Online-Targeting: Warum sich Publisher jetzt für die Post-Cookie-Ära rüsten müssen
Das schleichende Ende der Cookie-Ära birgt große Herausforderungen für Publisher, die sie bereits heute aktiv angehen müssen. Gefragt sind Strategien, die personalisierte Werbung in Zukunft nicht nur ermöglichen, sondern noch besser machen.
Umsetzung von Online Targeting und Personalisierung erfordert neue Lösungen
Über Jahre hinweg haben vor allem Third-Party Cookies die Arbeit von Publishern erheblich erleichtert. Ob Online Targeting, Tracking oder Frequency Capping – Cookies machen auf einfache Weise personalisierte Werbung im Rahmen von Programmatic Advertising möglich. Das nahende Ende der Third-Party Cookies als relevantes Tracking-Modell stellt Publisher wie Werbetreibende somit vor eine grundlegende Herausforderung. Rund 70 Prozent aller digitalen Werbeformate werden heute weltweit programmatisch gehandelt – mit einem jährlichen Marktvolumen von mehr als 120 Milliarden Dollar. Fallen die Third-Party Cookies für eine gezielte Auslieferung von digitaler Werbung weg, steht die Werbebrache vor dem Problem, dass die Effizienz programmatischer Kampagnen stark leidet, da Nutzereigenschaften nur noch ungenau zu bestimmen wären. Zusammengefasst:
- Ohne Cookies keine pseudonymen User-IDs,
- ohne IDs keine brauchbare Datengrundlage für das gezielte Online-Targeting und
- ohne gezieltes Targeting keine Nachfrage.
In der Folge davon würde der Markt für personalisierte Werbung stark zusammenschrumpfen, mit spürbar verringerten Werbeeinnahmen für Publisher. Für die Branche ergibt sich somit ein drängendes Zeitproblem:
„Ein Großteil des Online Marketings benötigt jetzt passende Alternativen. Ohne diese werden viele Geschäftsmodelle bereits in einem Jahr nicht mehr funktionieren.“
In diesem Zusammenhang sind nicht nur neue Verfahren und Technologien gefragt, welche die Cookies nicht nur adäquat ablösen, sondern auch eine bessere Balance zwischen Privatsphäre auf der einen sowie Online Targeting und Personalisierung auf der anderen Seite ermöglichen.
Cookie-Alternativen: Publisher halten das Heft des Handelns in ihrer Hand
Wohin sich die Werbewirtschaft in der Post-Cookie-Ära entwickeln wird und welche Alternativen und technischen Lösungen sich durchsetzen werden, hängt in starkem Maße von den Entscheidungen auf der Seite der Publisher ab. Als relevante Akteure im Markt, die letztlich die Werbeplätze zur Verfügung stellen und ihren Content monetarisieren wollen, bestimmen sie die Etablierung neuer Modelle maßgeblich mit. Sprich, welche Lösungen und Technologieanbieter in Zukunft tonangebend sein werden und wie hoch die Marktkonzentration ausfällt, etwa über die Frage, wie viele Werbespendings zukünftig in Richtung der großen US-Player im Markt (GAFAs) fließen.
„Um nicht in die Abhängigkeit von den US-Konzernen zu geraten, müssen Publisher jetzt handeln und nicht warten. So einfach es klingen mag, aber viele beobachten leider zu lange, ohne selbst Strategien zu entwickeln. Publisher müssen sich dazu eine Login- sowie Datenstrategie überlegen, die sich an den Bedürfnissen des Nutzers orientiert.“
Alternative ID-Anbieter auf dem Vormarsch
Wie können sich Publisher am besten für die Zukunft aufstellen? Im Übergang zu einer „cookiefreien Werbewelt“ gilt es nun, alternative Ansätze zu finden, mit denen sich Endnutzer auch in der Post-Cookie-Ära noch qualifiziert erreichen lassen. Im Zuge der gegenwärtigen Transformation haben sich bereits verschiedene ID-Anbieter am Markt positioniert, die technische Lösungen für die Identifikation von Online-Nutzern und das Online Targeting zur Verfügung stellen.
Einen solchen alternativen Ansatz verfolgt beispielsweise die Login-Allianz netID, die als Single Sign-on und Identity-Anbieter für europäische Konsumenten ein Gegengewicht zu den US-Anbietern schaffen will. Mit der netID können sich Nutzer bei vielen registrierten Partnerseiten einfach und bequem identifizieren und ihre Authentifizierung und Einwilligungen zur Datennutzung zentral in einem sogenannten Privacy Center verwalten. Seit September 2020 kooperiert die European netID Foundation (EnID) unter anderem mit Index Exchange (IX), einer der weltweit größten unabhängigen Exchanges.
