5 Tipps, um den Design-Thinking-Prozess erfolgreich zu implementieren
In Teil 2 unserer Serie zum Design Thinking erfährst du, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um einen Design-Thinking-Prozess in der Produktentwicklung und im Vertrieb so zu implementieren, dass er sein volles Potenzial entfaltet.
Das solltest du bei der Implementierung des Design-Thinking-Prozesses beachten
Eine fest definierte Design-Thinking-Methode gibt es nicht. Vielmehr handelt es sich um einen Ansatz, der mit einem ganzen Arsenal an Tools und Maßnahmen praktisch zur Umsetzung gelangen kann. Er bietet als Framework die Struktur, die mit verschiedensten kreativen und analytischen Verfahren gefüllt werden kann.
Zentrale Elemente sind dabei stets Multiperspektivität und Nutzerzentriertheit. Um diese Voraussetzungen zu garantieren, solltest du vorab folgende 5 Tipps beherzigen:
#1 Überzeugung statt Zwang
Um Design Thinking zu verstehen und als Ansatz bis zur letzten Konsequenz zu implementieren, müssen Unternehmen einen tiefgreifenden Wandel und Umbruch vollziehen – eine 360-Grad-Erneuerung ihrer internen Strukturen und Workflows. Damit sich der Design-Thinking-Ansatz als angewandte Kreativmethode in einem Unternehmen etablieren kann, ist es deshalb essenziell, dass die Veränderung von sämtlichen Mitarbeitern und dem Management akzeptiert und gewollt ist. Die Implementierung eines Design-Thinking-Prozesses erfordert Überzeugungskraft auf allen Ebenen des Unternehmens, der Prozess darf nicht gegen Widerstände oktroyiert werden.
#2 Abteilungsgrenzen einreißen
Design Thinking ist kein Rezept, um die Zusammenarbeit momentan schlecht kooperierender Teams zu harmonisieren. Vielmehr erfordert es flexible Formen der Zusammenarbeit von Mitarbeitern verschiedenster Teams und Abteilungen, um Innovationsprozesse anzustoßen und möglichst viele verschiedene interdisziplinäre Ansätze zu erhalten. Dafür braucht es Freiraum. Finden bereits agile Frameworks wie Scrum oder Lean Startup Anwendung, lässt sich Design Thinking mit diesen verzahnen.
#3 Fehlerkultur etablieren
Fehler können nicht nur passieren, sondern sie sind als fester Bestandteil im iterativen Prozess des Design Thinking gewollt. Voraussetzung dafür ist eine offene Fehlerkultur team- und unternehmensintern. Die Fragen nach technischer und finanzieller Machbarkeit, Tragfähigkeit und Rentabilität müssen gerade in einer frühen Phase des Design-Thinking-Prozesses völlig irrelevant sein und ausgeblendet werden dürfen. Es geht lediglich darum, erste Lösungsansätze zu liefern, völlig frei jedweder Wertung.
#4 Strukturen für Nutzerzentriertheit schaffen
Design Thinking ist ein nutzerzentrierter Ansatz. Berührungspunkte mit tatsächlichen Nutzern gilt es also in so großer Zahl wie möglich zu schaffen und diese Beziehungen dauerhaft zu pflegen, sodass auch eine direkte Einbindung von Nutzern in den Design-Thinking-Prozess jederzeit möglich ist. Gegebenenfalls müssen dementsprechende Strukturen aufgebaut und etabliert werden.
#5 Räume schaffen
Prof. Ulrich Weinberg ist Leiter der School of Design Thinking des Hasso-Plattner-Instituts. In einem informativen Videobeitrag zum Thema „Design Thinking im Unternehmen einführen“ erklärt er, wie der erfolgreiche Implementierungsprozess des Design-Thinking-Ansatzes typischerweise abläuft. Demnach empfiehlt es sich, zunächst einen geschützten Raum und einen festen zeitlichen Rahmen zu schaffen, in dem sich ein Projektteam treffen und die neue Methode ohne Druck von Außenstehenden im Sinne eines kleinen, agilen Projekts experimentell erproben kann. Erfahrungsgemäß würde sich der Ansatz schnell etablieren, aufgrund guter Resultate verselbstständigen und schließlich auf andere Abteilungen ausdehnen.
„Da entstehen neue Ideen, es ist eine andere Räumlichkeit, man fokussiert sich auf Kollaboration, auf Teamarbeit. Die Mitarbeiter, die da durchlaufen, die nicht ein Teil dieser Gruppe waren, die sind in der Regel so angefixt, die finden das so toll, mal anders zu arbeiten, anders zu denken, dass sich das ausdehnt.”
Design-Thinking-Prozesse im Vertrieb: Herausforderungen und Möglichkeiten
„Die Bedürfnisse des Kunden in den Mittelpunkt stellen“, „vom Kunden aus denken“ – das ist im Vertrieb nun wirklich ein alter Hut. Doch genau diese Vorhaben lassen sich mit den Methoden, die momentan zum Grundkanon des Vertrieblers zählen, immer schwieriger realisieren. Grund dafür ist zum einen, dass der Markt immer komplexer und die Kundenbedürfnisse immer differenzierter werden. Zum anderen wird Innovation zunehmend schwieriger, denn irgendwie hat alles doch schon einmal irgendjemand gemacht.
Angewandtes Design Thinking in der Produktentwicklung beansprucht für sich, von den Wünschen und der Sichtweise der Kunden auszugehen. Doch oft beklagen Vertriebler, dass trotz enger Verzahnung der Produktentwicklung mit dem Vertrieb zentrale Elemente des Vertriebsprozesses nicht gebührend im Design-Thinking-Prozess berücksichtigt würden. Bereits zu Beginn der Produktentwicklungsphase sind aber folgende Fragen relevant:
- Über welche Vertriebskanäle soll das Produkt letztendlich zum Kunden gelangen?
