Corporate Influencer:innen: Neue Rechtslage
Erfahre hier, welche Vorschriften dein Unternehmen und du als Corporate Influencer:in unbedingt beachten müssen.
Wo verläuft die Grenze zwischen beruflichem und privatem Leben?
Wenn Angestellte auf Social Media für ihr Unternehmen Werbung machen, bezeichnet man sie als Corporate Influencer:innen. Damit stärken sie die Online-Präsenz ihrer Firma. Das Besondere daran? Die engagierten Mitarbeitenden spielen die Business-Botschaften, -Infos und -News über ihren privaten Account aus – das wirkt enorm nahbar und authentisch. Diese Art des Marketings wirft jedoch einige Fragen auf, die vor allem rechtliche Relevanz besitzen: Müssen Posts von Corporate Influencer:innen als Werbung gekennzeichnet werden? Welche rechtlichen Aspekte gibt es im Spannungsfeld zwischen Privatem und Beruflichem zu beachten? Müssen dabei auch steuerliche Faktoren berücksichtigt werden? Und gibt es Best Cases für Corporate Influencing, von denen andere Unternehmen lernen können?
Wir haben uns mit Christina Kufer und Corinna Schneiderbauer von der Wirtschaftskanzlei SKW Schwarz unterhalten, was Corporate Influencer:innen auszeichnet.
Was genau sind Corporate Influencer:innen? Gibt es einige prominente Beispiele?
Corinna Schneiderbauer: Corporate Influencer:innen sind Mitarbeitende, die zu Markenbotschafter:innen ihrer Arbeitgeber:innen werden, indem sie über ihre Arbeit und das Unternehmen, in dem sie arbeiten, auf Social Media berichten. Sie ergänzen so die klassische Unternehmenskommunikation und helfen ihren Arbeitgeber:innen durch ihre Persönlichkeit, ihre Zielgruppen zu erreichen.
Eines der bekanntesten Programme im Corporate Influencer Marketing ist sicherlich „#werkstolz“ der Telekom. Unter diesem Hashtag posten Telekom-Mitarbeitende täglich in den sozialen Netzwerken über ihre Erfahrungen im Job.
Es gibt aber noch zahlreiche weitere Beispiele: IKEA startete im Jahr 2020 einen YouTube-Kanal, in dem Mitarbeiter:innen die tragende Rolle spielen. Daneben setzen unter anderem Otto, LV 1871, DATEV, Daimler und Microsoft auf Mitarbeiter:innen als Unternehmensbotschafter:innen. Microsoft hat dabei mit Magdalena Rogl einen richtigen Star des Corporate Influencing in den eigenen Reihen – mit mehr als 23.500 Follower:innen auf Twitter.
Wo liegt der Unterschied zwischen privaten Postings und dem Auftreten als Corporate Influencer:in?
Christina Kufer: Hier kommt es immer auf das einzelne Posting und die Ausgestaltung des jeweiligen Social-Media-Kanals an. Entscheidend ist, ob der Beitrag einen geschäftlichen Charakter hat. Posts von Mitarbeiter:innen, die in erster Linie darauf abzielen, den eigenen Arbeitgeber:innen einen Vorteil zu verschaffen, sind nicht mehr privat (unabhängig davon, ob es sich um ein geheimes oder ein öffentliches Profil handelt). Das wäre etwa der Fall, wenn man Produkte seines arbeitgebenden Unternehmens aktiv auf Instagram bewirbt, eine neue Stellenanzeige auf Twitter teilt oder im Rahmen eines offiziellen Corporate-Influencer:innen-Programms seiner Arbeitgeber:innen postet.
Anders sieht es aus, wenn man nur über eigene berufliche Erfolge oder Erlebnisse aus dem Arbeitsalltag berichtet. Dann haben Mitarbeiter:innen die Schwelle zum Corporate Influencing in der Regel noch nicht überschritten. Übrigens: Der oft gelesene Hinweis „Hier privat unterwegs“ nützt nichts – ein Post kann trotzdem geschäftlicher Natur sein.
Christina Kufer, LL.M. (LSE) ist Rechtsanwältin am Berliner Standort von SKW Schwarz und auf IP- und IT-Recht spezialisiert. Sie berät bei allen Themen rund um Marken, Designs und Urheberrechte sowie bei Fragestellungen im Wettbewerbsrecht und E-Commerce. Zudem ist sie Mitglied der SKW-Fokusgruppe „Branded Content und Influencer Marketing“.
Corinna Schneiderbauer ist Rechtsanwältin bei SKW Schwarz im Medien- und IT-Recht. Sie ist außerdem Teil der Fokusgruppe „Branded Content und Influencer Marketing“. Corinna Schneiderbauer berät Unternehmen vorwiegend zu sämtlichen Fragestellungen rund um Influencer und Online Marketing, E-Commerce und Wettbewerbsrecht.
Was sind typische Fehler von Unternehmen im Umgang mit Corporate Influencer:innen und welche Vermeidungsstrategien sind zu empfehlen?
