Facebook bringt seinen YouTube-Konkurrenten in Stellung
Nach mäßigem Start soll „Facebook Watch“ nun wachsen. Lohnt es sich für Unternehmen, hier präsent zu sein?
Das Videoangebot „Facebook Watch“ soll vor allem YouTube Konkurrenz machen, aber auch ein bisschen Netflix. Bislang schien der Erfolg mäßig. Nun hat das Social Network erstmals konkrete Zahlen bekannt gegeben und dabei zugleich erklärt, wie es das Thema Video in den nächsten Monaten angehen will. Da stellt sich vor allem die Frage: Wie interessant ist Facebook als Plattform für die eigenen Videos und welche Rolle kann es im boomenden Markt der Video-Werbung spielen?
Facebook als Videoplattform
Angesichts eines so übermächtigen Konkurrenten wie YouTube scheint es zunächst beinahe unmöglich, eine weitere Videoplattform zu etablieren. Auf zwei Wegen soll das trotzdem gelingen. Zum einen investiert Facebook wohl geschätzte 1 bis 2 Milliarden US-Dollar in selbstproduzierte und eingekaufte Inhalte, wie Variety berichtet. Zum anderen möchte das Unternehmen Inhalteproduzenten anlocken, indem man sie wie bei YouTube an den Werbeeinnahmen beteiligt.
Abgrenzen will man sich von der Konkurrenz durch interaktive Funktionen und andere Social-Elemente. Ein Beispiel dafür ist die noch recht neue Funktion „Watch Party“, mit der sich Gruppen virtuell zusammenfinden, um ein Video anzuschauen und zu kommentieren. Dieses Vorgehen ergibt eine Menge Sinn, denn Googles YouTube wiederum tut sich eher schwer damit, die eigene Community zu fördern und auszubauen.
400 Millionen monatliche und 75 Millionen tägliche Nutzer hat Facebook gerade bekannt gegeben. Auf den ersten Blick klingt das gar nicht schlecht. Zum Vergleich: YouTube hat nach Angaben von Omnicore 1,9 Milliarden monatliche und 30 Millionen tägliche Nutzer. Allerdings zählt man bei Facebook bereits als Nutzer, wenn man innerhalb eines Monats insgesamt eine einzelne Minute Video angeschaut hat. Da liegt die Hürde also sehr gering, um in der Statistik aufzutauchen. Positiv: Die täglichen Nutzer verbringen im Schnitt mehr als 20 Minuten mit Videos. Wer es einmal für sich entdeckt hat, nutzt es also durchaus intensiv.
Nun gilt es vor allem ein Problem zu überwinden: Viele haben noch nie von Facebook Watch gehört. Ein Jahr nach Start gehörten dazu laut einer Befragung 50 Prozent der Facebook-Nutzer in den USA. Außerdem hat das Social Network erkannt, dass die Videoangebote auf der eigenen Plattform zu unterschiedlich sind. Über die nächsten Monate sollen sie deshalb alle ein ähnliches Erlebnis bieten.
Eine Schwäche von Facebook Watch gerade im Vergleich zu YouTube ist zudem die Kurzlebigkeit der Inhalte: Während YouTube oftmals als zweitgrößte Suchmaschine der Welt bezeichnet wird und natürlich auch in Googles Ergebnissen auftaucht, ist Facebook ein geschlossenes System. Auf Facebook wird ein Video deshalb vor allem die eigenen Follower und Fans erreichen. Auf YouTube hingegen können Inhalte über Monate und Jahre hinweg immer wieder neue Zuschauer gewinnen. Das sollten Unternehmen auch bei der Planung ihrer Inhalte im Hinterkopf behalten.
Facebook für Video-Werbung
Glaubt man der Berichterstattung rund um Facebook Watch, dann wird das Portal von der werbetreibenden Wirtschaft bislang eher ignoriert. Dem will Facebook natürlich entgegenwirken. Unter anderem sollen deshalb mehr Targeting-Optionen kommen, wie TechCrunch berichtet. Zugleich wird das „Ad Breaks“-Werbeprogramm für weitere Inhalteproduzenten geöffnet, das in Deutschland seit September verfügbar ist. Zusätzliche Einnahmen könnten für die Videoanbieter durch Sponsorings hereinkommen, die über den Brand Collabs Manager vermittelt werden. Stichwort: Influencer Marketing. Und mit „In-Stream Reserve“ platzieren Unternehmen ihre Werbung direkt in besonders hochwertigen Inhalten. Hier scheint sich also eine ganze Menge zu tun.
Fazit
Eines steht dabei fest: Facebook wird weiter aggressiv in den Bereich Video investieren. Schließlich hat Mark Zuckerberg es erst vor Kurzem als eines von drei wesentlichen Themen ausgerufen. Die anderen beiden sind Messaging und das Stories-Format.
Dass jüngere Nutzer bisweilen nicht mehr so viel mit Facebook anfangen können, muss das Unternehmen nicht unbedingt beunruhigen. Schließlich gehören auch Instagram und WhatsApp zum Konzern. Und die schlagen sich in der Hinsicht weiter bestens.
Alles in allem lässt sich festhalten: Facebook mag heute noch keine ernsthafte Konkurrenz für YouTube sein. Das aber kann sich in den nächsten Monaten und Jahren durchaus deutlich ändern. Für Unternehmen ist das eine spannende Chance. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie dabei beachten, dass Facebook vor allem durch seine sozialen und interaktiven Funktionen besticht. Video kann hier also ein weiteres Mittel sein, mit der eigenen Community zu interagieren.