Immersive Experiences im Marketing

Ein Gastbeitrag von Katharina Jäger, Leiterin Innovation & Technology beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V.

Katharina Jäger, Leiterin Innovation & Technology beim BVDW, mit einem Gastbeitrag
Bild: © Davide Angelini / Adobe Stock

Was denken Studierende über Zukunftstechnologien?

Junge Menschen gelten als neugierig und allzeit bereit, neue Trends und Technologien auszuprobieren. Aber stimmt das? Im Rahmen eines Workshops habe ich Marketing- und Kommunikations-Studierende befragt, wie sie die Entwicklungen im Bereich Immersive Experiences wahrnehmen. Und wie zu erwarten, ist die Antwort komplexer als gedacht.

Die junge Zielgruppe spielt eine entscheidende Rolle bei der Einführung und Akzeptanz neuer Technologien. Ihre frühe und aktive Nutzung kann zu einer wachsenden Marktdurchdringung führen und positive Auswirkungen auf die Akzeptanz in der Bevölkerung und auf die Entwicklung der gesamten Branche haben.

Bei der Veranstaltung „Meta & Friends“ am 12. Juni in München teilten Studierende der Ludwig-Maximilians-Universität ihre Gedanken zu immersiven Technologien. Ich durfte mich als Leiterin Innovation & Technology beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. mit einem interaktiven Workshop beteiligen. Zunächst wurde die Affinität der 70 teilnehmenden Studierenden zu VR-, XR- und MR-Technologien ermittelt. Dabei gaben 65 Prozent an, bereits Erfahrungen mit diesen Technologien gemacht zu haben.

Wissenslücken trotz grundsätzlicher Offenheit

Die hohe Nutzungsrate zeigt eine grundlegende Bereitschaft und Offenheit gegenüber innovativen Technologien. Ein weiteres Ergebnis der Befragung zeigt jedoch, auch bei der jungen Zielgruppe herrscht eine gewisse Unsicherheit und Verwirrung im Umgang mit Begriffen wie „Metaverse“ und „Immersive Experiences“. Nur 13 Prozent der Studierenden setzten diese Begriffe gleich, 50 Prozent würden diese eher nicht oder überhaupt nicht gleichsetzen, während 37 Prozent unsicher waren. Hier ist Aufklärung angesagt und notwendig.

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Bild: © BVDW

Unterhaltungsindustrie als Innovationstreiber

Die Studierenden sehen das größte Potenzial für immersive Technologien in der Unterhaltungsindustrie. Dort könnten VR-Kinos, immersive Gaming-Plattformen und erweiterte Realitätserfahrungen bei Live-Events neue Maßstäbe setzen. Darauf folgen Bildung und die Arbeitswelt. Insgesamt werden sie als bedeutende Innovationstreiber in verschiedenen Branchen gesehen.

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Die positive Bewertung der Aussage, dass VR und AR das Lernen spannender machen können, zeigt auch ein erhebliches Potenzial für die Integration dieser Technologien im Bildungsbereich. Die durchschnittlich positive Bewertung unterstreicht die Vorteile, die Studierende in diesen Technologien beim Lernprozess sehen. VR und AR können Lerninhalte beispielsweise interaktiver und ansprechender machen. Das kann unter anderem zu einer besseren Aufnahme des Lernstoffs führen. Gleichzeitig ist es relevant, dass Lehrkräfte die neuen Technologien aktiv in ihren Unterricht einbauen und in der Nutzung entsprechend geschult werden.

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Umweltbewusstsein und gesellschaftliche Teilhabe spielen eine große Rolle

Bedenken haben die Studierenden hinsichtlich des hohen Energieverbrauchs und der Umweltbelastung durch die Herstellung der Hardware. Das zeigt, Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema für sie.