- In welcher Weise können wir mit diesem Produkt ehemalige Kunden zurückgewinnen?
- Wie und in welchen Aspekten kann das Produkt zur Kundenbindung beitragen?
- Wie wählen wir potenzielle Kunden aus und wie wollen wir sie überzeugen?
Sie erst zu adressieren, wenn das fertige Produkt „auf dem Tisch liegt“, ist zu kurz gegriffen und zeugt nicht von kundenorientiertem Denken.
So befruchten sich der Vertriebs- und Design-Thinking-Prozess
Das zentrale Problem besteht darin, dass sich Vertrieb und Ergebnisse des Design Thinking gegenseitig bedingen. Die damit einhergehende Chance: Bei Einbeziehung sämtlicher vertrieblicher Fragestellungen ergibt sich bereits zu Beginn des Design-Thinking-Prozesses eine gegenseitige Befruchtung, die zu besseren Ergebnissen führt. Das Wissen des Vertriebs ist essenziell, um eine umfassende Sicht auf und Verständnis für die Bedürfnisse des Kunden zu erlangen, die Ergebnisse des Design Thinking sind andererseits essenziell, um im Vertriebsprozess das Potenzial des zu entwickelnden Produkts zu eruieren und die späteren Absatzchancen zu maximieren.
Produktentwicklung und Vertrieb gemeinsam müssen in diesem Sinn bereits während des Entwicklungsprozesses den Kunden strategisch entwickeln, das heißt zielgerichtet einen Bedarf für das spätere Produkt schaffen. Dass vonseiten der potenziellen Kunden dabei ständig Anregungen aufzugreifen und direkt in den Entwicklungsprozess einzubinden sind, versteht sich von selbst.
Flexibilität ist Trumpf …
Vertriebsprozesse müssen folglich von Beginn bis zum Launch eines Produkts integraler Bestandteil des Design Thinking sein. Gleichzeitig müssen die vertriebliche Organisationsstruktur und Arbeitsweise so flexibel sein, dass Kundenfeedback jederzeit als Input die Produktentwicklung erreicht. Die Vertriebsstrategie wiederum muss so flexibel sein, dass sie in der Lage ist, bei Kunden Bedarf für künftige Entwicklungen zu schaffen. Dies ist nur durch ein hohes Maß an Agilität im Sinne von Agile Sales realisierbar.
Design-Thinking-Prozesse in der Produktentwicklung: Customer Centricity und Freiraum
Design Thinking ist ein Kreativprozess, an dessen Ende kein verkaufsfertiges Produkt steht. Er ist also in diesem Sinne keine Methode für die Produktentwicklung. Dennoch fordert der Ansatz nicht nur am Beginn, sondern auch während des gesamten Entwicklungsprozesses die Nutzerperspektive ins Zentrum zu stellen und so Anregungen für eine optimale UX zu erhalten.
Welche konkrete Methoden im Laufe der verschiedenen Design-Thinking-Phasen genutzt werden, ist variabel. Nur das Ziel ist klar definiert: Eine radikale Nutzerzentriertheit erfordert, sich der Perspektive und des Urteils so vieler Nutzer wie möglich möglichst ungefiltert prozessbegleitend gewahr zu sein.
Design-Thinking-Prozess: Durch radikales Umdenken zum Erfolg
In letzter Konsequenz erfordert die Anwendung von Design Thinking somit ein radikales Umdenken in der Entwicklungskultur: Der Ablauf verlangt bereits in einem relativ frühen Stadium die Erstellung von Prototypen. Diese sollen ermöglichen, schnell, kosteneffizient und aus erster Hand am Produkt zu lernen. Dies erfordert von der Unternehmensführung eine Öffnung hin zu einer Kultur des Experimentierens und Probierens.
Fehler sind im Prozess ein wichtiges und notwendiges Element. Aus ihnen sind im Rahmen einer offenen und direkten Fehlerkultur schnell die richtigen Schlüsse zu ziehen und entsprechende Änderungen vorzunehmen. Dies erfordert schnelle und direkte Entscheidungswege, agile Prozesse, eine interne Kultur des Vertrauens und einen offenen Umgang mit Fehlern.
Ausblick: Zahlt sich die Implementierung des Design-Thinking-Prozesses aus?
Agiles Arbeiten, dynamische Startups und innovative Digitalunternehmen sorgen dafür, dass selbst konservative Großkonzerne und etablierte KMUs sich öffnen und fieberhaft nach kreativen Mitteln und Wegen suchen, um ihre Zielgruppen zu erreichen, bestehende Kunden zu binden und neue Kunden zu gewinnen. Design Thinking ist hierfür ein besonders beliebter Ansatz, wie erfolgreiche Anwendungsbeispiele verdeutlichen.
Im dritten Teil unserer Trilogie zum Thema Design Thinking lernst du deshalb Use Cases kennen, wie Unternehmen von der Implementierung des Design-Thinking-Prozesses profitiert haben. In Teil 1 hatten wir zuvor wir die Aktualität des Ansatzes auf den Prüfstand gestellt und verbreitete Fehlauffassungen des Konzepts unter die Lupe genommen.
Alle drei Teile der Trilogie zum Thema „Design Thinking“ zuzüglich vier verschiedener Use Cases und zahlreicher zusätzlicher Informationen und Insights findest du hier als kompaktes E-Book kostenfrei zum Download.