Fünf Trends im Mobilfunkmarkt
Es gibt einige Themen, an denen man in diesem Jahr in Barcelona nicht vorbeikommt. Welche das sind und was sie für die Internetwirtschaft bedeuten.
Eigentlich sollte man meinen, dass sich das Wettrüsten in der Smartphone-Welt inzwischen verlangsamt hat. Doch schaut man sich die Produkte der großen Mobilfunkhersteller an, wird klar, dass es immer noch eine Stufe größer, schneller und leistungsfähiger geht. Hier findest du die fünf wichtigsten Trends für den diesjährigen Mobile World Congress (MWC), der Ende Februar in Barcelona stattfindet.
Die Entwicklungen rund um 5G werden alles überschatten
Der neue Mobilfunkstandard 5G wirft seine Schatten voraus, auch wenn es noch einige Jahre dauern wird, bis daraus ein flächendeckendes Netz wird. Während in Deutschland noch nicht einmal die Frequenzen versteigert sind, werden in Barcelona bereits die ersten mobilen Geräte gezeigt, die den schnellen Mobilfunkstandard unterstützen. Breiten Raum – wenn auch natürlich nicht für den Endkunden bestimmt – werden auf der Konferenz auch Infrastrukturthemen einnehmen, also Wissenstransfer und die Vorstellung von Equipment für den anstehenden Netzausbau. Insbesondere IoT-Anbieter ringen derzeit noch um die Ausgestaltung der Standards in verschiedenen Märkten.
Bis 5G sein wirkliches Potenzial ausschöpfen kann, werden noch einige Jahre vergehen: Laut dem aktuellen Gartner Report zum Thema 5G werden bis 2023 zwar immerhin 90 Prozent der Bevölkerung in den USA und Kanada auf ein ausreichendes 5G-Netz setzen können, in Westeuropa rechnet man mit dieser Ausbaustufe allerdings erst 2026. Noch skeptischer ist der Ericsson Mobility Report, der prognostiziert, dass hierzulande wohl auch 2023 gerade einmal rund 30 Prozent der Kunden 5G nutzen können. Da die Frequenzen sehr kurzwellig sind, geht die hohe Geschwindigkeit mit einer extrem niedrigen Reichweite einher – ein Aufwand, den die Mobilfunkprovider auch im dicht besiedelten Deutschland nur gemeinsam stemmen können. Andererseits ist 5G die Grundlage für eine Vielzahl von Marketingdiensten im Kontext des Internet of Things (IoT). Insbesondere im Automobilbereich werden wir in den kommenden Jahren eine Vielzahl von Mehrwertdiensten sehen, die auf zuverlässigem 5G-Netz aufbauen werden, etwa im Bereich der Smart Cities (beispielsweise Parkraumbewirtschaftung oder Verkehrsprognosen).
Künstliche Intelligenz zur verbesserten Spracherkennung
Künstliche Intelligenz kommt auch in die Mittelklasse: Bisher waren KI-Elemente nur etwas für die Flaggschiffe unter den Smartphones. Doch das könnte sich jetzt ändern. Denn zum diesjährigen Mobile World Congress werden Mittelklasse-SoC’s (Prozessoren, System-on-a-chip) erwartet. Dabei kommt künstliche Intelligenz vor allem bei der Bildverarbeitung und der Voice Search zum Einsatz. Solche KI-Funktionen können beispielsweise dazu beitragen, dass Smartphones die stimmlichen und sprachlichen Eigenheiten ihres Besitzers zunehmend besser deuten und diesen im wahrsten Sinne des Wortes besser verstehen. Sven Lubek, Managing Director von Mobile-Advertising-Spezialisten WeQ Global Tech, ist allerdings noch zurückhaltend in der Einschätzung des Potenzials: „Zum aktuellen Zeitpunkt glaube ich noch nicht, dass künstliche Intelligenz das Tippen und Wischen auf dem Smartphone-Screen ablösen wird – Voice Search etwa stößt bei komplexeren Fragestellungen noch an Grenzen. Dennoch betrachten wir Voice als zusätzliche Chance für die App-Entwicklung und beobachten den Markt sehr genau.“
Auch in der Bilderkennung können KI-Elemente beispielsweise im Augmented-Reality- und Virtual-Reality-Umfeld zum Einsatz kommen. Die Response-Zeiten werden dadurch kürzer, weil einige der Daten, die bisher aus dem Gerät in die Cloud und zurück übertragen werden mussten, jetzt gleich mit Hilfe von KI-Funktionen im Smartphone oder Tablet selbst erledigt werden kann. Auch die Erkennung und Zuordnung von bestimmten Personen lässt sich so in Zukunft mit Bordmitteln erledigen.
