Login-Allianzen: Das Potenzial von Verimi und Net-ID
Einfacher Zugang für die Kunden - Bessere Daten für die beteiligten Unternehmen
Sie wollen eigentlich beide das Gleiche und haben doch nicht zusammengefunden: Deutschen Nutzern das Merken und Eintippen von Passwörtern ersparen, sich selbst die vielen wertvollen Daten über das Verhalten ihrer Nutzer im Internet sichern. Für Unternehmen ist das ein Schritt in die richtige Richtung.
Seit Oktober ist mit der Net-ID die zweite der beiden deutschen Login-Allianzen am Start. Der gehören vor allem Player aus der Fernsehlandschaft sowie aus der Digital- und Werbewirtschaft an, unter anderem die RTL-Gruppe, ProSiebenSat1, außerdem mit Zalando und Otto zwei Schwergewichte der E-Commerce-Welt sowie Ströer Digital Media und IQ Digital auf Vermarkterseite – und United Internet. Insbesondere Letztere bringen mit ihren mehr als 30 Millionen Web.de- und GMX-Accounts vom Start weg eine breite Kundenbasis mit, die ohne größeren Aufwand mit den bestehenden E-Mail-Passwörtern den Dienst nutzen kann. Die Idee dahinter ist einfach: Wer einmal einen solchen Account hat, kann sich wie mit einem Generalschlüssel mit denselben Daten bei Dutzenden Partnern einloggen.
Gut 60 Partner-Websites waren zum Start dabei, in den nächsten Monaten sollen weitere Partner hinzukommen. „Net-ID schafft so ein System, das schrittweise die gesamte digitale Wertschöpfungskette sowohl für die Nutzer als auch für die Partner abbildet“, erklärt Sven Bornemann, Vorstandsvorsitzender der European Net-ID Foundation. Jeder Partner werde damit über seine Nutzerschaft zur Bekanntheit und Verbreitung von Net-ID beitragen. „Die Rechtsform als Stiftung erleichtert zudem die Aufnahme von Unternehmen, die im Wettbewerb miteinander stehen“, erklärt Jan Oetjen, Vorsitzender des Stiftungsrats der Net ID Foundation.
Alternativer Ansatz bei Verimi
Als virtueller Generalschlüssel will auch Verimi gelten, der Zusammenschluss, der im April gestartet ist und hinter dem unter anderem die Allianz, die Deutsche Telekom, die Deutsche Bank und Axel Springer stehen, seit einigen Wochen auch Volkswagen und die Bahn. Anders als bei Net-ID muss der Nutzer sich hier erst einmal anmelden, um den Dienst zu nutzen, kann damit aber beispielsweise dann seine Bankgeschäfte bei der Deutschen Bank erledigen oder seine Daten bei der Telekom einbinden. Dirk Backofen, Chef der Telekom Security, erklärt, man wolle „mit der Entscheidung für die Teilnahme an Verimi die sichere digitale Identität unter dem Schutz des strengen deutschen Datenschutzes vorantreiben“. Insgesamt liegt bei Verimi der Fokus mehr auf sicherheitsrelevanten Anwendungen, weniger auf Medienanwendungen und Onlinewerbung. Potenzial und Ausrichtung von Verimi und Net-ID liegen also etwas anders.
Beide Systeme werben damit, dass Kunden die Hoheit über ihre Daten behalten sollen und nur das teilen müssen, was sie auch wirklich wollen und was das nutzende Portal benötigt. Ein offener Standard im Sinne von Transparenz des Codes sind beide indes nicht, allenfalls offen darin, dass Partner sich dem anschließen dürfen und sollen. Der Nutzer kann auch nur im Rahmen der Vorgaben des jeweiligen Unternehmens, bei dem er sich einloggen will, entscheiden, welche Daten er für sich behält und welche Teile seines Datensatzes er teilt. Immerhin dürfte hier das Gebot der Datensparsamkeit der DSGVO dafür sorgen, dass Kunden nicht mehr preisgeben als nötig.
Warum die zwei deutschen Login-Allianzen nicht zueinander finden konnten, mag keiner so recht sagen, offenbar waren die Geschäftsmodelle und Wünsche der Teilnehmer zu unterschiedlich, wie man hört. Gemeinsam haben sie aber immerhin den Wunsch, den amerikanischen Wettbewerbern Google und Facebook, die für zahlreiche Sites die vereinfachte Zugangskontrolle regeln, Paroli zu bieten.
Fazit: Einfacheres Einloggen bringt mehr verwertbare Daten
Und das könnte gelingen, weshalb man weitere Unternehmen der Digitalwirtschaft nur dazu ermutigen kann, einen der neuen Standards in die eigene Authentifizierung zu implementieren. Insbesondere die Gelegenheit eines anstehenden Relaunch-Prozesses sollten Unternehmen nutzen, um auf eines der Systeme zu setzen. Sie vereinfachen nicht nur ihren Kunden den Zugang, sondern sorgen gleichzeitig auch dafür, dass diese ihnen mehr Daten zur Verfügung stellen und häufiger eingeloggt sind. Dieses Mehr an Daten wird wiederum dazu beitragen, dass Unternehmen ihre Nutzer besser kennen und zielgerichteter personalisiert mit Empfehlungen und Werbung bedienen können – ein Privileg, das sich in den letzten Monaten und Jahren immer mehr die großen US-Konzerne gesichert haben.
Datenschutzbedenken müssen übrigens weder die Kunden noch die teilnehmenden Unternehmen haben: Die Authentifizierung der Kunden erfolgt zentral und pseudonym, bis der Kunde die benötigten persönlichen Daten (Adresse, Telefonnummer, etc.) freigibt. Doch auch wenn zwei deutsche Systeme besser als gar keines sind, bleibt das Henne-Ei-Problem: Nur wenn es ausreichend Teilnehmer gibt, werden sich Mitstreiter in der Wirtschaft finden – und nur wenn genügend Unternehmen dabei sind, ist das ein Anreiz für den Kunden. Damit die Bekanntheit in der Bevölkerung zunimmt, plant die Net-ID-Foundation eine große Werbekampagne mit der geballten Medienmacht und den nötigen Werbeplätzen der teilnehmenden Konzerne RTL, ProSiebenSat1 und United Internet.