Steckt Werbung in der Sinnkrise? Teil II

Warum Native Advertising nicht die Lösung ist

Steckt Werbung in der Sinnkrise? Teil II

Den ersten Part des Interviews mit Kommunikations- und Medienwissenschaftler, Markus Feiks, haben wir dir bereits gezeigt. Im zweiten Teil erzählt er uns, warum Native Advertising – seiner Meinung nach – nicht der richtige Ausweg aus der Sinnkrise ist:

 

Warum ist Native Advertising nicht die richtige Lösung?

“Gegenfrage: Würden Sie einem Menschen noch vertrauen, wenn sich herausstellt, dass dieser Mensch unter falschen Vorzeichen mit Ihnen kommuniziert hat, beziehungsweise ihre „Beziehung“ im Grunde auf Lügen basiert? Wohl kaum. Das passiert jedoch bei Native Advertising und jeglichen Formen von Werbung, die nicht als solche gekennzeichnet sind oder sich nur sehr schwer als solche erkennen lassen. Bei Native Advertising ist der Vertrauensbruch gewissermaßen schon eingebaut. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es dazu kommt. Außerdem setzen die Medien ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel, die aktuell sowieso schon stark gefährdet ist. Native Advertising mag kurzfristig funktionieren, aber eben nur solange, bis man als Rezipient enttäuscht feststellt, hinters Licht geführt worden zu sein.”

 

Ist Werbung noch zeitgemäß?

“Ja und nein. Werbung ist zeitgemäß, weil sie zu unserer aktuellen Wirtschaftsform dazu gehört, aber auch, weil sich viele Angebote wie Apps oder Zeitungen durch Werbung finanzieren. Andererseits hat sich Werbung überlebt, weil sie mit ihren aktuellen Mitteln oftmals nicht Aufmerksamkeit erzeugt, sondern Werbeverdruss. Dabei gibt es durchaus Werbeformen, die es schaffen, sich positiv in die Gesellschaft zu integrieren. Die, wenn man soweit gehen will, sogar einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten. Ich denke da etwa an die Kampagne von Domino’s Pizza in den USA, oder an Budni „TweetWave“.

Postmoderne Werbung springt nicht aus der Ecke hervor und schreit dich an, vielmehr ist sie Teil deiner Nachbarschaft, grüßt dich nett und lädt dich ein, einmal auf ein Bier vorbei zu kommen. Sie macht also ein Angebot, ohne dabei aufdringlich zu sein. Es wissen ja alle, das Werbung existiert, und ich denke, viele haben vielleicht auch nicht unbedingt ein Problem mit Werbung, wenn sie frei entscheiden können, ob sie Werbung sehen wollen oder nicht. Werbung, die freiwillig angeschaut und geteilt wird, ist nachhaltig und langfristig erfolgreich.”

 

Wie sieht die sinnvolle Zukunft von Werbung aus?

“Werbung muss eine Kehrtwende machen: Aktuell versteckt sie sich und hofft darauf, nicht erkannt zu werden. Vermutlich ist dies nach all den Jahren der hochfrequenten Werbepenetration auch notwendig, um überhaupt eine Chance zu haben, sich Gehör zu verschaffen. Das führt jedoch auf lange Sicht dazu, sich immer perfidere Mittel auszudenken, nicht erkannt zu werden. Es hilft auch nicht, einfach von „Kommunikation“ statt „Werbung“ zu sprechen. Der entscheidende Aspekt ist, sich anders zu verhalten. Was sollte man also tun? Die Werbebranche muss anfangen, sich als Werbung zu integrieren. Mit anderen Worten: Werbung muss Werbung für Werbung machen. Das wird seine Zeit in Anspruch nehmen, das wird Kosten verursachen, aber nur so kann sich Werbung als Kommunikationsform langfristig rehabilitieren. Sie muss also vertrauenswürdiger werden. Wenn die Branche so weiter macht wie bisher, haben wir eventuell in 20 Jahren keine Werbung mehr. Einige würde das vermutlich freuen.”