Alles Bullshit-Bingo? Die überschätztesten Trends 2019
Blockchain hier, KI da - zum Jahresende werden Marketer mit Prognosen zu Trends überhäuft, die im neuen Jahr wichtig werden. Angeblich.
Auf Konferenzen und im Unter-Vier-Gespräch zwischen Marketern und Agenturmanagern: Jedes Jahr werden neue Marketing-Strategien und -Technologien diskutiert. So lange, bis plötzlich jeder denkt, dass sie der Heilsbringer sind – und als Folge oftmals viel (zu viel) Geld in falsche Kanäle und Tools investiert. Die DMEXCO will euch davor bewahren und hat sich bei vier Marketern umgehört, welche Trends für das Jahr 2019 doch nur Bullshit-Bingo sind.
Beate Rosenthal, Global Director Digital & Media, P&G Health:
Plattform-Kritik nervt
“Die Kritik an der Plattform-Dominanz von Google und Facebook liegt voll im Trend und ist überwältigend präsent. Zu unrecht, wie ich finde: Wir sollten mehr von dem Silicon Valley-Optimismus in diese Diskussion bringen. Kritik ist nur dann zielführend, wenn sie zu eigenen Ideen anspornt, die Menschen so begeistern wie die Angebote von Google und Facebook, die Welt auf Ihre Art zu verbessern.”
Reines Geschichtenerzählen ist out
“Content Marketing an sich ist ein total überschätzter Trend. Zumindest wenn man es so begreift im Rahmen einer Story Telling-Strategie Content zu erfinden. Besser wäre es sich stärker auf Story Finding zu fokussieren. Dabei werden authentische Geschichten gefunden und erzählt.”
Maike Abel, Head of Media Communication Nestlé Deutschland AG:
Blockchain im Euphorie-Taumel
“In der Theorie kann Blockchain einen sehr großen Beitrag zur Steuerung von Sicherheits- und Transparenz Anforderungen auch im Bereich Media leisten. Wer sich näher mit dem Thema beschäftigt, stellt jedoch schnell fest, dass weder die heutige Rechnerleistung noch Serverkapazitäten auf eine Blockchain mit Mediaeinkaufs-Transaktionen ausgelegt sind. Gefühlt befindet sich der ganze Markt im euphorischen Test- und Lernprozess ohne dabei überzeugende Lösungen hervorzubringen. Daher ist meine Einschätzung, es wird noch mindestens drei bis fünf Jahre dauern, bis wir mit einer marktreifen Anwendung für Media rechnen können.”
Tim Alexander, Chief Marketing Officer für das Privat- und Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank:
A fool with a tool is still a fool – oder: IT ist nicht das Allheilmittel
“Zurecht haben Agenturen und Werbetreibende in den letzten Jahren technologisch massiv aufgerüstet. Dies war erforderlich, um mit dem digitalisierten Kunden und seinen Bedürfnissen Schritt zu halten. Die Fülle an Alt- und Neuapplikationen, die Unternehmen heute einsetzen, überblickt längst kein Mensch mehr. Viele davon werden auch nur im untersten Bereich der jeweiligen technischen Möglichkeiten genutzt. Dass die Technologisierung in gleicher Geschwindigkeit und Veränderungstiefe in 2019 weiter geht, ist ein überschätzter Trend. Sich über die Unternehmens- und Marketingziele klar zu werden und dafür die beste Aufstellung zu finden, hoffentlich ein neuer, denn die größte Innovation ist heute wie wir im Marketing zusammen arbeiten und unsere Mitarbeiter befähigen in der digitalen Transformation Schritt zu halten.”
Immer noch kein Durchbruch bei Künstlicher Intelligenz
“Gern würde ich in 2019 von kommerziell überzeugenden Ansätzen überrascht werden, um KI in Werbung und Marketing einzusetzen. Ohne Frage bleibt KI im nächsten Jahr ein relevanter Trend. Doch einen Durchbruch sehe ich leider auch in 2019 nicht. Obgleich uns Werbetreibende kommerziell überzeugende KI-Lösungen nach vorne bringen könnten: Zum Beispiel bei der Produktion von Werbemitteln, beim Targeting und vielen Fragen im Bereich der Marketing Automation und Kunden-Segmentierung.”
Kirsten Brückner, Director Marketing & PRMobile.de:
“Bei einigen Trends, wie zum Beispiel Blockchain, ist noch nicht ausreichend klar, ob dieses Thema für Marketing relevant werden wird. Und wenn ja: wie. Oder es gibt Themen, bei denen noch nicht absehbar ist, ob sie eine relevante und nachhaltige Größe haben werden – zum Beispiel Influencer Marketing. Ob das Thema überhyped sind, wird sich in 2019 entscheiden. Andere Trends müssen weiter an ihrer Exzellenz arbeiten, um maximalen Impact zu entwickeln. Zum Beispiel das Thema Voice, aber auch Value Creation durch die Nutzung von Daten zu nennen – die Personalisierung kann in vielen Bereichen noch deutlich gestärkt werden, um mehr Wert zu generieren.”
Fazit:
Es ist eigentlich ganz einfach: Trends um der Trends willen hinterherzurennen bringt nichts. Zunächst müssen sich Marketer einen Blick auf das große ganze verschaffen um die Strategie für 2019 festzulegen – und erst dann die entsprechenden Technologien und Strategien darauf aufsetzen. Auch bei Content Marketing und Influencer Marketing, die schon länger im Einsatz sind, gilt es den Wert fürs eigene Marketing zu überprüfen – nicht für jeden ergibt alles Sinn.