DSGVO und E-Privacy: Die Auswirkungen aufs Marketing

Die neuen Datenschutz-Regelungen haben viele Vorteile. Katja Brandt erklärt, was Marketer daraus machen sollen.

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Katja Brandt, CEO DACH Mindshare

Nach der DSGVO kommt E-Privacy: Was kommt damit noch zum bestehenden Datenschutz hinzu?

Es werden weitere Regelungen zu den bestehenden Regelungen der Datenschutzgrundverordnung hinzukommen, die vor allem die Digitalwirtschaft betreffen. Wie diese genau aussehen werden, wissen wir noch nicht in aller Klarheit, da der Verordnungstext noch nicht finalisiert wurde. Sicher ist aber, dass die zukünftigen Regelungen dazu führen werden, dass die Einholung von Opt-Ins noch stärker im Fokus stehen wird. Das wird wahrscheinlich dazu führen, dass sich Log-In- und Plattform-Strukturen weiter ausbreiten.

Wie können sich Unternehmen darauf vorbereiten?

Wichtig ist, die Disruption, welche durch die E-Privacy-Verordnung verursacht werden wird, nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu begreifen.

Warum als Chance?

Durch E-Privacy können wir Konsumenten in Datenfragen auf Augenhöhe begegnen und so eine gleichberechtigte Beziehung zu ihnen aufbauen. Allerdings müssen die datenschutzfreundliche Neugestaltung bestehender und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle eine wichtige Rolle spielen. Dabei sollten rechtzeitig spezialisierte Taskforces gebildet werden, technische und juristische Berater ins Boot geholt werden, Prozesse und Produkte analysiert, sowie optimiert werden und gegebenenfalls müssen bestehende Geschäftsmodelle modifiziert werden.

Das klingt nach viel Arbeit. Welche Auswirkungen haben beide Verordnungen auf die Werbeindustrie?

Wir mussten – und müssen auch zukünftig noch stärker – unseren Umgang mit Konsumentendaten kritisch hinterfragen. Sammeln wir mehr Daten als wir benötigen? Bieten wir den Konsumenten ausreichend Transparenz darüber, wofür ihre Daten genutzt werden? Dies sind Fragen und Herausforderungen, denen sich die gesamte Wertschöpfungskette stellen muss. Insoweit kann man keinen einzelnen Player besonders hervorheben – alle stehen in der Pflicht. Allerdings sollte der europäische Verordnungsgeber darauf achten, dass die E-Privacy-Verordnung nicht zu einer übermäßigen Bevorteilung der großen, amerikanischen Player führt. Der aktuelle Entwurf sieht genau das vor.

Inwiefern profitiert der Konsument davon?

Konsumenten, aber auch Werbungtreibende und die Werbeindustrie profitieren immer, wenn Konsumenten einerseits mehr Transparenz und Kontrolle über die Nutzung ihrer Daten erhalten und andererseits das Ausüben dieser Kontrolle nicht durch die Konsumenten bevormundende Regelungen erschwert wird. Insofern könnte sich das Kopplungsverbot langfristig als für die Konsumenten nachteilig entpuppen, sollte Premium-Content hinter Paywalls verschwinden, da Publisher ihr Werbeinventar nicht mehr ausreichend monetarisieren können. Wichtig ist daher, dass den Konsumenten ihre Auswahlmöglichkeiten inklusive der entsprechenden Konsequenzen transparent aufgezeigt werden, so dass sie die für sie richtigen Entscheidungen informiert treffen können.

A la Longue betrachtet: Sind die Datenschutz-Verordnungen positiv oder negativ für die Branche zu werten?

Es ist bedauerlich, dass die Digitalwirtschaft es nicht selbst geschafft hat, durch verantwortungsbewusste Selbstregulierung den Konsumenten ein ausreichendes Maß an Transparenz und Kontrolle über die Nutzung ihrer Daten zu bieten. Gerade deshalb sollten wir als Branche die Neuregelungen als Möglichkeit begreifen, vertrauensstiftende Maßnahmen zu schaffen, die zu einem vertrauensvolleren Umgang der Konsumenten mit werblicher Kommunikation führen.

Kann es so gelingen mehr Vertrauen im digitalen Marketing aufzubauen?

Vertrauen ist und bleibt die Grundlage jeglicher erfolgreicher Kommunikation. Wenn es uns so gelingt, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, so ist dies ein großer Gewinn für die Branche. Soweit das gelingt, bietet sich die Chance, neue und vor allem nachhaltige digitale Geschäftsmodelle zu etablieren. Aus dem wieder gewonnenen Vertrauen der Nutzerschaft ist bei richtiger Anwendung die Etablierung von digitalen und nachhaltigen Geschäftsmodellen möglich. Auch aus der Perspektive der Konsumenten überwiegen auf Basis von mehr Transparenz, Selbstkontrolle und Sicherheitsgefühl langfristig die Vorteile. Ein strategisches Risiko für die Europäer besteht jedoch im internationalen Wettbewerb mit den USA, da gerade die E-Privacy-Verordnung die Abhängigkeit von den dominierenden US-Plattformen unterstützt.

 

Katja Brandt spricht auf der DMEXCO im Panel “How to Stop Budget Squandering” am 12. September in der Debate Stage.

Mehr zum Thema GDPR und E-Privacy gibt es in den Panels “Taking stock – the impact of Europe´s new data protection ruels four months on” und “Customer Centricity Everywhere? The Impact of First Party Data on Advertising” am 13. September in der Debate Stage.