Agenturen 2023: OMG – Was für eine Zeit!

Agenturen stehen 2023 vor grundlegenden Disruptionen: Neue Technologien, gesellschaftliche Veränderungen und Budgetkürzungen. Und doch: Die Zeiten sind zwar schwierig, aber auch voller Potenziale.

Chancen und Risiken: Agenturen werden 2023 vor großen Herausforderungen stehen.
Bild: © Ant Rozetsky / unsplash.com

Herausforderungen und Potenziale für Agenturen 2023

„What a time to have an agency?!“ lautete der Titel des Agenturgipfels auf der DMEXCO 2022 im September in Köln. Stefanie Tannrath (CEO Universal McCann), Kristian Meinken (Managing Director Pilot Hamburg), Esther Busch (Managing Partner Mediaplus Group), Anke Herbener (CEO TWT Digital Group), Christian Wilkens (CDO MediaCom) und Verena Gründel (Member of Editorial Board W&V) diskutierten dabei über die Zukunft von Agenturen. Auffallend dabei: Agenturen stehen vor mitunter recht großen Herausforderungen. Gleichzeitig ist es aber ebenso, wie der Titel schon verrät, eine wunderbare Zeit für Agenturen.

Wir haben uns daher einmal genau angesehen, was diese Herausforderungen ausmacht, wie diese zu lösen sind und worin die Chancen bestehen.

Agenturen 2023: Fachkräftemangel

Lange wurde gewarnt. Lange wurden diese Warnungen in den Wind geschossen. Doch es ist inzwischen kaum mehr zu leugnen: Es ist aktuell so schwierig wie nie zuvor, passendes und kompetentes Personal zu rekrutieren.

„29 Prozent der Befragten gaben an, dass die Neubesetzung einer ausgeschriebenen Stelle durchschnittlich drei bis sechs Monate dauert. Sieben Prozent benötigen mehr als ein halbes Jahr und sechs Prozent der Unternehmen können offene Stellen gar nicht mehr besetzen. Nur 22 Prozent finden innerhalb von zwei Monaten geeignetes Personal“,

so das Ergebnis unserer Trendumfrage im März 2022.

Was bedeutet der Fachkräftemangel für Agenturen?

Zum einen wird sich die Personalrekrutierung weiterhin spezialisieren müssen: Innovationen, neue Methoden oder auch neue Orte, an denen Agenturen ihre Mitarbeiter:innen suchen, müssen den neuen Umständen angepasst werden.

Agenturen müssen zudem als Arbeitsplatz interessant bleiben. Egal, ob es dabei um die Bezahlung, das Arbeitsumfeld oder die Bedingungen geht. Hier gilt es für Agenturen, modern und flexibel zu bleiben. Agile Prozesse helfen dabei, sind jedoch gerade bei größeren Agenturen nicht immer leicht zu implementieren.

Aber auch die Demografie wird die Agenturwelt zwangsläufig verändern: Agenturen sollten sich dringend um die Generation der sogenannte Silver Ager bemühen, also Personen im Alter von über 50 Jahren. Dies hat jedoch Folgen für Bezahlung, Umfeld und Arbeitsbedingungen. Es greift eben alles ineinander und beeinflusst sich wechselseitig.

Agenturen 2023: Purpose – Die Sinnsuche

Purpose und der Sinn einer Arbeit werden 2023 weiter an Bedeutung gewinnen. Dieser Megatrend wird an Agenturen nicht vorbeigehen. Eher im Gegenteil: Agenturen mit traditionell eher jüngerer Belegschaft werden noch wesentlich stärker herausstellen müssen, warum sie wie und mit welchen Kunden zusammenarbeiten.

