KI-Avatare: Actionfiguren, Ghibli-Animationen & virtuelle Influencer:innen
Die Social Media Streams werden durch einen unerwarteten Trend beherrscht: Von einer KI erstellte Avatare sind omnipräsent – ob im Ghibli-Stil, als Marvel-Superheld:innen oder als Actionfiguren. Doch was sind Avatare überhaupt? Und welche Möglichkeiten bieten sie im Marketing?

Wir schreiben das Jahr 2025: Die Erdbevölkerung wird auf 8,052 Milliarden Menschen geschätzt. Über das World Wide Web sind fast 70 Prozent von ihnen miteinander virtuell vernetzt. Etwa zwei Drittel von ihnen besitzen einen Account für einen Chat oder eine Social-Media-Plattform. Die meisten der mehr als fünf Milliarden Profile werden mit einem (realistischen) Foto bestückt.
Sie alle vereint eines: Profilbilder sollen der Individualität Ausdruck geben.
Der Klassiker der Profilbilder: das Selfie! Ein weiterer Evergreen ist das perfekt inszenierte Urlaubsbild mit Sonnenuntergang im Hintergrund. Oder ein Schnappschuss mit der liebsten Person im Arm, den Kindern, den Freund:innen oder dem Haustier. Auf der anderen Seite gibt es auch diejenigen, die sich der Selbstinszenierung bewusst entziehen und auf Abstraktion setzen. Ein Pollock-Gemälde als Profilbild, ein Tiergesicht oder das Foto eines Celebrities – es sind keine Grenzen gesetzt.
Was sind eigentlich Avatare? Was sind Profilbilder?
Um all diejenigen nicht zu verärgern, die das Internet ernst genug nehmen, um sich darüber Bücher durchzulesen und Vorträge anzuhören, soll an dieser Stelle erwähnt sein: Zwischen den beiden Darstellungsformen besteht ein kleiner, aber feiner Unterschied.
Der Begriff Avatar im Zusammenhang mit Internet-Alias geht auf den Cyberpunk-Klassiker „Snow Crash“ von Neal Stephenson aus dem Jahr 1992 zurück.
„Die Menschen sind Teile einer Software, die Avatare genannt werden. Sie sind die audiovisuellen Körper, mit denen die Menschen im Metaverse miteinander kommunizieren.“
Die digitale Repräsentation einer Person (oder mitunter auch eines fiktiven Charakters) wird als Avatar bezeichnet. Eine (mehr oder weniger) realistische Darstellung dieser Person entspricht dem Profilbild.
Ob realistisch, fotografiert, animiert, gezeichnet, komplex oder simpel: Avatare stellen die Individualität einer Person im Internet sicher und sind daher per Definition einzigartig – bei mehr als fünf Milliarden Nutzer:innen zumindest theoretisch. Avatare werden vor allem in Foren, Chats, Games und Social-Media-Plattformen verwendet.
Zurück zum Jahr 2025: KI-Avatare sind der Sh***!!!
Was mit Memojis, Bitmojis und Insta-Avataren in den 2010er-Jahren begann, erlebte eine rasante Beschleunigung durch die Verfügbarkeit von Generativer KI. Und als OpenAI das bahnbrechende Bildmodell GPT-4o Image Generation im April 2025 für alle ChatGPT-Nutzer:innen verfügbar machte, ging es richtig los: Es wurde zum Social Media Hype, sich selbst in jeglicher möglichen stilistischen Form darzustellen. Ein paar Wochen waren es Avatare im zauberhaften Ghibli-Stil des japanischen Animationskünstlers und Filmgenies Hayao Miyazaki. Ein paar Wochen waren es später charmante Actionfiguren samt Verpackung oder Abertausende Versionen von Peter Parker oder Batman.
Virtuelle KI-Influencer:innen
Schon vor dem Hype der Generativen KI gab es virtuelle Influencer:innen. Der KI-Hype hebt diesen Trend aber auf ein vollkommen neues Level. Die Zusammenarbeit mit digitalen Persönlichkeiten hat viele Vorteile: Sie sind pünktlich, lassen sich nicht zu fragwürdigen Aussagen hinreißen, brauchen keine Pausen und sind verhältnismäßig günstig.
Eine der bekanntesten Vertreterin ist Lu. Sie wurde 2009 bereits erstellt und erfreut sich vor allem in ihrer Heimat Brasilien besonders großer Beliebtheit.

