Werbung & Nachhaltigkeit: Wie sustainable ist die Branche wirklich?
Green Marketing ist der Trend der letzten Jahre. Marken und Unternehmen präsentieren sich als nachhaltig und umweltbewusst. Doch wie ökologisch sind Brands und ihr Marketing tatsächlich und was können Unternehmen tun, um grüner zu werben?
Nachhaltige Werbung: Werbetreibende in der Verantwortung
Ob Packaging oder Werbeplakat – viele Unternehmen haben in den letzten Jahren das Thema Nachhaltigkeit umfangreich umgesetzt. Zumindest was die Oberfläche betrifft. Wie ernst es Unternehmen mit der Nachhaltigkeit bei ihren internen Strukturen nehmen, wird auch von Kund:innenseite häufig in Frage gestellt mit der oftmaligen Folge: Empörung über sogenanntes „Green Washing“. Doch selbst Unternehmen, die für eine nachhaltige Produktion und einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen bekannt sind, stehen vor der Herausforderung, das eigene Marketing so ökologisch wie möglich zu gestalten. Denn sowohl Print als auch Digital Advertising verbrauchen wertvolle Ressourcen wie Energie und Rohstoffe.
Laut einer aktuellen Umfrage der internationalen Data und Analytics Group YouGov wünschen sich 57 Prozent der Deutschen, dass Werbung mehr Verantwortung übernimmt.
Weltweit ist Advertising für 5 bis 6 Prozent der CO2-Emmissionen verantwortlich. Während Print-Marketing in Form von Werbeplakaten, Prospekten und Flyern jede Menge Papier verbraucht, sind auch digitale Marketing-Strategien nicht durchweg ressourcenschonender. Anbieter digitaler Außenwerbung setzen mittlerweile zwar oftmals auf energiesparende LED und Ökostrom. Dennoch kommt es auf die Datenübertragung sowie den Energieverbrauch bei der Ausspielung an. Durch die derzeitige Energiekrise sieht zumindest die Bundesregierung Deutschlands Außenwerbung als energieverschwendendes Werbemittel an. Seit dem 1. September 2022 bis voraussichtlich 1. März 2023 schreibt die Energiesparverordnung eine Nutzungseinschränkung beleuchteter Werbeanzeigen von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages vor. Eine Leuchtwerbung, die bei Dämmerung und Dunkelheit nicht leuchtet, bedeutet für Werbetreibende eine regelrechte Katastrophe.
Was können Unternehmen tun, um eine nachhaltigere Werbung umzusetzen?
Viele Unternehmen setzen innerhalb ihrer Marketing-Strategie bereits auf digitale Werbemaßnahmen. Lebensmittelanbieter digitalisieren ihre Angebote und verzichten auf Prospekte; statt auf Plakatwände setzen Brands auf DOOH-Kampagnen. Dennoch reicht das Umstellen auf reines Digital-Marketing nicht aus, um eine klimaneutrale Kampagne aufzustellen. Vielmehr müssen sich Unternehmen bewusst machen, welche Umwelteinflüsse einzelne Marketing-Maßnahmen mit sich bringen. Das können Brands tun, um ein verbessertes nachhaltiges Marketing zu etablieren:
#1 CO2-Footprint messen – aber so genau wie möglich!
Wie klimafreundlich ist die eigene Werbekampagne tatsächlich? Das Thema Werbung und Nachhaltigkeit wurde auch auf der DMEXCO 2022 heiß diskutiert. Unternehmen wie beispielsweise der Stromanbieter LICHTBLICK oder der Anbieter digitaler Mediaplattform TEADS analysieren den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen ihrer Werbemaßnahmen, um unter anderem die Menge an produziertem CO2 zu erfassen und diese entsprechend zu kompensieren. So hat LICHTBLICK nicht nur Daten aus Anzeigen und Medien erhoben, sondern die gesamte Medienwertschöpfungskette analysiert. Um jedoch den vollen Umfang des realen CO2-Fußabdruckes zu erfassen, müssten viele einzelne Faktoren genauer analysiert werden. Einer der größten Einflüsse liegt beim Medium selbst.
„Was wir […] gelernt haben, war, dass die digitale Datenübertragung einen großen Einfluss hat. Es macht wirklich einen großen Unterschied, wenn Nutzer die Anzeige zu Hause über WLAN erhalten, verglichen mit dem Empfang unterwegs mit mobilen Daten auf ihrem Smartphone“, weiß Ann-Christin Lehmann, Head of Performance Marketing bei LICHTBLICK.
