6 To Dos: So senken Händler ihre Retourenquote

Von der Datenlese bis hin zum Pop-up Store: Mit diesen Methoden kann der E-Commerce seine Kunden besser bedienen. Ein geldwerter Vorteil.

6 To Dos: So senken Händler ihre Retourenquote
IFH Köln | Dr. Kai Hudetz

Neues Jahr, neues Glück – für Online-Händler heißt das: die Retouren in Griff bekommen. Fast jeder achte Interneteinkauf wird laut einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands Bitkom wieder rückabgewickelt. Schuhe führen die Riege an: Bis zu 80 Prozent der Treter werden wieder retourniert, so die Zahlen von Greenpeace. Bei Textilien sind es 40 bis 50 Prozent, bei Elektrogeräten 18 bis 20 Prozent. Kai Hudetz, Geschäftsführer beim Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln, empfiehlt den Unternehmen ihr Augenmerk zunächst auf die Daten zu richten. “Daran lässt sich meist genau erkennen, warum die Kunden nicht zufrieden waren und welche Information ihnen gefehlt hat.” Für die DMEXCO erklärt er, welche weiteren Punkte bei den Händlern unbedingt auf der Agenda 2019 stehen sollten.

 

1. Daten sammeln – und den Kunden besser kennenlernen

Unternehmen sollten im Rahmen der Retoure so viele Informationen wie möglich sammeln, rät Hudetz. “Je mehr Daten abgefragt werden, desto besser lässt sich in Erfahrung bringen, warum die Waren retourniert wurden.” Über den beiliegenden Retourenschein können die Händler zum Beispiel erfragen, ob es an Größe, Farbe oder am Stoff gelegen hat. Mit diesen Erkenntnissen lässt sich einiges anfangen. Beispielsweise können Händler dem Kunden Produkte vorschlagen, die auf dessen Größe und Geschmack abgestimmt sind. Werden bestimmte Waren oft aus selbigen Gründen retourniert, ist es ratsam sie ganz aus dem Sortiment zu nehmen.

 

2. AR, 360-Ansichten und Produktbeschreibungen

Aus den gesammelten Daten geht auch hervor, welche Angaben fehlen, damit der Kunde das Produkt richtig einschätzen kann. Das gelingt etwa über Technologien wie Augmented Reality, aber auch 360 Grad-Ansichten, die Produkte von allen Seiten zeigen und erlebbar machen. Auch detaillierte Produktbeschreibungen wie zum Beispiel Angaben zur Passgröße – “fällt größer aus” oder “oben eng, unten weit” – helfen dabei, das Produkt besser einzuschätzen, so Hudetz.

 

3. Reviews sammeln: Je mehr, desto wirksamer

Psychologisch ist erwiesen: Haben Kunden ein Produkt als gut befunden, tun es andere meist auch. “Kunden vertrauen eher anderen Kunden als den Unternehmen”, sagt Hudetz. Händler sollten daher dafür sorgen, authentische und im besten Fall positive Kundenrezensionen zur Verfügung zu stellen. Mit ein paar wenigen ist es nicht getan. Je mehr Reviews ein Händler für ein Produkt gesammelt hat, desto besser. Kundenrezensionen schaffen Vertrauen gegenüber dem Produkt oder der Marke und tragen so zur Entscheidungsfindung bei. Somit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde das Produkt behält.

 

4. Geschwindigkeit und Transparenz bei der Zustellung

Ist die Ware bestellt, geht es um die Wurst: “Händler sind nun gefordert, die Ware auf schnellstem Weg zum Kunden zu bringen”, sagt Hudetz. Dabei müssen die Unternehmen für bestmögliche Transparenz beim Bestell- und Lieferservice sorgen. Dauert die Lieferung eines Produkts zu lange, sieht sich der Kunde nach einem ähnlichen Artikel bei der Konkurrenz um. Der bestellte Artikel läuft dann Gefahr, retourniert zu werden, wenn ein anderer Händler es schafft, den Kunden schneller zufrieden zu stellen. “Da ist der Kunde gnadenlos”, beobachtet der Forscher. Dass die Versandkosten übernommen werden, sehen die Kunden außerdem inzwischen als selbstverständlich an.

 

5. Bronze, Silber, Gold: Belohnungssysteme schaffen

Um die Retourenquote flach zu halten, haben Händler angefangen, Belohnungssysteme zu integrieren. Kunden können – je nach Anzahl der Bestellungen und ihrem persönlichen Retouren-Verhalten – einen Kundenstatus sichern wie zum Beispiel Bronze, Silber und Gold. Mit diesem Status lässt sich spielen und verschiedene Vorteilsangebote und Anreize verbinden. Wie zum Beispiel bestimmte Angebote exklusiv für Treuekunden, die ihre bestellten Waren auch behalten. Oder den Erlass von Versandkosten. “Belohnungen kommen beim Kunden gut an und sorgen dafür, dass er die Ware eher behält”, sagt Hudetz. Wichtig: Sanktionen als negative Verkehrung der Belohnung haben sich dagegen als weniger gut bewiesen.

 

6. Über Pop-up Stores für Nähe und Anfassbarkeit sorgen

Händler, die ein Ladengeschäft unterhalten, haben Hudetz zufolge zwei große Vorteile. Erstens, der Kunde kann einen Online bestellten Artikel auch Offline zurückgeben – mühsames Verpacken entfällt. Zweitens, der Kunde sieht sich beim Zurückgeben im Laden meist nach anderen Artikeln um. Im besten Fall verlässt er das Geschäft mit einer neuen Ware in der Hand. Das wandelt die Retoure in eine Art Umtausch, und federt sie ab. Etailer tun daher gut daran, auf einen eigenen Laden zu setzen. Entweder mit einer Dauerpräsenz oder einem Pop-up-Store. Schöne Die Beispiele dafür kommen aus jeder Branche: Westwing, die am belebten Odeonsplatz in München ihr erstes Geschäft eröffnet haben, und Womanizer, die ihre Sex-Spielzeuge zuletzt in Hamburg zum Ausprobieren angeboten haben. Darüber können gleich mehrere Ziele auf einmal verfolgt werden – wie Awareness für Marke und Produkte schaffen oder die Kundenbindung intensivieren. Aber eben auch die Retourenquote zu senken, indem Kunden die Möglichkeit bekommen, ein Produkt anzufassen und auszuprobieren. Die fehlende Haptik ist letztlich ein Manko, das der Online-Handel auch mit Augmented Reality nur bedingt in den Griff bekommen wird.

 

Fazit:

Der Kunde ist König: Eine zentrale Erkenntnis, die die Online-Händler noch mehr beherzigen sollten, wenn sie ihre Retourenquote senken möchten. Dazu gehört es noch mehr auf die Bedürfnisse jedes einzelnen einzugehen. Datenlese ist somit kein Kann – sondern ein Muss. Jeder Bestellvorgang liefert eine Vielzahl an Informationen, die es auszuwerten und zu nutzen gilt. Händler müssen daher zuerst Bedingungen schaffen, die dies möglich machen. Die Daten müssen raus aus den Silos und in CRM-Tools sichtbar für – möglichst alle – Mitarbeiter verfügbar gemacht werden. Noch eleganter und effizienter ist es sich mittelfristig ein eigenes Data-Warehouse zuzulegen.