Neue Standards für Nachhaltigkeit in der Werbung

Um das ökologische Engagement von Unternehmen, Agenturen und Organisationen messen zu können, benötigen wir Standards. Das gilt auch für die digitale Werbewirtschaft. Deshalb hat der BVDW eine Definition für Nachhaltigkeit in der digitalen Werbung vorgelegt.

Nachhaltigkeit in der digitalen Werbebranche
Bild: © Box-Milk / AdobeStock

IAB-Umfrage zeigt aktuellen Status quo

Ob Unternehmen gezielt auf Werbeformen mit möglichst kleinem Co2-Fußabdruck setzen oder sich Agenturen auf Green Marketing spezialisieren: Nachhaltigkeit gewinnt in der digitalen Werbewirtschaft an Relevanz und wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Darin sind sich wohl die meisten Expert:innen einig. Doch wo stehen wir eigentlich aktuell?

Darüber gibt der jährliche State of Readiness Report Auskunft, den das Interactive Advertising Bureau (IAB) Europe vor Kurzem zum zweiten Mal veröffentlicht hat. Für die groß angelegte Umfrage zur Nachhaltigkeit im Digital Advertising wurden 186 Teilnehmer:innen aus 29 europäischen Märkten dazu befragt, welche Rolle und Priorität Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen einnimmt. Gleichzeitig ging es auch darum herauszufinden, welche Fortschritte die Befragten in ihrem Unternehmen im letzten Jahr in Bezug auf Nachhaltigkeit ausmachen konnten.

Das sind die Ergebnisse im Überblick:

  • Nachhaltigkeit wird im Jahr 2024 nach wie vor als eine der wichtigsten Herausforderungen für die digitale Werbewirtschaft angesehen. Die Befragten bewerten das Thema als ebenso wichtig für Unternehmen wie den Umstieg auf Cookieless Targeting.
  • Für die befragten Unternehmen aus der Werbung ist Nachhaltigkeit vor allem wichtig, um ihre Ziele bei der Corporate Social Responsibility zu erreichen, den Erwartungen der Kund:innen gerecht zu werden und die aufkommenden neuen rechtlichen Anforderungen zu erfüllen.
  • Für 64 Prozent der Befragten sind Treibhausgase das wichtigste Thema bei der Nachhaltigkeitsarbeit. Für ihren Fortschritt wurden vor allem die folgenden Faktoren genannt: die Einführung und Entwicklung von Lösungen und Tools (jeweils 90 Prozent) zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in der Lieferkette ihrer digitalen Werbung sowie einheitliche Standards für die Schätzung der Treibhausgasemissionen (89 Prozent).

Die IAB-Umfrage unterstreicht also die Bedeutung von einheitlichen Standards für verschiedene Facetten von Nachhaltigkeit. Um zu einem gemeinsamen Verständnis in der Werbebranche zu kommen, hat der Bundesverband der Digitalwirtschaft (BVDW) nun eine wegweisende Definition für Nachhaltigkeit in der digitalen Werbung entwickelt.

BVDW: Definition für Nachhaltigkeit in der digitalen Werbung

Nachhaltigkeit spielt beim BVDW seit Jahren eine große Rolle. Dementsprechend hat der Verband vor über einem Jahr das Sustainable Digital Advertising Lab gegründet, das dem Ressort Digital Responsibility zugeordnet ist und jetzt die Definition von Nachhaltigkeit im Bereich der digitalen Werbung formuliert hat – eine wertvolle Orientierung für Unternehmen der Werbewirtschaft, die ihre Arbeitsweisen und Standards nachhaltiger gestalten wollen.

Die Definition des BVDW baut auf jener Definition auf, die der IAB Europe bereits für den europäischen Markt skizziert hat und an der das Sustainable Digital Advertising Lab im BVDW maßgeblich beteiligt war. Neben eigenen Erfahrungen und Engagement in Bezug auf Nachhaltigkeit in der Werbung gingen in die BVDW-Definition außerdem die Erfahrungen relevanter Unternehmen des Markts ein.

Das bringt die neue Definition für grünes Marketing

Um dem komplexen Thema von nachhaltiger, ökologischer digitaler Werbung gerecht zu werden, hat der BVDW die gesamte digitale Lieferkette in den Blick genommen. Es geht also nicht nur um die Frage, welche Emissionen ein Unternehmen selbst produziert. Stattdessen werden auch vor- und nachgelagerte Emissionen berücksichtigt – von der Produktion bis zum Konsum von Werbeanzeigen.

Der weit gefächerte Ansatz des Verbands nimmt auf der einen Seite ökologische Aspekte in den Fokus. Gerade die Aufgabe, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, wird als zentral für nachhaltige Werbetreibende erkannt und definiert. Gleichzeitig werden soziale Auswirkungen nicht außer Acht gelassen. Die Auswirkungen von Handlungen auf die gesamte Gesellschaft sind ebenfalls in die Definition aufgenommen worden. Dazu gehört vor allem, Ad Fraud zu verhindern und Werbegelder von illegalen Umfeldern fernzuhalten.

Am Ende des intensiven Erarbeitungsprozesses steht eine Definition, die sowohl ökologische und soziale als auch ökonomische und Governance-Aspekte berücksichtigt und damit einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt.

Beispiel für Emissionen in der Wertschöpfungskette im Bereich Online-Vermarktung:

  1. Erstellen von Inhalten durch eine Kreativagentur (vorgelagerte Emissionen, Anwendungsbereich 3)
  2. Produktion der auszuspielenden physischen oder digitalen Medien (vorgelagerte Emissionen, Anwendungsbereich 3)
  3. Schalten der Werbung inkl. Stromverbrauch der Server (eigene Emissionen, Anwendungsbereiche 1 und 2)
  4. Konsum der Werbung durch Nutzer:innen (nachgelagerte Emissionen, Anwendungsbereich 3)

Die Emissionen werden gemeinhin in unterschiedliche Anwendungsbereiche (engl. „Scopes“) unterteilt. Wie das Beispiel zeigt, fällt ein Großteil der Emissionen in den dritten Anwendungsbereich und wird also gar nicht durch das Unternehmen selbst ausgestoßen. Diese Faktoren gilt es dennoch zu berücksichtigen, um echte Nachhaltigkeit in der umweltfreundlichen Werbung zu erreichen.

Bestandsaufnahme und Aussichten für Nachhaltigkeit in digitaler Werbung

Im Bereich der Nachhaltigkeit bei digitaler Werbung ist aktuell einiges in Bewegung. So hat der IAB Europe zuletzt eine umfassende Studie vorgelegt, die den Status quo genau erfasst. Demnach könnten zahlreiche Unternehmen in der Digitalbranche noch deutlich mehr Maßnahmen für Nachhaltigkeit ergreifen – und sind dazu durchaus bereit. Bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele von Marketer:innen auf dem deutschen Markt kann zukünftig die Definition helfen, die der BVDW formuliert hat. So wird das wichtige Engagement präzise mess- und vergleichbar und Unternehmen wie Agenturen können in eine glänzende grüne Zukunft blicken!