ist sie nicht”, entgegnet er. Für ihn ist die Digitalisierung eine soziale Revolution, in der „drei K“ den Unterschied machen. Damit meint er den Kunden auf der Außenseite der Firma, intern die Kooperation und die Kreativität. Am Ende komme es dann darauf an, sich auf das zu konzentrieren, was nur Menschen können. Das zu tun, was nur Menschen können, und das zu denken, wozu es Mut und Urteilskraft braucht. „Denn Daten sprechen nicht zu uns, wir sprechen zu den Daten.“
Digitale Kommunikation und ihre Tücken
Olaf Zapf, Managing Partner der Steinhübel Coaching GmbH, ist Berater, Senior Coach und Ausbildungsleiter. “Anpackender Umsetzungsbegleiter mit einer Mischung aus Pragmatismus, Provokation und dem Herz am rechten Fleck”, so seine Beschreibung. Er wirft zunächst die Frage auf, warum es Zusammenarbeit überhaupt braucht. Und bietet eine einfache Definition. “Wenn jemand mehr zu tun hat, als er allein schaffen kann”, so Zapf. Im günstigsten Fall gebe es innerhalb der Zusammenarbeit die gleichen Kernwerte, wie etwa offenen Austausch, Respekt und Selbstverpflichtung. Zusammenarbeit werde durch gleiche Kernwerte sehr gefördert.
“Das Gehirn verarbeitet Information immer emotional”
Wichtig für die Zusammenarbeit der Menschen sind nach Zapf Vertrauen, Kontakt und Kommunikation. Um wirkungsvoll agieren zu können, sei darin etwa auch eine klare Einschätzung enthalten. Mitarbeiter sollten sagen können: “Das kann ich. Das kann ich nicht”. Innerhalb der Kommunikation weist Olaf Zapf auf das soziale Wesen des Menschen hin. “Das Gehirn verarbeitet Information immer emotional”, erklärt er, gleichwohl wissend, dass es vom Anspruch abhängt. Und natürlich habe digitale Kommunikation über Kontinentgrenzen hinweg ihre Tücken. “Ein Kunde hat die Meeting-Räume in den unterschiedlichen Ländern für die Videokonferenzen gleich eingerichtet. Es fördert den Eindruck, am gleichen Tisch zu sitzen.”
Sollte es mit dem Vertrauen, dem Kontakt oder mit der Kommunikation nicht funktionieren, zahle das Unternehmen den Preis dafür. “Entweder schlechtere Qualität, die falsche Geschwindigkeit, oder auch unzufriedene Kunden”, führt er auf.
Mit Disziplin für das Richtige und Wichtige
Für die Führungsebene bedeutet es nach Olaf Zapf, drei Aspekte unbedingt im Blick zu halten: Haltung, Handwerk und Disziplin. Mit der Haltung werde eine gemeinsame Basis geschaffen, das Handwerk beinhalte etwa auch die Motivation sowie die Auseinandersetzungs- und Konfliktfähigkeit. Bei der Disziplin gehe es darum, das Richtige zu tun, das Unwichtige vielleicht auch sein zu lassen.
“Mit diesen Voraussetzungen haben sie einen Rahmen für das Team”, sagt Zapf, aber das sei bis dahin nur bedingt richtig. “Es gibt gleichermaßen Vor- und Nachteile für die Zusammenarbeit in Teams.” Als Vorteile nennt er etwa mehr Kreativität, bessere Lösungen, gegenseitige Unterstützung und auch mehr Leistung. Die Nachteile benennt der Senior Coach ebenfalls: “Trittbrettfahrer etwa” – und zeichnet das Bild einer Mannschaft beim Seilziehen, in der, erstaunlicherweise, alle nicht mit ihrer ganzen Kraft ziehen würden. Auch den Gruppendruck in Teams sieht Zapf nicht als banal an, zumal es in Hierarchien sehr häufig vorkomme, dass der vermeintliche Besserwisser als erster nicke. “Dann nicken alle anderen auch”, fügt er hinzu. Gleichzeitig wisse man auch, dass Teams häufig riskantere Entscheidungen treffen.
Aufgrund der persönlichen und fachlichen Hintergründe sei es Aufgabe der Führung, aufgabenbezogen zu entscheiden, ob das mit einem Team oder mit einem Einzelkämpfer erledigt werden könne. “Es ist immer hilfreich, stärkenorientiert zu schauen”, so Olaf Zapf. Im besten Fall seien Schwächen sogar komplett bedeutungslos.
“Es ist gut, wenn sie Menschen mögen.”
Was die persönlichen Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit angeht, packt Olaf Zapf im Gespräch einen Rucksack: “Es ist gut, wenn sie Menschen mögen”, beginnt er. Und zählt Verständnis für das Gegenüber dazu, mit Motivation und Demotivation. Nächster Punkt: Grundwerte wie etwa Ehrlichkeit, aber auch Humor und Leistungsfreude. Am Ende kommt noch das Wir-Gefühl in den Rucksack.
Was sich in den Jahren der zunehmenden Digitalisierung in der Zusammenarbeit verändert hat, sieht der Senior Coach Zapf auch. “Sie erleben insbesondere bei jüngeren Menschen immer häufiger eine Solidarität auf Zeit”, beschreibt er es. Zugleich sieht er andere Geschwindigkeiten, samt einer höheren Erwartung an Geschwindigkeit. Der Anspruch sei häufig an die Unternehmen gerichtet: “Die jungen Mitarbeiterinnen möchten sehr schnell eine anspruchsvolle Aufgabe, in der sie etwas bewirken können”. Nur ginge das eben nicht immer. Eine Aufgabe für Führungskräfte, dies täglich auszutarieren.