31 Prozent der Studierenden sehen jedoch auch das Potenzial immersiver Technologien zur Förderung des Umweltbewusstseins und 22 Prozent zur Reduktion physischer Reisen. Durch den Einsatz von VR und AR können beispielsweise virtuelle Meetings und Veranstaltungen realisiert werden, die physische Reisen ersetzen und somit den CO₂-Ausstoß reduzieren. Und durch gezielte Förderprogramme und Anreize könnte die Entwicklung energieeffizienter und umweltfreundlicher Technologien unterstützt werden. Dies umfasst Investitionen in Forschung und Entwicklung, um nachhaltige Alternativen zu herkömmlichen Produktionsmethoden zu finden und die Energieeffizienz von VR- und AR-Geräten zu verbessern.

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Die Mehrheit der Studierenden (60 Prozent) hat Bedenken, dass immersive Technologien bestimmte Personengruppen ausschließen könnten. Ihnen ist besonders wichtig, dass neue Technologien zugänglicher gemacht werden und sichergestellt wird, dass sie den Prinzipien des „Universal Design“ entsprechen. Die Befragten legten besonderen Wert darauf, dass die Bedürfnisse der verschiedenen Nutzer:innengruppen bei der Entwicklung einbezogen werden, damit neue Technologien für möglichst viele zugänglich gemacht werden.

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Kritik an mangelnder politischer Unterstützung

Einen Mangel an Maßnahmen zur Förderung immersiver Technologien sahen die Studierenden auf politischer Seite. Mit einem Durchschnittswert von 2,3 auf einer Skala von 1 bis 5 zeigt sich eine eher negative Wahrnehmung der politischen Unterstützung. Politische Initiativen und klare regulatorische Rahmenbedingungen müssen her, um technologische Innovationen zu fördern. Eine proaktive politische Unterstützung kann hier die Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft stärken und die Verbreitung immersiver Technologien in verschiedenen Bereichen beschleunigen.

Zuletzt wurden die Studierenden gefragt, wann sie denken, dass immersive Technologien das Default Medium sind. Die meisten Studierenden glauben, dass es etwa zehn Jahre dauern wird, bis immersive Technologien im Alltag angekommen sind. Etwa 31 Prozent gaben fünf Jahre an und 7 Prozent sagten, dass es niemals dazu kommen werde.

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Es braucht also Zeit, um sich an neue Technologien zu gewöhnen und sie in den täglichen Gebrauch zu integrieren – das gilt eben auch für die junge Zielgruppe. Der technologische Fortschritt ist hier nur ein Teil der Lösung. An dieser Stelle benötigen wir ebenfalls eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung und Anpassung. Bildungseinrichtungen und politische Entscheidungsträger:innen spielen eine zentrale Rolle dabei, diesen Übergang zu erleichtern. Es bedarf umfassender Bildungs- und Aufklärungsprogramme, um die Bevölkerung auf die Vorteile und Nutzungsmöglichkeiten immersiver Technologien vorzubereiten.

Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor

Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Befragung, dass junge Menschen offen für technologische Innovationen sind, jedoch auch gezielte Unterstützung und Aufklärung benötigen.

Verbände, Unternehmen, Bildungseinrichtungen und politische Entscheidungsträger:innen sollten zusammenarbeiten, um die Potenziale dieser Technologien zu nutzen und sicherzustellen, dass sie inklusiv und nachhaltig implementiert werden. Schulen und Universitäten spielen hierbei eine zentrale Rolle, indem sie VR und AR in ihre Lehrpläne integrieren und den Schüler:innen und Studierenden ermöglichen, diese Technologien frühzeitig zu erforschen und zu verstehen.

Durch gezielte Informationskampagnen und Schulungsprogramme können junge Menschen besser auf die Nutzung immersiver Technologien vorbereitet werden, was zu einer breiteren Akzeptanz und Integration in ihren Alltag führen kann. Die Zusammenarbeit verschiedener gesellschaftlicher Akteur:innen ist entscheidend, um die positiven Auswirkungen dieser Technologien zu maximieren und eine nachhaltige und gerechte technologische Zukunft zu gestalten. Für junge Menschen bedeutet dies, dass sie nicht nur Nutznießer:innen, sondern auch aktive Gestalter:innen dieser digitalen Transformation sein können.

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