Wie Wearables auf die Kundenbindung einzahlen

Bei Mini-Geräten geht es um die Interaktion mit dem Produkt. Christian Stammel zeigt den Mehrwert fürs Marketing.

Wie Wearables auf die Kundenbindung einzahlen

Interview mit Christian Stammel, CEO Wearable Technologies:

 

 

Der globale Wearable-Markt soll laut einer Prognose von Gartner in diesem Jahr um 26 Prozent wachsen, angeführt von Smartwatches. Geht die Ära des Smartphones dem Ende zu?

Ein solches Statement ist mir heute noch zu hart. Die Funktionen des Smartphones werden allerdings immer mehr auch auf andere Geräten übertragen. Daher könnten die smarten Devices nach und nach die Smartphones ersetzen – bis dahin sind es aber sicherlich noch mehr als fünf Jahre hin.

 

Was können Wearables besser als Smartphones?

Es ist keine normale menschliche Handlung, dass wir das Smartphone im Schnitt gut 150 mal pro Tag aus der Tasche ziehen. Die Wearables hingegen sind – wie zum Beispiel eine Uhr – natürlich am Körper angebracht, und sie erfüllen einfache Funktionen wie die Benachrichtigung bei einem Anruf oder Email sowie die Messung von Herzfrequenz und anderen Körperfunktionen. Um also zu sehen, ob ich eine Email oder eine Whatsapp-Nachricht erhalten habe, muss ich nicht erst mein Handy hervorziehen. Das wird Standard werden: So wie heute jedes Smartphone GPS integriert hat, wird die Uhr am Handgelenk smart sein. Jährlich werden mehr als eine Milliarden Uhren verkauft – davon haben mehr als 50 Prozent das Potential auf lange Sicht smart zu werden, was heißt, dass diese mehr können als nur die Uhrzeit anzeigen.

 

Bei der Diskussion um Wearables dreht es sich meist um Uhren. Was ist mit den ganzen interaktiven Perücken oder Gürteln – ist das nur ein Gag?

Es konzentriert sich keineswegs nur auf die Uhr. Es gibt viele verschiedene smarte Applikationen in Gegenständen des Alltags. Viele davon sind heute noch nicht im Massenmarkt angekommen. Der Mensch war die letzten Jahre zunächst mit dem Smartphone selbst genug beschäftigt, um dieses entsprechend zu bedienen. Heute ist er aber bereit weitere Geräte mit seinem Smartphone zu verbinden. Durch das Aufkommen des Internet of Things und immer mehr intelligent vernetzten Geräten ist nun sein Interesse geweckt, und auch die notwendige Interoperabilität vorhanden. Darüber entsteht allmählich ein Konsumentenmarkt, in dem wir bald verschiedenste Geräte sehen werden. Im Healthcare-Bereich gibt es schon einige smarte Produkte wie zum Beispiel das intelligente Pflaster – auch Smart Patch genannt. Mit diesen Produkten messen heute Diabetiker kontinuierlich den Blutzuckerspiegel oder in anderen Anwendungen eignen sich Patches zu Langzeit EKG-Messung.

Christian Stammel, CEO Wearable Technologies
Christian Stammel, CEO Wearable Technologies

Wie lassen sich diese smarten Produkte fürs Marketing nutzen?

Location Based Marketing Services auf der Uhr eignen sich gut fürs Marketing, werden allerdings nicht plötzlich zum großen Hype. Viel Potenzial liegt meines Erachtens in den Technologien der Wearables selbst – angefangen beim RF Chipset. Über das Smartphone oder die Smart Watch wird für Händler der digitale Point of Sale erweitert: Sie können mit Konsumenten in Kontakt treten und Interaktionen auslösen. Dort ist jede Menge Platz für Werbemöglichkeiten.

 

Gibt es dafür ein Beispiel?

Ein gutes Beispiel liefert sicherlich die Bekleidungsindustrie. Wenn man in Kleidung einen Tag einarbeitet, und darüber Informationen zur Marke, des Kleidungsstücks und der Garantieabwicklung liefert, können Unternehmen die Bandbreite eines Produkts erheblich erweitern. Und völlig neue Services anbieten.

 

Muss sich jede Branche auf den Wearable-Trend einstellen? Oder gibt es welche, die mehr, und welche, die weniger dafür prädestiniert sind?

Im Hinblick auf die Generation Z – und damit der künftig wichtigsten Konsumentengruppe – wird es schwer werden, nur Produkte anzubieten, die keine Interaktion ermöglichen. Es wird ganz normal werden, das wir bei einem Produkt, das wir eben erworben haben, über einen Tag Informationen abrufen können – und diesen Tag dann in der Cloud abspeichern. So bleiben wir mit der Brand weiterhin in Kontakt – und sie mit uns. Auf ganz einfache Weise findet so mehr Interaktion statt, auch nach dem Kauf. Dort wartet für Unternehmen ein großes noch nicht ausgeschöpftes Potenzial, das nichts mit klassischem Marketing zu tun hat.

 

Fazit:

Mit den smarten Mini-Geräten wird auch das Marketing smart: Anstatt dem User Werbebotschaften als L´Art pour l´Art zu präsentieren, wird es Bestandteil der Wertschöpfung. Künftig wird Marketing immer mehr zum Service, indem User über Tags Zusatzinformationen abrufen und mit dem Händler direkt kommunizieren können. Das zahlt vor allem auf langfristige Kundenbeziehungen ein. Wer es schafft, an die Technologien der Wearables sinnvoll anzuknüpfen, der wird einen großen Vorteil im Wettbewerb gewinnen.