Dem Arzt , Psychotherapeuten und systemischen Organisationsberater Michael Haensch ist für die gute Zusammenarbeit erstmal die Bildung eines gemeinsamen Verständnisses wichtig. “Warum sind wir hier? Was macht uns aus? Was ist die Aufgabe? Auf welche Ressourcen und Stärken können wir bei der Umsetzung zurückgreifen?” sind etwa zentrale Fragen, die es dafür zu beantworten gilt. Gemeinsame Werte verbinden dann, man kennt die gegenseitigen Dos und Donts. Dies gilt sowohl projektbezogen für Teams, als auch für ganze Organisationen. Die Institution, in der Zusammenarbeit stattfindet, liefert stets den Kontext und ist dabei ebenso relevant wie der Einzelne.
Aufwändig erstellte Leitbilder oft nicht das Papier wert
Gemeinsame Kernwerte, so sagt auch Haensch, spielen eine große Rolle, wenn es um Zusammenarbeit geht. Um gleich hinzuzufügen, dass die meisten Organisationen weniger Probleme haben, diese zu entwickeln als sie zu leben, wenn wirkliche Herausforderungen bevorstehen. “Dann”, so sagt er, “finden Sie im Alltag oft nicht statt und die Abweichung von Anspruch und Realität sorgt für Verwirrung und Frustration”. Aufwändig produzierte Leitbilder oder Codes of Conduct seien dann das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden. “Da wird feierlich festgehalten, dass man jederzeit offen, zeitnah und effektiv kommunizieren will, aber die zwingend erforderliche Gewinnwarnung mag man nicht rechtzeitig herausgeben”, beschreibt Michael Haensch ein Beispiel.
Gute Zusammenarbeit ist für ihn in aller erster Linie Kommunikation, um insbesondere damit gegenseitiges Vertrauen und Verständnis füreinander zu erarbeiten. Insbesondere bei Veränderungen, etwa Restrukturierungen, steht für ihn neben der Zeit- und Sachdimension die soziale Herausforderung im Vordergrund. Besonders für eine gute Zusammenarbeit.
Haensch beschreibt auch die Herausforderungen, wenn etwa neue Teams mit unterschiedlichen kulturellen Identitäten aufeinander treffen. “Das kann massive Auswirkungen haben”, so der Coach. Die zentralen Fragen seien dann wichtig: “Wo kommen wir her? Was müssen wir bewahren, um unsere Identität zu bewahren? Was können wir verändern, um den veränderten Kontextbedingungen gerecht zu werden? Was wollen wir künftig sein lassen, um Zeit zu sparen und an Geschwindigkeit zuzulegen?”
“Viele Organisationen gehen an ihren Lösungsversuchen zugrunde, nicht an ihren Problemen!”
Matrixorganisation mit anderer Logik
Viele Unternehmen seien bislang noch als Linienorganisation gebaut, in denen eine vertikale Organisationslogik vorherrscht. Bei stetig steigender Komplexität sei eine der ersten Ideen eine vertikale Ebene einzuziehen, um die crossfunktionale Zusammenarbeit zu fördern – eine Matrixorganisation entsteht. „In einer Matrixorganisation“, so Michael Haensch, „herrscht jedoch eine komplett andere Logik in der Kommunikation und Zusammenarbeit.“ Ebenso verhalte es sich mit agilen Arbeitsprozessen und New Work. “Viele Organisationen gehen an ihren Lösungsversuchen zugrunde, nicht an ihren Problemen!”, sagt Michael Haensch zu seinen Erfahrungen.
Entscheidend ist für ihn dann die Arbeit am System, nicht an den Individuen. “Das ist brandgefährlich”, betont er. Viele Coachings für Mitarbeiter sind für ihn tatsächlich rausgeworfenes Geld. “Das Verhalten von Individuen muss immer kontextbezogen betrachtet werden”, begründet er. Präziser: “Entscheidend für die Zusammensetzung von Projektteams sind die fachlichen Kompetenzen der Einzelnen.” Denn der einzelne Mensch mit seiner authentischen Identität handle in unterschiedlichen Kontexten völlig anders. Also müsse immer am System gearbeitet werden, damit gute Zusammenarbeit eine Chance hat.
Fazit: Ein wichtiger Blick auf die Basics
Die kompetenten Ansprechpartner holen aus guter und langer Erfahrung die wichtigen Basics zur guten Zusammenarbeit heraus, und erinnern eindrücklich daran. Damit tun insbesondere Führungskräfte tatsächlich gut daran, sich nicht nur einmal sondern regelmäßig darüber zu sinnieren, um sich genau dieser Fakten einer guten Zusammenarbeit zu erinnern. Allein dem Aspekt der Entmutigung ist ein besonders wichtiger Punkt, der immer wieder mal bedacht werden sollte. Die Besinnung auf die Kernwerte wie offener Austausch, Respekt und Selbstverpflichtung können gern häufiger Thema in den Teams sein. Wichtig ist zudem, für eine gute Zusammenarbeit über die Organisation und die Kommunikation nachzudenken.
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