B2B Influencer:innen: Was sollten Unternehmen von Personenmarken lernen?
Die Zusammenarbeit mit Influencer:innen ist aus dem Marketing-Mix nicht mehr wegzudenken. Der Umsatz dieser Branche wuchs 2021 auf geschätzte 13,8 Milliarden Euro. Expert:innen gehen davon aus, dass die Zahlen weiter steigen werden.
Auch wenn Influencer Marketing nach wie vor meistens im B2C-Bereich angewendet wird, versuchen sich immer mehr B2B-Unternehmen an der Zusammenarbeit mit Influencer:innen. Wir haben uns umgehört und drei äußerst erfolgreiche Frauen befragt. Wir wollten von ihnen wissen, wie B2B-Unternehmen von Influencer:innen profitieren können.
Céline Flores Willers, Anna-Lena Müller und Dr. Natalia Wiechowski im Interview
Worin bestehen die größten Schwierigkeiten für B2B Brands in der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Influencer:innen? Um das herauszufinden, haben wir uns mit Céline Flores Willers, Anna-Lena Müller und Dr. Natalia Wiechowski unterhalten.
Alle drei haben sich über die Jahre gigantische Reichweiten aufgebaut und sind gefragte Expertinnen für strategische Fragen rund um die Personen- und Unternehmenskommunikation. Sie erklären uns, was B2B Brands von Influencer:innen lernen können, woran Kampagen oftmals scheitern und was die wichtigsten Trends im Influencer Marketing sind.
Was können B2B-Unternehmen von Personenmarken lernen?
Anna-Lena Müller: Menschen wollen mit Menschen kommunizieren. Das ist einer der Gründe, warum in den vergangenen Jahren Personenmarken, Markenbotschafter:innen und Influencer:innen im Kommunikationsmix von Unternehmen immer wichtiger geworden sind – egal ob bei B2B oder B2C. Was B2B-Unternehmen von Personenmarken lernen können, ist die Ausgewogenheit zwischen Expertise und Nahbarkeit. Damit B2B-Kommunikation erfolgreich ist, darf sie aber nicht detailverliebt und staubtrocken sein, sondern verträgt eine ordentliche Portion Leichtigkeit, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Dr. Natalia Wiechowski: Dass Menschen Geschäfte mit Menschen – und nicht mit gesichtslosen Marken – betreiben. Die erfolgreichsten Personenmarken, die nicht nur finanziell gut unterwegs, sondern auch glücklich sind und einen positiven Mehrwert für andere schaffen, haben verstanden, wie sie aufrichtige, tiefe und authentische Beziehungen zu ihrer Zielgruppe aufbauen, pflegen und aufrechterhalten. Einige Dinge im Business lassen sich nur sehr schlecht automatisieren. Menschliche Verbindungen sind ein gutes Beispiel dafür.
Céline Flores Willers: Personenmarken werden gegenüber Unternehmensmarken immer einen unfairen Wettbewerbsvorteil haben! Denn Personal Brands sind schlichtweg authentischer und glaubwürdiger. Du glaubst ja auch eher der Hotel-Empfehlung eines ehemaligen Gastes als der Werbung des Hotel-Anbieters selbst, oder? Im professionellen Bereich, allen voran auf LinkedIn, passiert genau das! Dazu muss man nur einen Blick auf die LinkedIn Accounts von Tina Müller oder Bill Gates werfen: Die Privat-Accounts zählen bei weitem mehr Follower:innen als die dazugehörigen Corporate Accounts. Und es dürfte auch niemanden überraschen, dass Bill Gates mit LinkedIn Postings Likes im fünfstelligen Bereich generiert und der Microsoft Corporate Account sich eher im drei- bis vierstelligen Bereich bewegt. Personen können auf Social Media ganz anders agieren als Brands.
Sie können Selfies teilen und dazu beschreiben, wie sie sich in dieser oder jener Situation gefühlt haben. Sie können persönliche Geschichten, Meinungen und Erfahrungen teilen. Das ist allerdings kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern vielmehr Anlass, das Potenzial als B2B Company endlich zu nutzen und die Führungskräfte stärker in die Kommunikation mit einzubinden.
Das LinkedIn-Profil eines jeden CEOs sollte regelmäßig und professionell bespielt werden – ohne dass der Account zur Litfaßsäule für Corporate-Werbung wird. Es geht um die feine Balance zwischen Unternehmensinhalten und persönlichen Einblicken, die zum Erfolgsgaranten geworden ist.
Was sind die größten Hindernisse für eine gute B2B-Social-Media-Kampagne?