„Durch die Kooperation mit Index Exchange bieten wir unseren Partnern eine noch bessere Möglichkeit, unsere beiden Consent-Produkte netID Enterprise und netID Professional zu nutzen. Über den netID Identifier können sie datenschutzkonform und geräteübergreifend individuell auf den Nutzer abgestimmte Werbung und Content ausspielen. Die Kooperation mit Index Exchange als internationalem Unternehmen vereinfacht es auch internationalen Publishern, unsere netID-Produkte einzusetzen. Das unterstützt unsere geplante Expansion in Europa“, führt Bornemann aus.
ID-Strategien für Publisher – Datenschutzkonformität und Angebotsspektrum im Fokus
Unabhängig davon, ob eine Zusammenarbeit mit einem oder mehreren ID-Anbietern geplant ist, rückt bei der Wahl des Dienstleisters zunächst der Datenschutz als Entscheidungskriterium in den Mittelpunkt, der aus Sicht von Publishern, Werbetreibenden und Usern gewährleistet sein muss. So ist die ausdrückliche Einwilligung der Nutzer in Form eines Consent zwingende Voraussetzung für die Bildung einer ID und die weitere ID-Nutzung. Darüber hinaus gilt es, auch die rechtlichen Entwicklungen im nationalen wie im internationalen Kontext im Auge zu behalten, da sich immer wieder signifikante Änderungen am Rechtsrahmen ergeben, siehe etwa das Planet49-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Mai 2020, welches seitdem eine aktive Zustimmung zu Cookies vorschreibt und voreingestellte Häkchen untersagt.
Angesichts der individuellen Gegebenheiten und verschiedenen Anwendungsbereiche von Publishern ist zudem eine genaue Prüfung des Angebotsspektrums und Funktionsumfangs der potenziellen Dienstleister geboten. So gilt es trotz einer zu erwartenden Marktkonzentration als unwahrscheinlich, dass sich nur ein Technologieanbieter durchsetzen wird. Bereits heute bieten einige Dienstleister zum Beispiel Lösungen an, die auch ohne Login-Ansatz – auf der Grundlage von Machine-Learning-Algorithmen – eine Zuordnung zu einer eindeutigen User-ID ermöglichen.
First-Party-Daten statt Third-Party Cookies
Darüber hinaus empfehlen Branchenexperten, als Alternative zu den herkömmlichen Third-Party Cookies sprichwörtlich mehrere Eisen im Feuer zu haben und beispielsweise neben den IDs auch auf First-Party-Daten zu setzen und eine möglichst große Datenmenge an Usern mit entsprechender Einwilligung zu generieren, die Publisher werblich ansprechen können. „Publisher sollten sich ihren Vorteil zunutze machen und First-Party-Daten sammeln“, so Bornemann. „Als Schnittstelle zum Nutzer sind sie Gatekeeper für deren Einwilligungen, die in Zukunft entscheidend für alle Beteiligten im Ökosystem sein werden. Das ist ihre Chance, aus der langjährigen Defensive herauszukommen.“
Revival von Contextual Targeting
Als weitere Alternative im Rahmen des Online Targetings erlebt das Contextual Targeting oder semantische Targeting derzeit eine Art Revival. Im Gegensatz zu anderen technischen Lösungen wird hierbei auf das Speichern personenbezogener Daten verzichtet, da das Ausspielen der Werbemittel kontextbezogen über einen Algorithmus erfolgt. Der große Vorteil dieser Targeting-Variante liegt darin, dass die Werbemittel genau zu dem Zeitpunkt ausgespielt werden können, an dem sich Nutzer mit dem Thema beschäftigen, wodurch optimalerweise ein Mehrwert durch die Werbung entsteht und die Streuverluste geringgehalten werden können. Nicht zuletzt steigt dadurch auch die Akzeptanz der Werbemittel bei den Usern, da sie im Kontext ausgesteuert werden, also thematisch passend zum Content der besuchten Seite.
Online Targeting und Personalisierung in der Post-Cookie-Ära als Chance begreifen
In der Herausforderung für Publisher, den Übergang in die Post-Cookie-Ära zu meistern und aktiv mitzugestalten, liegt auch eine große Chance, neue Lösungen zu fördern, mit denen sich Online-Werbung und Content noch gezielter aussteuern, messen und nachverfolgen lassen. Gerade mit Blick auf das heutige Nutzerverhalten gelten Third-Party Cookies auch unabhängig von ihrem absehbaren Ende als nicht mehr zeitgemäß, da sie für Cross Device Tracking ungeeignet sind. Genau an diesem Punkt setzen zum Beispiel alternative ID-Lösungen an, die eine Adressierung der Nutzer auch über mehrere Geräte hinweg ermöglichen. Ein zentraler Aspekt, der zukünftig noch mehr an Gewicht gewinnt – schließlich beschränkt sich die Customer Journey schon heute nicht mehr nur auf den Rechner, das Smartphone oder das Tablet, sondern schließt immer mehr Devices und digitale Touchpoints ein.