Mehr Durchhaltevermögen durch bessere Akkutechnologien
Ein Ärgernis bei Smartphones stellt immer noch die Akkulaufzeit dar. Angesichts immer stärkerer Hardware, einem Wettrüsten in Sachen Kameras und größerer, lichtstarker Displays wird es für die Hersteller immer schwerer, kompakte Geräte mit ausreichend langer Akkulaufzeit zu bauen. Die Lösung, Geräte mit einem 18.000 mAh starken Akku zu verbauen, wie dies der französische Hersteller Avenir Telecom mit seinem Energizer Power Max P18K auf dem MWC vorstellt, sind nicht jedermanns Sache, zumal der Hersteller noch nicht die Maße und das Gewicht des Geräts verrät. Schlauer ist es da schon, mit Hilfe von Machine Learning das Nutzungsverhalten zu studieren, um gegebenenfalls in den richtigen Momenten Akkuleistung einzusparen. Hieran arbeiten nicht nur diverse Hersteller, sondern auch Technologieunternehmen als Dienstleister.
Bildschirm: Jetzt kommen die Falt-Displays
Die Bildschirme werden weiterhin immer größer und reichen dabei immer weiter an den Rand des Smartphones heran. Infinity-Display ist hier das Zauberwort, das dazu beitragen soll, dass selbst Geräte mit mehr als 6 Zoll Bildschirmgröße noch einigermaßen komfortabel in einer Hand liegen sollen. Den Video-Netzwerken und Anbietern im Bereich der Videowerbung kann das nur recht sein – denn die Folge ist ein größeres und plastischeres Erlebnis für den Nutzer dank größerer Bildschirme und höherer Auflösungen. Und da das den Herstellern offenbar immer noch nicht reicht, werden wir aller Voraussicht nach auch Smartphones mit faltbarem Display in Barcelona zu sehen bekommen. Bereits im vergangenen November hat Samsung auf einer Entwicklerkonferenz das Galaxy X oder F (wie Fold) gezeigt, das zusammengeklappt nicht größer als ein gewöhnliches Smartphone sein wird, sich aber auf stolze 7,3 Zoll Displaygröße ausklappen lässt. Ob das Gerät in Barcelona dabei ist, verrät Samsung noch nicht. Auch der chinesische Hersteller Xiaomi – immerhin die Nummer 4 weltweit – wird möglicherweise ein Gerät mit faltbarem Display im Gepäck haben, das als Gerücht bereits seit einigen Wochen gehandelt wird.
Audio: Die Wiederentdeckung des Klangs
Nach mehreren Jahren, in denen vor allem die Kameras immer leistungsfähiger wurden und den Lautsprechern im Gegenzug immer weniger Platz zugestanden wurde, sehen wir einen Gegentrend: Es wird wieder mehr Wert auf Audiotechnologie gelegt. Dabei trumpfen die neuen Mobiltelefone wieder mit besserem Klang auf – ein Trend, den wir bereits 2018 auf verschiedenen Technologiemessen sehen konnten. Insbesondere Sony als Erfinder des Walkman und LG setzen hier in der Audiotechnologie neue Maßstäbe, indem sie beispielsweise eine Verbesserung des Klangs von komprimierten Verfahren wie MP3 mit Hilfe von Echtzeit-Umrechnung anstreben oder voluminöseren Klang ermöglichen. Neu ist auch der gänzliche Verzicht auf einen herkömmlichen Lautsprecher zu Gunsten eines piezoelektrischen Lautsprechers, der das Display zum Vibrieren bringt und den Ton auf diese Weise zeugt. Sowohl Samsung als auch Xiaomi arbeiten an dieser Technologie. Die Beschäftigung mit Lautsprechern kommt den Produzenten von Podcasts ebenso entgegen wie den Anbietern von Streaming-Diensten und von Audiowerbung, die in kürzlich veröffentlichten Studien deutliche längere Nutzungszeiten für Audio-Angebote ausgemacht haben.
Fazit: An 5G führt nichts vorbei
So wie zur letztjährigen DMEXCO kaum ein Gespräch ohne das Thema KI auskam, wird man in Barcelona wohl nirgendwo um das Thema 5G herumkommen. Doch ähnlich weit wie KI-Anwendungen von ihrer Marktreife weg sind, wird es auch noch einige Jahre dauern, bis 5G überall State of the Art ist. Doch gerade hardwaretechnisch haben die Mobilfunkhersteller auch noch einige andere Baustellen – denn sowohl bei den Displays als auch bei Kameras und Lautsprechern wird das Wettrüsten weitergehen. Den Kunden kann es freuen – er wird Technik, die noch vor Kurzem den Spitzenmodellen vorbehalten waren, nun auch in der bezahlbaren Mittelklasse vorfinden.