Agil oder klassisch? Wie die Stacey-Matrix dein Projektmanagement unterstützt
Agile Working ist das Zauberwort für Effizienz in der Projektplanung und im Arbeitsprozess. Doch auch der klassische Weg kann schnell zum Ziel führen. Welche Methode für dein Projektmanagement die richtige ist, verrät die Stacey-Matrix.
Wie wir alle agil wurden
Was braucht ein erfolgreiches Projektmanagement? Im besten Fall eine klare Zielvorgabe und ein Team, das diese auch im entsprechenden Zeitplan erreicht. Klingt eigentlich ganz simpel. Doch was passiert, wenn du zu wenige Informationen über die Projektvoraussetzungen hast oder im Team die passenden Fähigkeiten für die Projektrealisierung nicht abrufbar sind?
„Dann müssen wir umdisponieren!“ Und schon ist man beim Ursprung von Agile Working. Das bedeutet nichts anderes, als sich den Gegebenheiten anzupassen und die Projektplanung flexibel zu halten – eben agil. Die ersten Ausführungen dazu wurden vor mehr als 20 Jahren verfasst und bezogen sich zunächst nur auf das agile Projektmanagement in der Softwareentwicklung.
Inzwischen ist es in immer mehr Companies nicht nur trendy, sondern auch von den Beschäftigten gewünscht, mit agilen Methoden im Team zu arbeiten. Wer will schon heutzutage, da alles in Bewegung ist und sich Optionen gefühlt jeden Tag ändern, Teil eines klassischen Projektmanagements sein?
Genau darüber lohnt es sich nachzudenken. Nicht immer passen agile Arbeitsmethoden und sind unbedingt der klassischen Arbeitsweise vorzuzuziehen. Die Stacey-Matrix zeigt auf, zwischen welchen verschiedenen Vorgehensweisen du dich im Projektmanagement entscheiden kannst, um die Effizienz im Team zu steigern und Zielvorgaben in time zu realisieren.
Make a decision! Die Stacey-Matrix hilft dir dabei
Entwickelt wurde die Stacey-Matrix von dem britischen Professor für Management Ralph Douglas Stacey. Das Konzept soll im Projektmanagement bei der Entscheidungsfindung helfen.
Die grundlegende Frage in der Projektplanung ist die nach der Herangehensweise: agil planen und arbeiten oder an Standards orientieren?
Stacey setzt die Zielvorgaben und Vorrausetzungen in Bezug zu den Umsetzungsmöglichkeiten:
- Voraussetzungen/Zielvorgaben: Was soll erreicht werden?
Bearbeitung von Kundenreklamationen, Entwicklung eines Softwareprogramms, Neueinführung eines Versicherungsprodukts, Bau eines Floßes … - Umsetzungsmöglichkeiten: Wie kann es erreicht werden?
Technologie, Team-Know-how, Werkzeugkasten, …
Dazu wird auf der vertikalen Achse der Wert der Klarheit über ein Projekt angegeben: Sind sich alle Beteiligten klar darüber, wie die Zielsetzung lautet? Die horizontale Achse gibt an, wie klar oder unklar der Weg zum Erreichen des Ziels ist. Daraus ergeben sich vier Szenarien von „einfach“ bis „chaotisch“. So wird offensichtlich, dass diese Szenarien unterschiedliche Methoden für eine erfolgreiche Projektplanung erfordern.
Robinson Crusoe und die Matrix
Nehmen wir doch einfach einmal folgendes Szenario zur Veranschaulichung: Der Auftrag, den dein Unternehmen ausführen soll, lautet „Bau uns in 10 Tagen ein ozeantaugliches Floß“. Wenn Dein Team nun aus 20 Floßbauexperten besteht, sollte es kein Problem sein, die Aufgabe termingerecht umzusetzen. Du greifst einfach auf deine bewährten Mittel zurück und dein Team macht sich mit seinem langerprobten Werkzeug an den Bau. So ein Team hätte der einsame Mann auf der Insel gut gebrauchen können.
So leicht wie in dem Beispiel laufen Projektplanung und -management jedoch selten ab. Insbesondere die Digitalisierung hat viele Unternehmen und Geschäftspartner vor besondere Herausforderungen gestellt. Bei der digitalen Transformation kommt es immer wieder zu einem Ungleichgewicht unter den Stakeholdern. Sind die Beteiligten innerhalb eines Projekts nicht auf dem gleichen technologischen Stand, kann das gesamte Umfeld sehr schnell von einem einfachen in einen komplexen Modus wechseln, da sich der Grad der Unsicherheit hinsichtlich der WIE-Frage signifikant erhöht.
Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht: Mit der Stacey-Matrix zum Ziel
Wenn du dich bei einem neuen Projekt fragst, wo du mit deinem Team und Equipment stehst, dann zieh die Stacey-Matrix zu Rate.
Hier sind vier Szenarien für dich:
- „Einfach“: Du kennst aus der Vergangenheit die Art des Projekts und auch der Lösungsweg ist Routine. Hier arbeitest du nach Standardverfahren. Hilfestellung geben beispielsweise in der Vergangenheit erstellte Checklisten. Die klassische Arbeitsweise ist hier nicht unmodern, sondern schlichtweg am effektivsten.
- „Kompliziert“: Bei der Projektplanung treten verschiedene Variablen auf und der gesamte Lösungsweg ist nicht direkt vorhersehbar. Eine genau Analyse der Anforderungen ist zeitintensiv, aber sinnvoll, um mehr Klarheit zu schaffen und danach die Aufgaben effizient zu verteilen. Zur Optimierung deines Workflows empfiehlt sich ein Kanban-Board als agiles Projektmanagement-Tool. Soll beispielsweise das Floß nicht mehr aus Holz, sondern aus lackierten Kautschukpontons hergestellt werden, muss das natürlich neu geplant und kalkuliert werden.
- „Komplex“: Anforderungen und Lösungswege sind hier nicht mehr klar. Es tauchen zu viele Variablen auf, die es unmöglich machen, die einzelnen Schritte im Arbeitsprozess vorherzusehen. Agile Working heißt in diesem Fall „Learning by doing“, auch bezüglich der Teambildung. Meist handelt es sich bei einem komplexen Umfeld um größere Projekte, an denen auch wesentlich mehr Mitarbeiter:innen mitwirken. Um mehr Struktur in den Arbeitsprozess zu bringen, helfen agile Arbeitsmethoden wie beispielsweise das Spotify-Modell oder SCRUMS. Wenn Du etwa statt eines Floßes ein Hausboot bauen sollst, musst du auch die Möglichkeiten kennen, wie man eine Küchenzeile funktionstüchtig installiert.
- „Chaotisch“: Willkommen im agilen Projektmanagement in der Stacey-Matrix. Hier herrscht Innovationsfreude – und das kann durchaus als positiv bewertet werden. Es empfiehlt sich bei solch agilen Projekten, die Iterationszyklen kurz zu halten. Es sollten also möglichst viele Zwischenergebnisse an die Auftraggeber:innen übermittelt werden, um Anpassungen im laufenden Prozess vornehmen zu können. Als Project Leader bist du gewissermaßen Robinson Crusoe: Du hast nur eine vage Ahnung, mit welchen Mittel du etwas bauen sollst, das dich und dein Team sicher Tausende Kilometer über den offen Ozean nach Hause bringt. Ihr fangt einfach an zu experimentieren.
Die Stacey-Matrix im Einsatz
Die Stacey-Matrix kann dir bei der Entscheidung, welchen Grad des agilen Projektmanagements du wählen solltest, helfen. Ob für dich und dein Team die klassische oder die agile Arbeitsweise effizienter ist, findest du also heraus, wenn du dir Klarheit über die Unklarheiten verschaffst:
#1 Welche Voraussetzungen und Zielsetzungen beinhaltet das Projekt/der Auftrag?
#2 Besteht im Team Einigkeit über diese Zielsetzungen?
#3 Welche Mittel werden eingesetzt, um das Projekt zu realisieren?
Agiles Projektmanagement ja, aber nicht um jeden Preis
Die Stacey-Matrix hat es gezeigt: Nicht immer muss die agile Methode angewandt werden. Wenn du über einen gut abgestimmten Workflow verfügst, der nach Standardvorgaben Ergebnisse mit gleichbleibender Qualität liefert, solltest du beim klassischen Projektmanagement bleiben. Mehr Offenheit bei effizient arbeitenden Strukturen kann da sogar zu einer höheren Fehleranfälligkeit führen. Auch besteht bei einem agilen Projektmanagement die Gefahr, den Überblick über das große Ganze zu verlieren.
Auf der anderen Seite verlangen Projekte, deren Lösungsweg noch unklar ist, eine höhere Bereitschaft zu agilem Arbeiten, da es gar keine oder nur wenige Standards gibt, an die man sich halten kann. An dieser Stelle kommen agile Projektmanagement-Tools wie Kanban, das Spotify-Modell, OKR oder Scrum zum Einsatz und helfen bei der Planung und Umsetzung. Das bedeutet: Spätestens, wenn du vom komplizierten auf den komplexen Status wechselst, solltest du überlegen, dich mit diesen agilen Helfern anzufreunden.