Wie KI den Mittelstand zukunftsfähig macht
Eine DMEXCO Kolumne von Robin Heintze, Geschäftsführer morefire, über KI als Effizienzbooster für den Mittelstand.

KI im Faxgerät? Liebe Mittelständler, bitte nicht so.
Zunächst kann man nicht recht einschätzen: Böhmermannsche Satire oder tatsächlich eine Geschäftsidee? Ein deutscher Anbieter hat vor kurzem die KI fürs Faxgerät vorgestellt. Wer möchte, kann jetzt also eine Frage ausdrucken, sie per Fax an eine KI senden – und bekommt dann eine Antwort zurück. Willkommen in der digitalisierten Vergangenheit.
So kurios dieses Beispiel klingt – es offenbart ein echtes Problem: Viele Unternehmen im Mittelstand sind grundsätzlich offen für KI und neue Technologien. Doch statt alte Prozesse mutig zu hinterfragen, wird oft versucht, sie einfach mit einem digitalen Pflaster zu versehen. Das Ergebnis: Innovationen, die sich auf den ersten Blick modern anhören, aber im Kern das Alte konservieren – und dabei viel Potenzial verschenken.
Bitte nicht schneller faxen – sondern besser arbeiten
Das erinnert mich ein wenig an die Aussage von Henry Ford: „Wenn ich die Leute gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“
Es geht nicht darum, ineffiziente Prozesse mit KI zu beschleunigen. Sondern Wertschöpfung von Grund auf neu zu denken. Gerade der deutsche Mittelstand hat riesiges Potenzial, von Künstlicher Intelligenz zu profitieren. Und das völlig ohne Digitalisierungszirkus oder IT-Abteilung mit 20 Leuten.
Denn KI kann in vielen Bereichen sofort und pragmatisch unterstützen: bei der Erstellung von Angeboten, beim Kundenservice, bei der internen Kommunikation, im Marketing oder auch in der Personalabteilung. Nicht als vollständiger Ersatz menschlicher Arbeit – sondern als Assistenzsystem, das Zeit freischaufelt und Ressourcen entlastet.
Nehmen wir zum Beispiel den Agenturalltag bei morefire: Hier setzen wir KI schon seit Längerem ein, um Prozesse effizienter zu gestalten – sei es bei der Texterstellung, bei der Kampagnenoptimierung im Online-Marketing oder bei der internen Ideenfindung. Unsere Erfahrung: Die Tools sind ausgereift genug, um direkt produktiv zu sein – aber nur, wenn sie sinnvoll eingebunden werden. Nicht, wenn man sie auf Prozesse draufsetzt, die selbst längst überholt sind. Ich bin überzeugt: Das kann der Mittelstand auch!
KI im Mittelstand: Der echte Nutzen liegt in der Neugestaltung
Es geht nicht darum, jeden Hype mitzumachen.
Aber es wäre schade, wenn sich Unternehmen die echten Effizienzgewinne durch KI entgehen lassen – nur weil sie versuchen, bestehende Prozesse zu „digitalisieren“, anstatt sie neu zu denken. Denn die Wahrheit ist: Viele dieser Prozesse sind nicht heilig – sie sind nur gewohnt. Und genau hier liegt deine Chance. Wenn du heute beginnst, erste kleine, konkrete KI-Anwendungen in deinen Arbeitsalltag zu integrieren, gewinnst du nicht nur Zeit und Qualität – du machst dein Unternehmen auch zukunftssicherer.
KI ist kein Risiko – sondern eine Ressource
Natürlich ist es legitim, mit neuen Technologien vorsichtig umzugehen. Doch in vielen Fällen ist KI kein Risiko, sondern eine Ressource. Sie ist ein Werkzeug, das – richtig eingesetzt – dem Mittelstand die Möglichkeit gibt, auf Augenhöhe mit Konzernen und Start-ups zu agieren.
Was es dazu braucht? Kein Budget in Millionenhöhe. Kein neues ERP-System. Nur Offenheit, Neugier – und die Bereitschaft, echte Mehrwerte zu erkennen. Der Rest ergibt sich oft von selbst. Die Tools sind da. Die Use Cases sind da. Und die Effekte spürbar – von Tag eins an.
3 Beispiele, wie B2B-Unternehmen KI nutzen
#1 HubSpot – KI-gesteuertes Lead Scoring
HubSpot hat KI implementiert, um die Bewertung von Leads zu automatisieren und zu präzisieren. Anstatt sich auf manuelle Einschätzungen zu verlassen, analysiert das System eine Vielzahl von Datenpunkten, um die Wahrscheinlichkeit eines Abschlusses für jeden Lead zu prognostizieren. Dies ermöglicht Vertriebs- und Marketingteams, ihre Ressourcen auf die vielversprechendsten Kontakte zu konzentrieren, was die Effizienz erheblich steigert und die Konversionsraten verbessert. Der Nutzen liegt in einer optimierten Pipeline und einem schnelleren Wachstum durch gezieltere Ansprache.
#2 FullStory – Automatisierte Event-Zusammenfassungen
Georgianne Parker von FullStory nutzt KI, um automatisch prägnante Zusammenfassungen von Marketing-Events zu erstellen. Diese automatisierten Berichte werden direkt an das Vertriebsteam übermittelt, wodurch manuelle Nachbereitungen entfallen und die Vertriebsmitarbeiter:innen sofort über wichtige Erkenntnisse und Leads informiert sind. Dies beschleunigt den Informationsfluss zwischen Marketing und Vertrieb erheblich und stellt sicher, dass relevante Informationen schnell für Follow-ups genutzt werden können, was die Effektivität der Vertriebsaktivitäten steigert.
#3 Ingersoll Rand – Dynamische Content-Personalisierung
Ingersoll Rand setzt KI ein, um Inhalte auf ihrer Website dynamisch an die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Besucher:innen anzupassen. Basierend auf dem Verhalten und den Präferenzen der Nutzer:innen werden relevante Informationen und Angebote in Echtzeit personalisiert angezeigt. Dies verbessert die User Experience erheblich, da Besucher:innen genau die Inhalte erhalten, die für sie am relevantesten sind. Der Hauptnutzen ist eine höhere Engagement Rate, tiefere Interaktionen und eine stärkere Bindung der potenziellen Kund:innen, da sie sich verstanden und individuell angesprochen fühlen.
KI im Mittelstand: Weg vom Faxgerät – hin zum Fortschritt
Der deutsche Mittelstand war immer dann am stärksten, wenn er pragmatisch, effizient und offen war. Genau das braucht es jetzt wieder. Nicht KI im Faxgerät. Sondern kluge Entscheidungen für echte Verbesserungen. Für weniger Arbeit mit mehr Wirkung. Für Prozesse, die sich weiterentwickeln dürfen – und nicht nur eine digitale Maske aufgesetzt bekommen.
Du musst nicht alles neu machen. Aber du darfst einiges besser machen. Und dabei hilft KI – auch im Mittelstand – ganz ohne Fax.