Den CO2-Verbrauch der eigenen Werbekampagne so genau wie möglich zu erfassen, um besonders ressourcenverbrauchende Faktoren auszumachen und hinsichtlich ihrer Klimaneutralität zu optimieren, gehört zu den wichtigsten To-dos von Unternehmen, wenn sie sich ökologisch grüner aufstellen möchten. Bei der Entwicklung von Standards bezüglich der CO2-Bilanzierung gibt es bisher noch jede Menge Verbesserungspotenzial. Das dürfte sich in den nächsten Jahren jedoch ändern.
#2 Video-Content: Energiefresser mit Optimierungspotenzial
Auf Streaming-Portalen, Social Media oder Websites: Video-Content boomt und findet bei Online-User:innen hohen Anklang. Doch gerade Videos haben einen hohen Daten- und damit größeren CO2-Verbrauch. Durch die Beliebtheit von Video-Content steigt der Energieverbrauch von Servern und Rechenzentren von Jahr zu Jahr an. Um klimaneutraler zu werben, sollten Unternehmen die Umsetzung und den Einsatz von Video-Content innerhalb ihrer Werbekampagne überdenken.
„Machen Sie ein sechs-sekündiges Video anstelle eines zwanzig-sekündigen. Der Carbon-Footprint ist dreimal geringer, aber der Werbeeffekt nimmt nur wenig ab. Wenn Sie die Aufmerksamkeit als Maß nehmen, gibt es in vielen Kampagnen überhaupt keinen Kompromiss, da das 20-Sekunden-Video nicht mehr Aufmerksamkeit erzeugt“, schlägt Pablo Galiana, Global Industry Director bei TEADS, vor.
Besonders auf Social Media-Plattformen werden kurze Videos gerne angenommen und geteilt. Wer als Unternehmen auf einen geringeren CO2-Abdruck setzen möchte, sollte die Länge der eigenen Werbevideos im Blick behalten oder sogar weniger auf bewegten Content, sondern auf ausdrucksstarke Bildwerbung setzen.
Zudem haben Unternehmen die Möglichkeit, Server bei klimaneutralen Rechenzentren zu buchen: Bei sogenanntem Green Hosting werden Rechenzentren mit grüner Energie aus nachhaltigen Quellen betrieben.
#3 Green Marketing = Responsible Marketing
Geht es um Werbung und Nachhaltigkeit, sind Verbraucher:innen aktuell weitaus sensibilisierter: Die Energiekrise, der Klimawandel und die Inflation beschäftigen die Gesellschaft. Eine aktuelle Studie zu „Nachhaltigkeit im Online Marketing“ der Integral Ad Science (IAS) stellt fest, dass das Bewusstsein von Konsument:innen für die Klimakrise einen neuen Höchststand erreicht hat und von Marken erwarten wird, sich für Umweltbelange einzusetzen. Gleichzeitig herrscht eine große Skepsis gegenüber der Ernsthaftigkeit von Marken, die sich als klimafreundlich bezeichnen. So seien 65 Prozent der deutschen Verbraucher:innen bereits einmal auf Online-Inhalte gestoßen, die Fehlinformationen über den Klimawandel oder zum Thema Nachhaltigkeit enthielten.
Für Unternehmen und Brands bedeutet dies: Es ist höchste Zeit, eine deutliche und wahrhaftige Nachhaltigkeitskommunikation zu etablieren. Welche ökologischen Maßnahmen werden umgesetzt? Welche Aspekte machen die eigenen Werbemaßnahmen besonders klimafreundlich? Welche konkreten Klimaziele möchte das Unternehmen in Zukunft umsetzen? Wer der Zielgruppe gegenüber authentisch auftritt und nicht nur die Stärke, sondern auch die Schwächen der eigenen Nachhaltigkeitsstrategie transparent kommuniziert, stößt bei Verbraucher:innen auf offene Ohren und schärft zudem das Bewusstsein für das wichtige Thema Nachhaltigkeit.
Werbung & Nachhaltigkeit: Tu Gutes und sprich darüber
Eine nachhaltige(re) Werbestrategie umzusetzen, ist die eine Sache. Eine ganz andere ist es, diese möglichst transparent an Verbraucher:innen weiterzugeben. Unternehmen müssen sich der Eigenverantwortung für Umwelt und Gesellschaft stellen und der Erwartungen, die Kund:innen an Unternehmen stellen, bewusst sein. Denn langfristig geht es auch beim Thema Marketing nicht nur um die Kompensation des CO2-Abdrucks, sondern darum, diesen von vornherein zu vermeiden.