Progressive Web Apps: Wenn Web und App verschmelzen
Was ist besser: Native Apps oder eine Web App? Tatsächlich lautet die richtige Antwort: Progressive Web App.
Lange hielt sich die Diskussion unter Mobile Developern, ob nun Native Apps oder Web Apps die bessere Wahl für Unternehmen sind, um auf die Smartphones der Konsumenten zu kommen. Einen klaren Sieger gab es dabei nicht, denn beide Varianten bringen unterschiedliche Vor- und Nachteile mit sich.
Für Native Apps spricht vor allem der größere Funktionsumfang, denn diese Apps können auf alle freigegebenen Ressourcen des jeweiligen Smartphones zurückgreifen, also zum Beispiel auch auf die Kamera oder die verschiedenen Sensoren. Außerdem können Interaktionen auch dann stattfinden, wenn der Nutzer die App gerade nicht aktiv nutzt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Push-Benachrichtigungen für die App aktiviert sind und bleiben. Zunächst muss die Native App allerdings die wohl größte Hürde nehmen: Der Nutzer muss sie über den jeweiligen App-Store auf sein Gerät laden und anschließend auch verwenden.
Die Nachteile liegen im höheren Entwicklungsaufwand: Während Android-Apps überwiegend in Java geschrieben werden, setzt iOS auf Objective-C/Swift. Daher muss jede Native App für die verschiedenen mobilen Betriebssysteme separat entwickelt werden. Zwar gibt es eine Reihe von Tools, mit denen sich Apps für beide Welten entwickeln lassen, doch die basieren dann auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner und kommen nicht an Native Apps heran. Das gilt dann auch für neue Funktionen, die den Apps hinzugefügt werden sollen. Weiterer Entwicklungsaufwand entsteht durch die Updates von Android und iOS, auf die oft reagiert werden muss.
Dieser Aufwand besteht bei den Web Apps nicht, da sie als speziell programmierte HTML5-Website im Browser aufgerufen werden und daher plattformunabhängig funktionieren. Jedes Endgerät mit einem entsprechenden Browser kann die Web App nutzen, die die Inhalte auf das jeweilige Gerät optimiert ausgibt. Das funktioniert dann beispielsweise auch über einen Link, wodurch Web Apps über Suchmaschinen zugänglich sind. Dafür sind die Hardware-Ressourcen der Smartphones über eine Web App aus Sicherheitsgründen nur sehr eingeschränkt nutzbar, eben weil die Web-App direkt im Browser läuft. Die Web-Apps der ersten Generation benötigten außerdem eine Internetverbindung.
Das Beste aus beiden Welten: Progressive Web Apps
Progressive Web Apps (PWA) sind den bekannten HTML5-Web-Apps sehr ähnlich, haben aber deutlich mehr Zugriffsmöglichkeiten auf die Hardwarekomponenten. Sie können beispielsweise Push-Benachrichtigungen senden, die eingebaute Kamera und das Mikrofon nutzen sowie den Akkuladestand auslesen. Möglich machen das neue Entwicklungen in HTML5, CSS3 und JavaScript sowie besser auf die Standards angepasste Browser und leistungsfähigere Prozessoren in den Smartphones. Im Vergleich zu den Native Apps fehlt ihnen damit lediglich der Zugriff auf Daten in anderen Apps wie den Kalender oder die Kontakte. Zudem können via PWA keine Telefongespräche geführt werden.
Eine PWA lässt sich über die Optionen im Browser für den schnellen Zugriff auf den Homescreen ablegen. Anschließend sieht sie genauso aus wie eine Native App und lässt sich einfach über das App-Icon starten, ohne dafür den Browser bemühen zu müssen. So wird der hürdenreiche Umweg über die jeweiligen App Stores vermieden. Ganz nebenbei sparen sich die Nutzer auch die eher lästigen Updates, denn PWAs laden immer den aktuellen Entwicklungsstand. Das macht sich bei der Belegung des Speicherplatzes auf dem Smartphone bemerkbar: Pinterest belegt auf dem iPhone beispielsweise als Native App über 80 MB, als PWA gerade mal 150 KB.
Die Vorteile der PWAs auf einen Blick:
- eine Entwicklung für alle mobilen Plattformen
- keine Updates auf Seiten der Nutzer
- Umgehung der App Stores
- auffindbar über Suchmaschinen
- offlinefähig
- Interaktionen über Push-Benachrichtigungen
- Zugriff auf Hardware-Ressourcen
Beispiele für Progressive Web Apps
Auf der Website PWA.BAR ist ein Showroom für Progressive Web Apps eingerichtet. Hier einige Beispiele, die über ein Mobile Device aufgerufen direkt zur jeweiligen PWA führen:
- Alibaba
- Financial Times
- Forbes
- Instagram Lite
- Lancôme
- Lotto.de
- Starbucks
- Trivago
- Twitter Lite
- World of Bike
Fazit: Lohnt sich der Wechsel zu PWAs schon?
Den Progressive Web Apps wird von verschiedenen Seiten eine große Zukunft vorhergesagt. Besonders Google und Microsoft forcieren die Entwicklung der PWAs sehr stark. Doch ob sie wirklich irgendwann die Native Apps ablösen werden, muss sich erst noch zeigen. Apple beispielsweise unterstützt PWAs zwar im eigenen Safari-Browser, doch langfristig würden sie den monetär gut funktionierenden App Store überflüssig machen und ihren Walled Garden aufweichen.
Eine klare und generelle Handlungsempfehlung wäre derzeit noch verfrüht. Allerdings bieten sich PWAs schon jetzt als alternative Lösung für Marken an, die bisher die Investitionen in eine Native App gescheut haben. Interessant ist die technische Lösung sicher auch für kleinere Shopbetreiber: Was sich im E-Commerce im Bereich Progressive Web Apps gerade bewegt, zeigen wir noch ein einem gesonderten Artikel.