KI in der Bildung: Wo stehen unsere Schulen?
In der Welt der kreativen Köpfe und Marketingverantwortlichen gehört ChatGPT längst zum Daily Business. Doch wie sieht es an deutschen Schulen aus? Welche Chancen und Herausforderungen hält KI in der Bildung für Lehrer:innen und Schüler:innen bereit?
Warum fürchtet sich das Bildungswesen so sehr vor KI?
Künstliche Intelligenz hat bereits in vielen Bereichen unseres Alltags Einzug gehalten. In der Marketingwelt nutzen wir zum Beispiel ChatGPT mit Begeisterung für unterschiedlichste Zwecke. In anderen Branchen wird KI jedoch noch immer heiß (und kritisch!) diskutiert – allen voran im Bildungssektor. Verlernen unsere Kinder damit, selbstständig zu denken? Schreiben Schüler:innen ihre Hausaufgaben oder gar Prüfungen bald mit dem KI-Chatbot? Wie soll eine Leistungsbewertung erfolgen, wenn gar nicht überprüft werden kann, ob eingereichte Texte von den Lernenden selbst stammen? All diese Bedenken kursieren in der Gesellschaft, unter Eltern und genauso unter Bildungsverantwortlichen. Doch klar ist: Die Herausforderung liegt nicht in der Technologie selbst. Woran es hauptsächlich fehlt, sind passende und einheitliche Strategien zum Umgang mit den neuen Werkzeugen.
KI in der Bildung: Großes Potenzial für viele Aufgaben
Erst kürzlich fand in Köln die Bildungsmesse didacta (20. bis 24.02.2024) statt. Zur Eröffnung wies der didacta-Verband auf die aktuellen Brennpunkte in der Bildungsbranche hin – und betonte zugleich die großen Chancen, die sowohl die Digitalisierung als auch der KI-Einsatz an Schulen und Hochschulen bedeuteten.
Bis 2035 fehlen deutschlandweit 68.000 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen, gab im Frühjahr 2024 das Deutsche Schulportal bekannt – eine von der Robert Bosch Stiftung ins Leben gerufene und die größte deutschsprachige Online-Plattform im Bereich Schulentwicklung und Unterrichtsentwicklung.
Vor allem der sich zuspitzende Lehrkräftemangel stellt eine Schwierigkeit dar, die dringend angegangen werden muss. Doch ebenso die zu langsam voranschreitende Digitalisierung des Bildungswesens, damit einhergehende digitale Kompetenzrückstände im internationalen Vergleich sowie die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft sind Missstände, die in Deutschland noch immer bestehen. Hier müssen clevere Ideen her!
Schule der Zukunft: Digitale Bildung auf dem Vormarsch?
Schon heute stehen Grundschullehrer:innen vor Klassen mit durchschnittlich 25 Schüler:innen – und von ihnen beherrschen nicht alle die Unterrichtssprache Deutsch so sicher, dass sie in der Lage wären, den Unterrichtsinhalten zu folgen. Hinzukommen Kinder mit weiteren Förderbedarfen – und deutschlandweit zu wenig pädagogisch-didaktische Fachkräfte, die die Lehrer:innen zum Beispiel als Einzelfallhelfer:innen im Unterricht unterstützen könnten.
Was kann nun also eine KI wie ChatGPT für die Zukunft der Bildung hierzulande leisten? Ganz einfach: Sie kann in erster Linie für Entlastung sorgen!
Vor allem Lehrer:innen könnten das Tool zur Erstellung von Unterrichtsplänen, -materialien und Wissenstests nutzen – und so nicht nur Zeit sparen, sondern die Materialien auch stärker auf die individuellen Stärken und Schwächen der Lernenden anpassen. Auf diese Weise könnte zugleich der Herausforderung einer zunehmend heterogenen Schülerschaft begegnet werden.
Auf der anderen Seite würden die Schüler:innen von individuelleren Lernangeboten profitieren. Schon heute sind an vielen Schulen interaktive Lern-Apps etabliert, mit denen die Schüler:innen eigenständig Lerninhalte üben und vertiefen. Ob im Unterricht während Phasen individueller Freiarbeit oder zu Hause – die Apps führen Kinder bereits ab der ersten Klasse heran an eine sinnvolle Mediennutzung und eröffnen eine abwechslungsreiche, schüler:innenzentrierte Welt des Lernens. Ebenso könnte ChatGPT in den Unterricht eingebunden werden, um Lernende individualisierte Aufgaben lösen zu lassen, die ihnen wirklich Spaß machen.
Digitale Bildung mit KI – nur wie?
Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz empfiehlt einen geplanten Einsatz von KI in der Bildung. Dieser könnte zum Beispiel so aussehen, dass etwa Textgeneratoren wie ChatGPT im Unterricht ab Klassenstufe 8 genutzt werden. In den Jahren davor sollten die Lernenden die Grundlagenkompetenzen – also Lese-, Schreib- und digitale Kompetenzen – so weit erwerben, dass sie mit verschiedenen Tools verantwortungsbewusst und kritisch umzugehen wüssten. Denn: Was nicht nur wünschenswert, sondern unumgänglich ist, ist ein Zuwachs an digitalem Know-how. Für den Arbeitsmarkt des 21. Jahrhunderts spielt digitales Wissen eine zentrale Rolle.
KI in der Bildung als Zukunftschance
Expert:innen aus dem Bildungsbereich sind sich sicher: Sollen ChatGPT und KI in der Bildung erfolgreich zum Einsatz kommen, müssen Schüler:innen für deren Nutzung sensibilisiert werden. Aufgabenstellungen an die Lernenden sollten an die neuen Gegebenheiten angepasst werden – zum Beispiel könnte ChatGPT für einen Teil der Aufgaben genutzt werden, für einen anderen aber nicht. Damit würden sich wahrscheinlich alle Zweifel von selbst zerstreuen. Denn dann wäre klar:
ChatGPT und sonstige KI-gestützten Technologien können die Denkarbeit der Lernenden niemals ersetzen oder in Gänze übernehmen.
Und darum geht es auch gar nicht. Das Ziel sollte es vielmehr sein, vor neuen Technologien nicht die Augen zu verschließen, sondern sie sinnvoll zu nutzen. Dafür müssen in Bildungseinrichtungen nun vor allem Fortbildungen für Lehrkräfte, Veränderungsbereitschaft und der Mut zu digitalem Fortschritt Einzug halten.