Purpose: Die Herausforderung steckt im Detail

Allein schon Purpose im Konsens zu definieren, ist in der Praxis fast ausgeschlossen. Agenturen sind Dienstleister. Das werden sie auch bleiben. Inwiefern sich Agenturen ihre Auftraggeber aussuchen können, hängt natürlich von der jeweiligen Auftragslage ab. Eine Spezialisierung würde dabei helfen, das eigene Profil zu schärfen. Große Player können sich erlauben, Aufträge abzulehnen. Aber Full-Service ist eben Full-Service. Kleinere Agenturen wiederum können leichter ein scharfes Profil aufsetzen, sind aber auf Aufträge angewiesen. Diese Herausforderung wird sich 2023 weiter zuspitzen.

Agenturen 2023: Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist eines der wichtigsten Buzzwords unserer Zeit. Eines, das – wie Purpose – nur schwer mit konkreten Inhalten zu füllen ist. Klar ist aber: Die Zeichen der Zeit weisen eindeutig in Richtung Nachhaltigkeit. Damit gemeint sind auf jeden Fall ökologische Aspekte. In der Konsequenz wird der Weg in die Klimaneutralität Agenturen definitiv beschäftigen. Umweltfreundliche Technologien stehen da auf der einen Seite. Aber der Begriff „Nachhaltigkeit“ beinhaltet auch kapitalismuskritische Aspekte, die ebenfalls in den New-Work-Idealen zu finden sind. Eine klimaneutrale Gesellschaft wird sehr wahrscheinlich nicht unter den marktüblichen Wachstumskriterien funktionieren. Das wird sich genauso auf das Personal auswirken.

 

Nachhaltigkeit bedeutet: In den systemischen Grenzen zu leben und zu arbeiten und diese Grenzen nicht auszubeuten. Wie sich das im Agenturalltag umsetzen lässt, wird vermutlich eher individuell als generell geregelt.

Agenturen 2023: Spezialisierung oder Generalisierung

Die Digitalisierung hat deutlich an Fahrt aufgenommen. Und mit ihr wird die Agenturwelt komplexer. Für kleine und mittelständische Agenturen ergibt sich daraus die Frage, wie sie mit den großen Playern und Full-Service-Agenturen mithalten sollen. Vielleicht gar nicht? Die Spezialisierung bietet große Chancen, sollte jedoch gut überlegt sein.

Auf der anderen Seite ergeben sich für Agenturen neue Modelle, um diesen Spagat zwischen Generalisierung und Spezialisierung schaffen zu können: Freelancer. Ob das in der Praxis wirklich funktioniert, wird sich zeigen.

Agenturen 2023 im Tech-Zeitalter mit Blockchain, KI & AR/VR

Wir sind bereits mittendrin: Technologie bricht bisherige Arbeitsweisen und Denkprinzipien auf. Das wird sich weiterhin verschärfen. Für Agenturen heißt das zum einen, dass sie sich anpassen und auf dem Laufenden bleiben müssen. Es ergeben sich jedoch grundsätzliche Fragen: Benötigen wir noch Kreativität, wenn KI und automatisierte Prozesse effizienter und zielführender sind? Oder: Was bedeutet der Einsatz von Tech im Agenturalltag für die Skillsets von Mitarbeiter:innen?

Gleichzeitig endet 2022 mit Hiobsbotschaften gerade aus dieser boomenden Tech-Branche. Mit Amazon, Twitter und Facebook sind gleich drei Top-Brands von heftigen Budgetkürzungen betroffen. Das wird sich auch auf Agenturen auswirken. 2023 werden sich einige von ihnen neu aufstellen müssen.

Fazit: What a time to have an agency!

Die Zeiten sind herausfordernd, aber zugleich unglaublich spannend. Risiken und Potenziale halten sich die Waage und es gilt, individuelle und agile Lösungen zu kreieren – jedoch nicht nur für die Kunden, sondern auch für Agenturen selbst. Wir sind uns sicher, Agenturen gehören noch lange nicht zum alten Eisen. Und sich selbst zu erfinden, sollte einer Kreativbranche gelingen – davon sind wir fest überzeugt.

Du kannst dir das DMEXCO-Panel „What a time to have an agency!“ noch einmal ansehen: