Neues Telemediengesetz – ist jetzt endgültig Schluss mit Cookie Bannern?

Ab Dezember gilt das neue Telemediengesetz. Was bedeutet das für Werbetreibende? In unserer Story erfährst du, was sich jetzt insbesondere bei den Cookie Bannern ändert.

Neues Telemediengesetz betrifft Werbetreibende.
Bild: © kati17/Adobe Stock

Das Gesetz zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG) wurde im Juni im Bundestag beschlossen. Ab dem 1. Dezember 2021 ist es rechtsgültig. Worum geht’s? Die Verordnung bündelt die bislang geltenden Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und des Telemediengesetzes (TMG). Im Fokus steht mehr Rechtsklarheit für den Schutz von Daten und der Privatsphäre in der digitalen Welt.

Das neue Telemediengesetz wirkt sich insbesondere auf das Cookie Tracking aus. Während große Player wie Google die Verwendung von Cookies einschränken wollen, weist nun auch die deutsche Rechtsprechung auf ein Ende der Cookie-Ära hin. Ziel des Gesetzes ist es unter anderem, sich der von vielen als störend empfundenen Cookie Consent Banner zu entledigen. Dazu wird ein neuer rechtlicher Rahmen geschaffen. So gilt:

Die Speicherung von Informationen in der Endeinrichtung des Endnutzers oder der Zugriff auf Informationen, die bereits in der Endeinrichtung gespeichert sind, sind nur zulässig, wenn der Endnutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen eingewilligt hat.

§ 25 TTDSG

Die Einwilligung zu Tracking-Technologien wie Cookies ist weiterhin erforderlich. Ein digitales Okay durch Nutzer:innen will auch die neue Rechtsprechung haben. Allerdings gibt es Ausnahmen. So ist die Einwilligung nach § 25 Absatz 2 TTDSG nicht erforderlich, wenn „der alleinige Zweck […] die Durchführung der Übertragung einer Nachricht […] ist oder wenn die Speicherung von Informationen […] unbedingt erforderlich ist, damit der Anbieter […] einen Telemediendienst zur Verfügung stellen kann.

Wann diese Ausnahmefälle konkret vorliegen, definiert das neue Telemediengesetz nicht. Allerdings gehen Rechtsexpert:innen davon aus, dass die Ausnahmeregelung insbesondere für jene Cookies gilt, die die Funktionalität von Webangeboten gewährleisten. Hierzu zählen etwa Cookies für Warenkorb-Funktionen, Spracheinstellungen oder Videoplayer. Die Pflicht, deren Zustimmung abzufragen entfällt, so die Einschätzung.

Neues Telemediengesetz: Nie wieder Cookie Banner?

Können wir uns Cookie Banner jetzt sparen? Die Antwort lautet: Jein. Die Zustimmung ist nach Auffassung von Rechtsexpert:innen zwar für grundlegende technische Funktionen nicht mehr nötig, für Tracking Cookies beispielsweise zu Werbezwecken und Webanalyse ist sie dennoch erforderlich. Websites, die entsprechenden Technologien einsetzen, müssen auch künftig eine Consent-Methode anbieten. Ob es sich dabei allerdings um ein Cookie Banner handelt, steht Werbetreibenden offen. So erlaubt das neue Telemediengesetz die Verwendung alternativer Dienste zur Einwilligungsverwaltung. Dazu zählen Personal Information Management Systeme (PIMS) und das Single-Sign-on-Verfahren.

PIMS ermöglichen es Nutzer:innen, Cookie-Präferenzen komfortabel über ein zentrales Tool zu managen, anstatt über jede Website einzeln. Das Single-Sign-on-Verfahren erlaubt es, Cookie-Einwilligungen von Nutzer:innen zu anderen Webangeboten weiterzugegeben. Dadurch ist eine erneute Abfrage nicht mehr erforderlich. Inwiefern sich die Technologien in der Praxis durchsetzen, wird sich zeigen. Für die Werbewirtschaft gilt somit: Die rechtliche Sicht auf Cookie Banner ist mit dem neuen Telemediengesetz ein Stück klarer geworden, in technologischer Hinsicht bleibt es weiterhin spannend. Wir haben dazu den Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. um Feedback gebeten:

Welche konkreten Vorteile bieten alternative Lösungen zur Einwilligungsverwaltung wie Personal Information Management Systeme (PIMS) und Single Sign-on (SSO)?

BVDW: Alternative Lösungen zur Einwilligungsverwaltung können die Nutzer:innen dabei unterstützen informierte Entscheidungen zu treffen, da die Nutzer:innen die Einwilligung mittels eines solchen Systems verwalten können und die Präferenzen dort für das weitere Surfverhalten hinterlegt sind. Zudem kann so das aktuelle Phänomen der Consent Fatigue und weiteren abschreckenden Effekten, der ständigen Abfrage von Consent, adressiert werden. Aktuell gibt es eine Entwicklung weg von Cookies hin zu Login-basierten Lösungen. Bei Login-basieren PIMs kann somit die Consent-Entscheidung unabhängig vom individuellen Endgerät der Nutzer:innen getroffen werden („Cross-Device Consent“).