Céline Flores Willers: In meinen Augen denken viele B2B-Unternehmen einfach zu komplex. Klar, oftmals geht es ja auch darum, sehr komplexe Produkte zu vermarkten, wie beispielsweise Halbleiter oder Filtrationslösungen. Nichtsdestotrotz konsumieren soziale Wesen am Ende die Werbung der Unternehmen, sprich andere Menschen. Das bedeutet, was oft fehlt, sind Humor und Emotionen. Stellt euch doch mal folgende Frage: Was war der beste Werbespot, den ihr je gesehen habt? Mir schießt da sofort die „WRIGLEY’S EXTRA“-Kaugummi-Werbung „Get Your Ding Back“ in den Kopf. Emotional, mitreißend und zum Schmunzeln. Genau so sollten auch B2B-Unternehmen stärker kommunizieren! Botschaften sollten weniger abstrakt sein, die klassischen Buzzwörter von Diversity bis Sustainability sollten ausgeklammert werden und stattdessen muss es darum gehen, unverwechselbare Geschichten zu erzählen. Kleiner Inspirationstipp: Es macht immer wieder Spaß, in vergangene Superbowl Clips zu schauen, da sind einige grandiose Ideen dabei.
Anna-Lena Müller: Aus meiner Erfahrung in B2B- aber auch B2C-Unternehmen sind die größten Hindernisse einer guten und erfolgreichen Social-Media-Kampagne: Relevanz. Häufig mangelt es Kampagnen daran, sich in die Zielgruppe hineinzuversetzen und Inhalte so aufzubereiten, dass sie interessant sind.
Dr. Natalia Wiechowski: Zu viele Individuen kommunizieren von Verstand zu Verstand und vergessen die Bedeutsamkeit des Herzens. Menschen kaufen emotional und begründen es nachher mit Logik. Die Erwartungshaltung, mindestens „viral zu gehen“, jede Entwicklung verstehen bzw. belegen zu können – in den sozialen Medien, die von ihrem Wesen her nicht kontrollierbar sind –, empfinde ich als ebenso schwierig. Strategien, Daten und Statistiken sind wichtig. Aber wenn sie zum Heiligen Gral werden, verlieren Social-Media-Kampagnen ihren Zauber.
Wohin entwickelt sich das Influencer Marketing? Was sind die Trends?
Dr. Natalia Wiechowski: Brands, die langfristig und nachhaltig denken, haben die Wichtigkeit von Ehrlichkeit, Respekt, Transparenz, Vertrauen und Win-Win-Win-Situationen verstanden und in ihre Kollaborationen integriert. Anstatt der Influencerin lediglich ein Produkt oder eine Dienstleistung zukommen zu lassen, arrangiert man ein kurzes Telefonat, lernt einander kennen, brainstormt Ideen und findet einen Ansatz, der alle drei beteiligen Parteien zufrieden stellt – zumindest in meiner Welt.
Céline Flores Willers: Spannend aus der Content-Creator-Brille finde ich, dass Plattformen den Wert ihrer Influencer:innen endlich erkennen. TikTok geht beispiellos voran! Sie haben ganze Programme aufgesetzt, in denen sie ihre Influencer:innen betreuen, untereinander vernetzen, neuste Insights zur Plattform teilen und sogar persönliche Zielvereinbarungen in Sachen Follower:innen-Zahlen treffen und unterstützen. TikTok hat verstanden: Gute Influencer:innen bedeuten mehr User:innen auf ihrer Plattform! Und siehe da: LinkedIn und Co. ziehen gerade nach. Die sogenannte „Creator Economy“ boomt und auch Meta (ehemals Facebook) hat angekündigt, 150 Millionen USD auszugeben: „to train the next generation of creators to build immersive learning content“. Auch hier sehe ich einen Trend in Sachen Content: Es bleibt zwar emotional und unterhaltsam, die Plattformen wollen nun aber auch den Anteil des edukativen Contents erhöhen und investieren immens. Was im Metaverse in Sachen Produktvermarktung, Virtual Events und ganzen Influencer:innen-Welten noch auf uns wartet, wird hoch spannend!
Anna-Lena Müller: Der Trend hin zu Mikro-Influencer:innen wird sich auch 2022 fortsetzen. Insbesondere für B2B-Unternehmen sind es häufig nicht die reichweitenstärksten Influencer:innen, die am besten zum Unternehmen passen, sondern Expert:innen mit einer geringeren Reichweite, dafür mit einer hohen Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit innerhalb ihrer Follower:innenschaft.
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