Corinna Schneiderbauer: Den größten Fehler, den Unternehmen im Umgang mit Corporate Influencer:innen machen können, ist, untätig zu bleiben. Jedem Unternehmen muss heutzutage bewusst sein, dass, sobald Mitarbeiter:innen in sozialen Netzwerken aktiv sind und deren Unternehmenszugehörigkeit erkennbar ist, die Posts und Kommentare dieser Mitarbeiter:innen auch eine Auswirkung auf die eigene Markenwahrnehmung haben.
Auch Haftungsrisiken können sich für Unternehmen trotz Untätigkeit ergeben. Daher sollten Unternehmen unbedingt Corporate-Influencer:innen-Strategien entwickeln, die dabei helfen, die richtige Balance zwischen Steuerung der Corporate Influencer:innen und einem vertrauensvollen „Loslassen“ zu finden. Neben der Auswahl der Mitarbeiter:innen, der Wahl der richtigen Social-Media-Kanäle und der Erstellung von relevanten Inhalten ist vor allem Rechtssicherheit ein sehr wichtiges Thema. Hierzu empfiehlt es sich, Social Media Guidelines aufzusetzen und regelmäßig rechtliche Schulungen für Corporate Influencer:innen anzubieten, in denen Grundkenntnisse des Urheberrechts, Markenrechts, Datenschutzes und Wettbewerbsrechts vermittelt werden.
Worauf ist zu achten? Werden Verträge benötigt? Wie verhält es sich mit der Kennzeichnungspflicht und einem Impressum? Und wer haftet eigentlich bei Rechtsverstößen?
Christina Kufer: Bei Corporate Influencer:innen sind viele verschiedene rechtliche Themen zu beachten – vom Arbeitsrecht übers Wettbewerbsrecht bis zum Steuerrecht. Wir empfehlen Unternehmen, einen schriftlichen Zusatzvertrag mit Corporate Influencer:innen abzuschließen, in dem wichtige Punkte vorab geregelt werden. Hilfreich sind auch offizielle Corporate-Influencer:innen-Programme und interne Social Media Guidelines.
Die wettbewerbsrechtlichen Kennzeichnungspflichten gelten grundsätzlich auch für Corporate Influencer:innen. Der Zusatz #werbung ist aber nicht zwingend notwendig, häufig genügen auch deutliche Verweise auf die Arbeitgeber:innen. Ebenso müssen sich Corporate Influencer:innen an die Impressumspflicht halten, wenn ihr Account geschäftlich genutzt wird. Hier kann aber zum Beispiel auch die Unternehmensadresse angegeben werden.
Insbesondere bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht, zum Beispiel bei irreführender Werbung oder Herabsetzung von Mitbewerber:innen, haften grundsätzlich sowohl die Corporate Influencer:innen als auch die dahinterstehenden Unternehmen, und zwar selbst dann, wenn das Unternehmen seine Corporate Influencer:innen hinreichend instruiert hat.
Haben die Arbeitgeber:innen das Recht, die Profile ihrer Corporate Influencer:innen zu kontrollieren? Können sie auch vorschreiben, wie der Auftritt in den sozialen Netzwerken auszusehen hat?
Corinna Schneiderbauer: Arbeitgeber:innen dürfen keine anlasslose Kontrolle beziehungsweise Überwachung rein privater Accounts von Arbeitnehmer:innen vornehmen. Liegt ein konkreter Verdacht auf problematisches Verhalten eines oder einer Corporate Influencer:in vor, kann eine Kontrolle ausnahmsweise in sehr engen Grenzen zulässig sein. Über ihr Weisungsrecht können Arbeitgeber:innen zwar für die unternehmensbezogene Nutzung eines Social Media Accounts durchaus konkrete Inhalte für Posts vorgeben oder allgemeine Vorschriften machen (zum Beispiel in Social Media Guidelines oder Betriebsvereinbarungen). Hinsichtlich der privaten Nutzung von Social Media sind Corporate Influencer:innen jedoch weiterhin grundsätzlich frei. Arbeitgeber:innen können hier nur in Ausnahmefällen einschreiten, wenn es sich etwa um rufschädigendes Verhalten handelt oder Loyalitätspflichten verletzt werden.
Gibt es steuerliche Aspekte, die für Corporate Influencer:innen relevant sind?
Christina Kufer: Aus steuerlicher Sicht gelten grundsätzlich die gleichen Regeln wie für normale Influencer:innen. In erster Linie sind dabei die Freigrenzen zu beachten. Sofern die Einkünfte aus der Tätigkeit als Corporate Influencer:in einen bestimmten Betrag nicht übersteigen, sind die Einnahmen steuerfrei. Bei nebenberuflichen Tätigkeiten liegt die Freigrenze bei 410 Euro. Ab der Überschreitung eines Freibetrags von 24.500 Euro kann unter Umständen auch Gewerbesteuer anfallen. Bei Geschenken und Gratisprodukten gilt: Diese sind grundsätzlich ab einem Wert von 10 Euro zu versteuern, denn die Werbetätigkeit stellt eine Gegenleistung dar, sodass steuerrechtlich eine Sachzuwendung vorliegt.
Mehr erfährst du in unserem Guide zum Thema Corporate Influencer:innen.