Omnichannel Commerce: Ein Kunde – viele Wege

Die sinnvolle Verzahnung unterschiedlicher Vertriebswege im E-Commerce schafft zufriedene Kunden und neue Potenziale für Händler.

Omnichannel Commerce: Ein Kunde – viele Wege

Einzelhändler, die Omnichannel Commerce erfolgreich in ihre E-Commerce-Strategie implementiert haben, können sich dadurch nicht nur von ihrer Konkurrenz unterscheiden, sondern verschaffen sich durch die Nutzung der Filialbestände einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber reinen Onlineshops.

Der Online-Handel wächst stetig und erfreut sich an jährlichen Wachstumsraten von über zehn Prozent. Veränderte Kundenansprüche führen dazu, dass auch der stationäre Handel mehr und mehr online verkauft. Die zentrale Herausforderung für viele Händler: Wie gelingt die Balance zwischen Online- und stationärem Handel. Schließlich möchte man die alten Vertriebsstrukturen nicht zerstören, sondern sinnvoll ergänzen. Viele Handelsunternehmen setzen zwar verschiedene Kanäle parallel ein, verknüpfen diese allerdings nicht. Das bedeutet für den Kunden, dass er nicht kanalübergreifend agieren kann. Entspricht das (noch) den heutigen Erwartungen eines Kunden? Eindeutig: Nein.

Omnichannel Services oftmals noch dürftig

In der aktuellen EHI-Studie “Omnichannel-Commerce 2018” gaben von den Top-1000 befragten Online-Shops in Deutschland 274 an, ein Omnichannel-Konzept zu verfolgen. Im Gegensatz zum Cross-Channel, bei dem der Käufer kanalübergreifend agieren kann, schafft Omnichannel Commerce zusätzlich noch den Anreiz, dass jederzeit über alle Vertriebswege hinweg auf das gesamte Angebot und entsprechende Dienste zugegriffen werden kann. Eine Omnichannel-Strategie basiert auf der Idee, dass ein nahtloses Einkaufserlebnis in stationären Geschäften sowie über eine Vielzahl digitaler Kanäle gewährleistet wird. Der Kunde kann unabhängig vom jeweiligen Kanal einkaufen. Das steigert zum einen das Kauferlebnis, gleichzeitig die Kundenzufriedenheit insgesamt.

Die Services, die durch Omnichannel-Konzepte möglich werden, sind vielfältig und reichen von “online bestellen und im Geschäft abholen” (Click & Collect) bis hin zur Bestellung im Geschäft (Instore-Online-Shopping), die dann nach Hause geschickt wird.

Erstaunlich ist, dass die Verbreitung der entsprechenden Dienste noch sehr gering ist. Nur Click & Collect ist bei 250 der 274 Omnichannel-Shops im Angebot, allerdings gilt das nur für das Bezahlen online. Das Serviceangebot mit kombinierter Bezahlung in der Filiale bieten 152 Shops ihren Kunden an. Die Möglichkeit, eine Onlineshop-Bestellung beispielsweise via Mitarbeiter-Tablet durchzuführen, hat sich erst bei 41 der 274 Händlern durchgesetzt. Hier herrscht also noch kräftig Nachholbedarf beim Thema Omnichannel Commerce.

Gabor zeigt, wie es funktionieren kann

Das Familienunternehmen Gabor Schuhe hat mit seiner Omnichannel-Struktur eine Lösung geschaffen, die sowohl die bestehenden stationären Händler bestmöglich integriert und sich gleichzeitig gegen die Online-Pure-Player wie Zalando und Co. behaupten kann.

Der Hersteller für Damenschuhe wollte dem Endverbraucher einen besonderen, kanalübergreifenden Service bieten, und hat sich für einen “Marktplatz-Omnichannel-Ansatz” auf Magento-Commerce-Basis entschieden.

Über den Marktplatz-Ansatz verfolgt Gabor dabei eine konsequente “Händler-First” Strategie, bei der Online-Bestellungen über Algorithmen postwendend zum nächstgelegenen Händler geschickt werden. Der Kunde kann dort seine Ware anprobieren, physisch begutachten, und natürlich auch zurückgeben. Ist ein Produkt nicht über einen Händler erhältlich, erfolgt ein Versand aus dem Gabor Zentrallager.

Dieser Ansatz unterstützt den nach wie vor sehr beliebten stationären Handel, der ohne eigene IT-Investments zusätzliche Umsätze generieren kann. “Diese Strategie erhöht zwar die Komplexität gegenüber einem herkömmlichen Online-Shop, bietet uns aber auch viele Vorteile”, so Dr. Markus Reheis, Global Head of Marketing bei Gabor. Durch die dezentralen Lagerbestände der Händler steht dem Endverbraucher hiermit das größtmögliche Gabor-Produktangebot zur Verfügung. Mit Erfolg: Durch die Einbindung der Händler konnte Gabor Online und Offline zusammenführen. Bis Ende 2018 sollen knapp 400 Filialen an den Marktplatz angeschlossen sein.

Auch im Laden muss das Erlebnis stimmen

Auch im Instore-Bereich macht sich Gabor gedanken und stattet Händler sukzessive mit Terminals aus, die Zugriff auf das gesamte Gabor-Sortiment bieten und die Verfügbarkeit in der Filiale sowie im Zentrallager abfragen. Der Kunde profitiert so von der größtmöglichen Flexibilität des Händlers gepaart mit einer gezielten Beratung. Doch nicht überall überzeugt das Erlebnis im Laden. Das Kundenerlebnis in den Geschäften ist eine Schwachstelle vieler Händler. Obwohl der stationäre Handel derzeit im Aufwind ist und wieder an Bedeutung gewinnt, geht die Zufriedenheit der Konsumenten mit dem Erlebnis im Laden zurück. Laut dem “Global Consumer Insights Survey 2018” von PwC sind nur knapp über 50 Prozent der deutschen Verbraucher der Meinung, dass das Verkaufspersonal ein ausreichendes Wissen über das Sortiment mitbringt.

Fazit

Die unterschiedlichen Kanäle müssen zu einer einheitlichen Strategie zusammengeführt werden – digitale und physische Kommunikation sollten sich ergänzen und ein einheitliches Kundenerlebnis schaffen. Beratung und Service müssen offline und online Qualität und Mehrwerte für die eigenen Kunden bereithalten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der gesamtheitlichen Betrachtung der Vertriebskanäle. Damit Kunden ein langfristiges Kaufinteresse an einer Marke oder einem Produkt entwickeln, braucht es ein Konzept, welches ein konsistentes Einkaufserlebnis (Customer Experience) garantiert.