Aus Sicht der Telemediendienste wird der Einholung von Einwilligungen immer höhere regulatorische Anforderungen, seitens des europäischen und nationalen Gesetzgebers, auferlegt. Eine dauerhafte Verwaltung der Nutzer:innenpräferenzen in PIMS, könnte diese Problematik adressieren. Der BVDW fordert jedoch unabhängig dieser Entwicklung, dass die regulatorischen Anforderungen lediglich einen Rahmen darstellen sollen, in welchem seitens der Angebote frei gestaltet werden kann. Die regulatorischen Maßnahmen sollen die Beziehung zwischen Telemediendienst und Nutzer:innen stärken und diese schützen und dürfen nicht zum Selbstzweck erlassen werden.

Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass die Nutzer:innen die Möglichkeit erhalten, zentral die eigenen Datenverarbeitungen im Netz, unabhängig vom Besuch von individualen Webseiten einzusehen und anzupassen. In diesem Kontext wird nochmals darauf hingewiesen, dass insbesondere die „PIMS“-Rechtsverordnung, welche in § 26 TTDSG angelegt ist und aktuell seitens des BMWI entwickelt wird, maßgeblich über die Vorteile für die Nutzer:innen und die Praktikabilität in der Lebensrealität entscheiden wird. Das Ziel muss darin bestehen, die informationelle Selbstbestimmung der Nutzer:innen und insbesondere die Beziehung zwischen den einzelnem Telemediendienst und den Nutzer:innen weiter zu stärken.

Gibt es diesbezüglich bereits konkrete Tools, auf die Unternehmen zurückgreifen können?

BVDW: Der Begriff PIMS stellt aktuell ein Überbegriff für verschiedenste Lösungen und Ansätze im Umfeld von Personal Information Management Systemen dar. Die darunter subsummierten Dienste haben zum aktuellen Zeitpunkt verschiedene Schwerpunkte, beispielsweise die Verwaltung von Consent oder SSO-Funktionalitäten. Beispielsweise werden PIMS, welche Login-SSO basiert sind, über Stiftungen organisiert und vom Gesetzgeber bereits in der Erläuterung zum §26 TTDSG als solche Systeme festgehalten. Hier ist beispielsweise die European netID Foundation als eine Lösung im Markt zu nennen. In der Abgrenzung sind CMPs aktuell nicht als PIMS, im Sinne des §26 TTDSG, einzustufen, da sie eher kein unabhängiger Dienst sind.

Jedoch ist ein Trend zu beobachten, dass CMPs sich darüber Gedanken machen, wie sie Dienstleistungen anbieten können, welche unter den Begriff PIMS subsummiert werden können. Auch hier wird die Rechtsverordnung maßgeblich darüber entscheiden, inwieweit weitere PIMS am Markt in Erscheinung treten oder es hier zu einer Konsolidierung der bestehenden PIMS kommt. Darüber hinaus wird die Rechtsverordnung das Zusammenspiel zwischen Telemediendiensten, PIMS und CMPs voraussichtlich näher beleuchten. Aus Sicht des BVDW ist es entscheidend, dass ein jeweiliges Telemedienangebot immer die Möglichkeit haben muss, in einen direkten Austausch mit den Nutzer:innen, über die Präferenzen im Consent-Umfeld, in den Dialog einzusteigen. Die Frage, inwieweit Browser-Plugins als PIMS einzustufen sind, wird seitens des BVDW als kritisch wahrgenommen.

Wie werden sich diese Systeme voraussichtlich in der Praxis etablieren und wie lange wird es den Cookie-Banner, wie wir ihn heute kennen, noch geben?

BVDW: Aktuell zeigt sich, dass in diesem Feld eine hohe Dynamik anzutreffen ist. Die Frage, inwieweit die Identifizierung von Nutzer:innen und die personalisierte Ansprache in der Post-Corona-Ära gestaltet werden, wird aktuell in der Branche intensiv diskutiert. Die zentrale Verwaltung von Consent, wie die loginbasierte Identifizierung von Nutzer:innen über sogenannte PIMS, wird hierbei eine entscheidende Rolle spielen. Formell wird die Rechtsverordnung zu den PIMS voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2023 in Kraft treten.

Mindestens bis zu diesem Zeitpunkt wird es in diesem Umfeld ein Vakuum geben, da insbesondere die Anforderungen an PIMS, wie auch das Zusammenspiel , der im Markt beteiligten Akteure aktuell nicht abschließend geklärt ist. Da es aktuell im Bereich der personalisierten Ausspielung von Inhalten wie auch von Werbung sowohl innovative Weiterentwicklungen als auch starke Bemühungen gibt, diese Produkte und Dienstleistungen noch stärker von Anfang an datenschutzfreundlich zu konzipieren, werden wohl Cookie-Layer, in der aktuellen Form, auf Dauer seltener werden und stellen somit in dieser Form eine Übergangstechnologie dar.