Nachhaltige Start-ups: Klimaschutz und Business – kann das funktionieren?

Grün, grüner, Start-up. Immer mehr Unternehmen setzen auf Nachhaltigkeit. Doch wie lässt sich dieser Anspruch umsetzen, ohne die Ansprüche an ein prosperierendes Geschäft aufzugeben? Das verrät CHOOOSE Gründer Andreas Slettvoll im Interview.

SevenVentures CHOOOSE

Spätestens seit Greta Thunbergs “Skolstrejk för Klimatet” und den Demonstrationen von “Fridays for Future” ist der Kampf gegen den Klimawandel in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und so spielt auch für Unternehmen Nachhaltigkeit eine immer größer werdende Rolle. Und das hat gleich mehrere Gründe: Zum einen steigt der gesellschaftliche Druck, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Zum anderen ist es auf lange Sicht gesehen wirtschaftlich sinnvoll, in erneuerbare Energien zu investieren. Doch gerade große Unternehmen tun sich mit dem Umstieg schwer, denn Veränderungen bergen auch immer schwer kalkulierbare Risiken. Start-ups haben es da leichter. Für sie gibt es keine bestehenden Muster, die aufgebrochen werden müssen. Das Geschäftsmodell kann von Grund auf an die aktuellen Standards angepasst werden. Und diese können eben Nachhaltigkeitsprinzipien beinhalten.

Innovative Nachhaltigkeit trifft Unternehmensgeist

So hat sich ein komplett neuer Sektor am Markt entwickelt: Cleantech. Durch innovative Ideen und mit Unterstützung richtigen zeitgemäßen Technologie leisten diese Unternehmen ihren Beitrag um den Klimawandel zu verlangsamen, CO2-Emissionen zu verringern, Ozeane zu säubern oder Artenvielfalt zu erhalten. Ein prominentes Beispiel ist hier das Projekt “The Ocean Cleanup” des 25-jährigen Niederländers Boyan Slat. Auch die DMEXCO hat in diesem Jahr erstmalig ein Nachhaltigkeitsprojekt gestartet. Mit dem DMEXCO Forest soll ein Teil des CO2-Ausstoßes, der durch die Anreise internationaler Besucher und Aussteller nach Köln entstanden ist, kompensiert werden.

Einen Beitrag leisten um den Klimawandel zu verlangsamen. Das ist auch die Motivation hinter dem norwegischen Start-up “CHOOOSE”. Beim SevenVentures Pitch Day auf der DMEXCO 2019 kam das Unternehmen mit seiner Idee in die finale Runde. Andreas Slettvoll, Founder von CHOOOSE, hat uns einige Fragen beantwortet:

Was hat euch dazu angetrieben, diese Art von Unternehmen aufzubauen?

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung für die Menschheit und dennoch gab es in den letzten 30 Jahren im Nachhaltigkeit kaum Innovationen. Wir glauben, dass digitale Lösungen, die mit der realen CO2-Reduktion verbunden sind, eine exponentielle Wirkung haben können. Diese Wirkung wird durch Menschen und Unternehmen entfaltet , die zusammenkommen, um einen realen Beitrag zu leisten und nicht nur darüber sprechen.

CHOOOSE ist etwas Besonderes, weil wir den Status quo ändern. Wir praktizieren Transparenz statt fragwürdiger Preisgestaltung. Wir konzentrieren uns auf positive Lösungen und nicht auf Scham- und Schuldzuweisungen. Wir sind ein Technologieunternehmen, das professionelle Dienstleistungen anbietet, die effizient und einfach zu bedienen sind. Außerdem definieren wir den Umgang mit Kohlenstoff neu und hinterfragen die alte, philantropische Sichtweise auf den Markt mithilfe von Technologie und Positivität

Welche Gründe haben Verbraucher, sich für CHOOOSE zu entscheiden?

Wir alle können unseren Teil dazu beitragen, unseren CO2-Fußabdruck zu begrenzen. Aber egal, was du tust, du wirst immer noch einen erheblichen und unvermeidlichen Fußabdruck haben. Mit CHOOOSE übernimmst du dafür Verantwortung, indem du CO2-Reduktionen an anderen Orten der Welt finanzierst.

Und wie sieht das mit Unternehmen aus?

