Insight Out: Malte Hildebrandt zur Bedeutung von Qualitätsjournalismus

Klarheit, Marke und Bewegtbild: Malte Hildebrandt erklärte im Gespräch auf der DMEXCO 2025, warum die DMEXCO unverzichtbar ist, weshalb langfristige Markeninvestments vor kurzfristiger Performance stehen und warum Qualitätsjournalismus so wichtig für eine funktionierende Gesellschaft ist.

Porträt von Malte Hildebrandt, Geschäftsführer von Screenforce, zu seinem Interview über Förderung im Qualitätsjournalismus
Bild: © Koelnmesse / Max Hampel

Marketing’s Boldest Voices: Marke, Bewegtbild und Verantwortung zusammendenken

In unserer Serie „Insight Out: Marketing’s Boldest Voices“ teilen führende Köpfe ihre Erfahrungen und Ideen, wie Purpose, Organisation und Messbarkeit zusammenspielen und was mutige Entscheidungen in der Praxis bedeuten.

Über Malte Hildebrandt

Malte Hildebrandt ist seit 2021 Geschäftsführer von Screenforce, der Gattungsinitiative der TV- und Bewegtbildvermarkter, und war zuvor deren CMO. Davor hatte er leitende Funktionen bei ProSiebenSat.1 inne, unter anderem als Geschäftsführer Marketing SevenOne Media, als Gründer und Managing Director der SevenOne AdFactory sowie als CMO bei ProSiebenSat.1 TV Deutschland.

Was macht die DMEXCO für dich so besonders und warum ist sie der richtige Ort für Screenforce?

Die DMEXCO ist seit vielen Jahren der Treffpunkt für die Digital-Branche schlechthin, sie ist daher ein wichtiger Bestanteil unseres Event-Kalenders. Wir erreichen dort mit unseren Themen Media-Entscheider, Planer und Marken-Verantwortliche und können ihnen in direkten Gesprächen auf unserem Stand oder über das Bühnen-Programm auf der „Future TV Stage“ nahebringen, wie digital TV längst auch als Werbeträger ist. Als Gattung passen wir perfekt auf die DMEXCO, schließlich gilt Bewegtbild als Königsdisziplin in der Mediaplanung, wie wir nicht nur aus den jährlich erhobenen OWM-Prognosen wissen. Trotz ihrer Größe und dem üblichen Messetrubel bietet uns die DMEXCO den Raum für gute Gespräche und echte Begegnungen.

Wenn du dein Marketing komplett neu denken müsstest – was würdest du als Erstes anders machen?

Die Marke konsequent in den Mittelpunkt der Aktivitäten stellen, dass ist das Erste, was ich tun würde. Das Pendel schlug in den letzten Jahren schon sehr in Richtung datengetriebener Performance aus, doch das scheint sich gerade zu ändern. Große Werbetreibende wie Nestlé oder Eon haben angekündigt, wieder mehr in die Markenpflege und den Markenaufbau ihrer Produkte zu investieren. Und nirgends geht das besser als über emotionales Storytelling auf dem Big Screen.

Der Marketing-Experte Peter Field hat es zuletzt in einem sehr lesenswerten Beitrag auf den Punkt gebracht: Kampagnen von Marken, die ausschließlich auf Performance Marketing setzen, sind im Vergleich zu Kampagnen, die gezielt Markenaufbau betreiben, nur ein Drittel so effektiv. Das sollte jedem CMO zu denken geben.

Welche strategische Frage beschäftigt dich mit Blick auf 2026 am meisten?

Es gibt weiterhin Diskussionen darüber, was der „richtige“ Kommunikationskanal ist. Ich glaube, wir müssen aufhören, in Silos oder Kanälen zu denken. Der Ausgangspunkt sollte immer die Message einer Marke sein. Erst dann folgt die Frage: „Wo kann ich diese Message am besten transportieren?“

Bewegtbild-Werbung ist dabei ein sehr wirkungsstarker Hebel. Dass TV-Werbung Marken im Gedächtnis der Menschen etabliert und mit Assoziationen verknüpft, ist bekannt und vielfach belegt. Doch Fernsehen wirkt auch im Lower Funnel, wie unsere Studie „From TV Screen to Action“ belegt.Die Studie untersucht den Einfluss von TV-Werbung auf Website-Visits. Unsere Analyse zeigt, welche Uplifts während eines TV-Flights erzielt werden und wie nachhaltig diese Effekte sind. Dieser Zusammenhang ist vielen vielleicht gar nicht so bewusst.

Was würdest du der Marketing-Branche gerne einmal klipp und klar sagen?

Ich möchte eine Lanze brechen für den Qualitätsjournalismus in Deutschland. Was wäre, wenn es ihn morgen nicht mehr gäbe? Wenn keine seriöse, faktenbasierte Berichterstattung mehr existieren würde? Dann würden wir die Deutungshoheit komplett den sozialen Medien überlassen – und das wäre aus meiner Sicht eine Katastrophe. TV ist der Kitt, der eine Gesellschaft zusammenhält. Eine Demokratie braucht starke Fernsehsender, ebenso wie sie starke Verlage und Radiosender braucht. Am Ende geht es um gesellschaftliche Verantwortung. Mein Appell deshalb an Werbetreibende: Seid dabei! Unterstützt Qualitätsjournalismus. Investiert. Damit wir auch in Zukunft in einer informierten, stabilen Gesellschaft leben können.

Übrigens: Studien, wie die der Ad Alliance oder von Visoon, zeigen, dass Werbung in journalistischen Werbeumfeldern wirkt und die Markenwahrnehmung steigern kann, auch in ernsten Themenbereichen. Die Sorge mancher Werbetreibenden vor negativen Abstrahleffekten von „Bad News“ auf die Wahrnehmung der Marke ist absolut unbegründet. Die Glaubwürdigkeit des Umfelds ist entscheidend. Konsumenten vertrauen klassischen Medien mehr als Social Media, das mit dem Problem von Fake News belastet ist – von der ohnehin geringen Aufmerksamkeitsspanne der Menschen auf solchen Kanälen mal ganz zu schweigen.

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