Trauerbewältigung mit KI-Avataren
Verschiedene Unternehmen bieten die Möglichkeit, verstorbene Personen mit einer KI virtuell wieder zum Leben zu erwecken. Die erstellten 3D-Simulationen weisen typische Verhaltensweisen und Erinnerungen der Verstorbenen auf. Der Zweck des Ganzen? Die Avatare sollen den Verstorbenen das digitale Nachleben ermöglichen und den Angehörigen die Gelegenheit geben, Gespräche mit ihnen zu führen, um den Trauerprozess zu vereinfachen. Insbesondere in den Vereinigten Staaten und Asien planen mittlerweile immer mehr Menschen ihr eigenes digitales Weiterleben und es existiert eine ganze Digital-Afterlife-Industrie.
Von der Idee zum digitalen Ich: Die Innovation hinter den KI-Avataren der DDA-Shortlist
Was vor wenigen Jahren noch nach Science Fiction klang, ist heute Realität: KI-Avatare erobern Marketing, Kommunikation und kreative Prozesse. Doch was bedeutet das für Kreation und Kund:innenerlebnis? Zwei aktuelle Cases auf der Shortlist des Deutschen Digital Awards (DDA) 2025 zeigen, wie stark KI-Avatare bereits heute die Markenkommunikation prägen – und wo die Reise hingeht.
Case 1: Kenna – Die erste KI-gesteuerte virtuelle Beauty-Assistentin
Mit Kenna hat die Agentur DEPT® für essence eine Beauty-Assistentin erschaffen, die mehr als nur Antworten liefert. Kenna erkennt Sprache, gibt personalisierte Produktempfehlungen, analysiert Trends – und das alles in Echtzeit und mit einer menschlich wirkenden Stimme und Mimik.
Die Technologie dahinter ist beeindruckend: ein eigenes Gen-AI-Framework, OpenAI Whisper für Spracherkennung, eine individuell generierte Stimme von ElevenLabs und ein 3D-Charakter mit Gestik und Lippensynchronisation. Der Launch als interaktive Installation ermöglichte erstmals direkte Gespräche mit Kenna – emotional, individuell und auf Augenhöhe.
Kenna macht deutlich, wie KI-Avatare den Dialog zwischen Marke und Community revolutionieren können – als persönliche, smarte und unterhaltsame Touchpoints. Für Unternehmen bedeutet das: Beratung, Service und Markenbindung können künftig skalierbar und gleichzeitig menschlich wirken – rund um die Uhr und in jeder Sprache.
Case 2: Namae Koi – die künstliche Künstlerin
Namae Koi ist keine reale Person – und doch eine echte Künstlerin. Als Artificial Audio Visual Artist (AAVA) erschafft sie Musik, spielt Rollen, erzählt Geschichten und modelt. Namae Koi bewegt sich zwischen den Welten von Mensch und Maschine – mit einem klaren Ziel: Emotionen erzeugen und Kreativität neu definieren.
Ihre Existenz wirft Fragen auf: Was ist noch echt? Wo beginnt Innovation, wo endet Identität? Namae Koi ist ein Vorgeschmack darauf, was uns in Zukunft in den Bereichen Entertainment, Kreativität und Markenbotschaften erwarten könnte.
KI-Avatare wie Koi ermöglichen völlig neue Narrative und Ausdrucksformen – für Künstler:innen, Marken und ganze Industrien. Sie eröffnen Kreativen neue Wege, Identitäten zu erschaffen und Geschichten unabhängig von physischen Grenzen zu erzählen.
„Die beiden Cases zeigen eindrucksvoll: KI-Avatare sind mehr als ein Hype. Sie eröffnen neue Räume für Markeninszenierung, Community-Interaktion, Customer Service und kreative Gestaltung. Ob als Beauty-Coach oder Artificial Artist – sie sind gekommen, um zu bleiben“, sagt Kai Ebert, Director Growth bei SYZYGY und diesjähriger DDA-Jurypräsident.

Am 15. Mai erfahren wir bei der großen Award-Show, ob die beiden Cases einen Deutschen Digital Award mit nach Hause nehmen dürfen.
