E-Privacy-Verordnung: Einschneidender als die DSGVO
Der Digitalwirtschaft steht ein Gesetzeswerk ins Haus, das zu nachhaltigen Veränderungen führen könnte.
Nachdem im Frühjahr dieses Jahres die EU-Datenschutzgrundverordnung umgesetzt wurde, steht demnächst eine weitere Gesetzesnovelle an, deren Auswirkungen auf die Digitalwirtschaft noch deutlich einschneidender sein könnten. Es handelt sich dabei um die E-Privacy-Verordnung, die die ausreichende Achtung der Privatsphäre jedes Nutzers im Internet sicherstellen soll. Bisher waren diese Punkte in einer E-Privacy-Richtlinie und einer Cookie-Richtlinie geregelt (und im deutschen Telemediengesetz und Telekommunikationsgesetz umgesetzt). Da diese allerdings aus den Jahren 2002 und 2009 stammen, ist es naheliegend, dass die EU sich hier um ein zeitgemäßes Regelwerk bemüht.
Auf den ersten Blick klingt das alles ganz vernünftig und harmlos – die E-Privacy-Verordnung sei nur für jene Unternehmen bindend, die Kommunikationsdienstleistungen betreiben und würde viele Regelungen zu europäischem Recht machen, die im strengen deutschen Datenschutzrecht bereits gängiges Gesetz sind (etwa Verbot von unerlaubten Werbeanrufen). In der Praxis werden darunter aber auch all jene fallen, die ein „gewerbliches Medienangebot“ betreiben, wenn dabei Onlinewerbung und Cookies zur Nutzeridentifizierung zum Einsatz kommen.
Kampfansage für Tracking-Cookies
Im Gespräch ist derzeit eine Opt-in-Lösung für das Setzen von Tracking-Cookies, was darauf hinauslaufen würde, dass Internetnutzer auf jeder Website sämtliche Einwilligungen zur Speicherung von Cookies entweder einzeln setzen müssten oder zumindest im Rahmen von Black- und Whitelisting in den Browsereinstellungen. Auf einem durchschnittlichen News-Portal sind das im Schnitt zwischen 30 und 50 Einwilligungen für Werbenetzwerke oder datenverarbeitende Instanzen. Und schwieriger würde dadurch auch die Aussteuerung von Kampagnen, da man zur Messung der Reichweite die Einwilligungs-Klicks verschiedener Portale matchen müsste.
Wer also schon heute (mit Recht) genervt die Datenschutzeinwilligungen klickt, könnte demnächst noch viel mehr zu tun bekommen – insbesondere bei Mobil-Ansichten ein mehr als störendes Unterfangen. Anders als heute muss dabei übrigens standardmäßig die Einstellung im Browser auf komplette Verweigerung gesetzt sein, so dass die Nutzer jedes Tracking-Cookie auf jeder Website zulassen müssten, was sie aber immerhin auch standardmäßig für alles aktivieren können.
Und noch eine Neuerung gibt es: So wäre den Verlagen, die sich heute gegen Adblocker und Tracking-Cookie-Verweigerer damit wehren, dass sie die Inhalte der Website gar nicht erst an solche Nutzer ausliefern, diese Praxis verboten – für konsequente Werbeverweigerer eine gute Nachricht, für die Publisher, deren Geschäftsmodell vorrangig auf Onlinewerbung basiert, eine Katastrophe.
Unternehmen wehren sich
Doch wann müssen Unternehmen, Agenturen und technische Dienstleister mit der neuen Situation rechnen und wie wahrscheinlich ist es, dass die neue E-Privacy-Verordnung kommt? Das hängt zum einen vom politischen Timing ab: Im Mai kommenden Jahres sind Europawahlen und deren Ausgang dürfte Einfluss darauf haben, in welcher Geschwindigkeit und mit welchem Ergebnis hier entschieden wird. Denn liest man die Protokolle zu den Entwicklungen rund um die E-Privacy-Verordnung, wird deutlich, dass in dieser Legislaturperiode nicht mehr mit entsprechenden Beschlüssen zu rechnen ist – zu viele Details sind offen, um zu viele Einzelheiten wird noch gestritten. Hinzu kommt dann eine Übergangsfrist von voraussichtlich zwei Jahren, die den jeweiligen EU-Staaten Zeit für die Umsetzung bleibt.
Geplant war die Verabschiedung der Regelung übrigens bereits zum Ende der Übergangsfrist zur DSGVO im Mai 2018. Doch da hatten die Datenschutzverantwortlichen in den Unternehmen bereits alle Hände voll zu tun – langweilig dürfte es ihnen indes auch 2019 nicht werden. Denn auch wenn sich alle Beteiligten mit Händen und Füßen gegen das neue Gesetzeswerk wehren, wird sie in irgendeiner Form über kurz oder lang kommen. Welche Auswirkungen das hätte, erfährst du im zweiten Teil unserer Serie zur E-Privacy-Verordnung.