Unternehmen, die heute keine Maßnahmen ergreifen, werden in einigen Jahren für Verbraucher oder Arbeitnehmer nicht mehr relevant sein. Wir arbeiten mit börsennotierten Banken, einer Vielzahl von Modemarken, großen E-Commerce-Anbietern in Europa, Asien und den USA wie Food Delivery Services, Reiseveranstaltern und Lebensmittelplattformen zusammen. Sie alle haben unser nahtloses Plugin integriert, das es ihren Kunden ermöglicht, den CO2-Fußabdruck eines jeden Produkts überall auf der Welt zu erfassen. Für Unternehmen ist diese Plugin kostenlos, warum sollten sie also ihre Kunden nicht ebenfalls aktivieren, Maßnahmen zu ergreifen?

Welche Art von Projekten unterstützt CHOOOSE?

Bislang haben wir 25-30 grüne Projekte in Entwicklungsländern unterstützt. Der Hauptteil bezieht sich auf UN-verifizierte Projekte von höchstem Standard, die eine zusätzliche CO2-Reduktionswirkung nachweisen können. Das sind oft Produzenten von sauberer Energie aus Entwicklungsländern, welche von uns bereitgestellte finanzielle Unterstützung benötigen. Sie alle haben auch lokale Vorteile wie die Schaffung von Arbeitsplätzen, Zugang zu sauberem Wasser, bessere Infrastruktur, Zugang zu sauberer Energie in unterversorgten Gemeinden.

Außerdem testen wir zur Zeit im Rahmen weiterer Pilotprojekte verschiedene Möglichkeiten des atmosphärischen Kohlenstoffabbaus sowie eine ozeanbezogene Kohlenstoffspeicherung.

Welche Kriterien müssen Unternehmen erfüllen, um von CHOOOSE unterstützt zu werden?

Zusätzlich zu den Kriterien, die die Unternehmen für die UN-Zertifizierung erfüllen müssen, haben wir sehr strenge Kriterien für die Art der Verifikation, die Projekte nachweisen müssen. Denn das Letzte, was wir wollen, ist die Förderung eines Projekts, das die Unterstützung der CHOOOSE-Community weder benötigt noch verdient. Aus diesem Grund haben wir einige der weltweit führenden Wissenschaftler und Praktiker in einem unabhängigen Carbon Advisory Board versammelt, um sicherzustellen, dass wir immer die bestmöglichen Projekte mit bewährter Wirkung unterstützen.

Welche Möglichkeiten gibt es denn für mich als Abonnent, die Projekte die ich mit meinem Beitrag unterstützen möchte, auszuwählen?

Transparenz steht für uns an oberster Stelle: Alle Details der Projekte werden veröffentlicht. Leider ist eine solche Vorgehensweise nicht sehr verbreitet in der Welt des Kohlenstoffs. Wir wollen das ändern, so dass auch neue Funktionen auf den Markt kommen, die ein hohes Maß an persönlicher Flexibilität ermöglichen. Jeder soll Zugang zu einem übersichtlichen Portfolio an großartigen Projekten mit voller Transparenz über die zugrunde liegenden Preise, Auswirkungen und Dokumentationen bekommen.

Welche Ziele setzt ihr euch für die Zukunft?

CHOOOSE wird eine treibende Kraft sein, die es jedem ermöglicht, an der globalen CO2-Reduktion teilzuhaben. Wir bedienen derzeit Marken und Einzelpersonen in 70 Ländern – insgesamt an die 40.000 Personen – und unser Ziel für 2020 ist einfach: mindestens 1 Million Tonnen CO2 reduzieren.

Fazit

Start-ups wie CHOOOSE oder The Ocean Cleanup zeigen eindrucksvoll, welche Möglichkeiten sich eröffnen, wenn Unternehmensgeist auf die Motivation trifft, etwas Nachhaltiges zu schaffen. Durch neue Technologien wie CO2-Entnahmetechniken und einen gesellschaftlichen Wandel – hin zu umweltfreundlichen und nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen – sind Unternehmen zudem die Voraussetzungen für eine strukturelle Anpassung gegeben. Eine schrittweise Umstellung ermöglicht es somit auch etablierten Unternehmen, mit dem Tempo der Start-ups mitzuhalten.

Andreas Slettvoll CHOOOSE

Spannende Insights zum Thema Nachhaltigkeit im Business bietet außerdem das DMEXCO 19 Panel “We Care! How business and sustainability work together”. Mark Haviland (EVP Brand Development & Sustainability EMEA Rakuten), Bart Manuel (Co-Founder Dept) und Hannah Wickes (Chief Marketing Officer Ecosia) diskutieren die Möglichkeiten einer nachhaltige Unternehmensstruktur und -kultur.