Emotion-AI – die künstliche emotionale Intelligenz

Roboter mit Emotionen können komplexe Aufgaben besser meistern. Davon sind Forscher überzeugt. Doch wie lernen Maschinen, Emotionen zu deuten, und welche Chancen öffnet Emotion-AI in der Businesswelt?

Emotion-AI – Maschinen und die Sache mit den Emotionen.
Bild: © Monopoly919 / Adobe Stock

Emotion-AI: Mensch-Maschine-Kommunikation 2.0

Kommunikation ist in unserer heutigen Welt mehr und mehr durch digitale Medien gefiltert. Statt im persönlichen Gespräch zu interagieren, versenden wir Chat-Nachrichten oder treffen uns per Video Call. Beim Shopping stöbern wir durch Online Shops; treten dabei Probleme auf, wenden wir uns an Chatbots. Nicht immer ist dieser Filter von Vorteil – nur allzu oft scheint die Kommunikation verzerrt, Fragen treffen auf Unverständnis und Frust macht sich breit.

Doch was wäre, wenn gerade die Technik, die uns die Kommunikation mitunter erschwert, dazu beitragen könnte, diese zu optimieren? Zukunfts- und Trendforscher zeigen sich optimistisch, dass Emotion-AI genau das künftig leisten wird.

Wie erkennt AI Emotionen?

Emotion-AI, oder auch Affective Computing, dient im Kern zur Erkennung von Emotionen durch künstliche Intelligenz. Maschinen mit einer solchen emotionalen Intelligenz verfügen über ein Verständnis nicht nur der kognitiven, sondern auch der emotiven Bahnen, in denen menschliche Kommunikation abläuft. Das befähigt sie, verbale wie nonverbale Signale zu erkennen, zu deuten und adäquat auf sie zu reagieren.

In der Forschung wird stark daran gearbeitet, Maschinen ein emotives Verständnis zu vermitteln. Relevant sind hierzu vor allem das Machine Learning und das Deep Learning. Um der Maschine Input zu geben, kommen hierbei Bilder und Spracherkennungssysteme zum Einsatz. Auf diese Weise lernen Maschinen etwa, ein Lächeln oder eine Änderung im Tonfall zu erkennen und diese einzuordnen: Ist es ein glückliches oder ein trauriges Lächeln? Macht es die aktuelle Situation besser oder schlechter als die vorangegangene? Darüber hinaus arbeiten Forscher aber auch mit Parametern wie der Hauttemperatur oder der Herzfrequenz. Praktisch ist das beispielsweise für die Entwicklung möglichst smarter Wearables.

Das enorme Potenzial von Emotion-AI

Emotionen haben einen enormen Einfluss auf unser Verhalten. Das zeigt sich auch und besonders bei der Customer Journey im Marketing. Verbinden Kunden mit einer Brand positive emotive Assoziationen, sind sie dieser gegenüber deutlich eher loyal, als wenn die geweckten Assoziationen distanziert oder gar negativ ausfallen. Wollen Brands die Customer Experience verbessern, braucht es deshalb ein System, dass nicht mit rein rationaler Intelligenz arbeitet, sondern außerdem in der Lage ist

  • aus jeder Interaktion zu lernen,
  • sowohl die kognitive wie auch die emotive Bahn der menschlichen Kommunikation zu verstehen,
  • Intentionen zu erfassen und
  • wörtlich gemeinte von nicht wörtlich gemeinten Äußerungen zu unterscheiden.

Kurz: Marketer brauchen Emotion-AI.

Emotion-AI am Beispiel Affectiva

Emotion-AI ist ein wertvolles Marketing-Tool mit enormem Potenzial dafür, die Kundenbeziehung zu optimieren. Ein Beispiel, wie das konkret aussehen kann, gibt das amerikanische Unternehmen Affectiva, das sich unter anderem auf den Bereich der Werbeforschung spezialisiert hat. Unter Zustimmung der User setzt die Brand Emotion-AI ein, um deren Reaktionen auf Ads aufzufangen und zu analysieren – und erhält so Einblicke, was beim User ankommt und was nicht.

Mit dieser Strategie lassen sich Online Ads bereits vor ihrer offiziellen Veröffentlichung testen und passgenau auf die Zielgruppe zuschneiden. Stehst du mit deiner Brand vor der Konzipierung einer neuen Ad-Kampagne und damit vor der Wahl zwischen verschiedenen Varianten, könnte dir Emotion-AI somit die Entscheidung künftig konkret datengestützt erleichtern.

Mögliche Einsatzbereiche von Emotion-AI

Abgesehen von einem Einsatz in der Werbeforschung gibt es vielfältige Möglichkeiten, wie Brands von den Entwicklungen im Bereich Emotion-AI profitieren können. Zum Beispiel:

  • Smarte Chatbots, die verschiedene Kundentypen, deren Verhalten sowie deren Handlungsmotivation erkennen, können die Kundenbeziehung nachhaltig stärken – etwa indem sie personalisierte Produktempfehlungen geben oder auf Fragen individuelle Antworten geben.
  • Smarte CCTV-Kameras befähigen Ladengeschäfte, Kundenreaktionen auf Produkte, Preise und dergleichen real-time zu erfassen. Dadurch lassen sich das Sortiment und die Preiskalkulation verbessern.
  • Über die Kameras von Computern, Smartphones oder Connected TVs besteht für Brands mittels Emotion-AI die Möglichkeit, Reaktionen auf bestimmten Content zu testen und dahingehend den Online-Auftritt anzupassen.

Emotion-AI braucht Transparenz

Immer mehr Menschen entwickeln ein waches Bewusstsein für den Datenschutz und die Online-Privatsphäre. Damit Emotion-AI funktioniert und nicht einen ihrer Intention gegenläufigen Effekt bewirkt, nämlich User zu verunsichern statt zu bestärken, sind eine klar kommunizierte digitale Ethik und Transparenz unerlässlich.

  • Welche Daten werden zu welchen Zwecken erhoben?
  • Wer hat Zugriff auf diese Daten?
  • Wo und wie lange werden Daten gespeichert?

Möchtest du mit deiner Brand den nächsten Schritt in Richtung digitale Zukunft gehen, ist es wichtig, diese Fragen im Blick zu behalten, deine Corporate Digital Responsibility unter Beweis zu stellen und den Dialog mit deinen Kunden nicht zu scheuen. So bist du gut aufgestellt, Usern das Vertrauen zu vermitteln, dass es für diesen Schritt braucht.

Emotion-AI – ab in die emotionale Zukunft

Wenn es um das Lesen und Verstehen von Emotionen geht, ist der Mensch der Maschine (noch) weit überlegen. Nichtsdestotrotz bietet Emotion-AI bereits jetzt Möglichkeiten, die User Experience zu personalisieren und auf diesem Wege die Kundenbeziehung zu stärken. Es ist absehbar, dass mit dem weiteren wissenschaftlichen Fortschritt die emotionale Intelligenz von Maschinen an Akkuratesse gewinnen wird.

Der technische Grundstein für diese Entwicklung ist gesetzt – nun ist genau zu beobachten, wie schnell Maschinen lernen, Empathie zu zeigen und so immer mehr zum integralen Bestandteil unserer Kommunikation und unseres Konsumverhaltens zu werden.