Immersive Learning: Mit Virtual und Augmented Reality Bildung hautnah erleben
Immersive Learning hebt die Digitalisierung in der Bildung auf ein neues Level: Technologien aus der Augmented Reality (AR) sowie der Virtual Reality (VR) verschaffen ein intensiviertes Lernerlebnis. Wie sieht das virtuelle Lernen aus und welche Anwendungsbeispiele gibt es schon?
Immersion: Virtuell in Bildungsinhalte eintauchen
Augmented- sowie Virtual-Reality-Anwendungen finden nicht nur in der Industrie und im Gaming-Bereich Anwendung, sondern zunehmend auch im Bildungssektor. Als neuartige Lerntechnologien werden sie dazu genutzt, ein hautnah erlebbares Bildungserlebnis im Sinne des Immersive Learnings zu kreieren. Im Zustand der Immersion tauchen Lernende mit mehreren Sinnen in ein virtuell erschaffenes Lernumfeld ein, in dem die Bildungsinhalte unmittelbar und interaktiv erlebt werden. Als neue Form der Wissensvermittlung nutzt die Immersive Education sowohl AR- als auch VR-Lernszenarien: Während die reale Welt bei Augmented-Reality-Anwendungen um virtuelle Elemente erweitert wird, handelt es sich beim Virtual-Reality-Erlebnis um die vollständige Simulation einer der Realität stark ähnelnden Welt. Hierin können Lernende mithilfe von VR-Headsets, die die Bewegungen der Tragenden erfassen, aktiv interagieren. Somit ermöglicht es vor allem das VR-Erlebnis den Lernenden, völlig in das virtuelle Lernumfeld einzutauchen und ausgesprochen realitätsnahe Erfahrungen zu sammeln.
Wo wird im Bildungsbereich aktuell schon auf Immersive Learning gesetzt?
Immersive Education beziehungsweise Learning wird bereits heute in einigen Bildungsbereichen umgesetzt, da es nicht nur den Lerneffekt verbessert und die Wissensvermittlung fördert, sondern sich insbesondere auch dort empfiehlt, wo beispielsweise die reale Lernsituation mit Gefahren oder sehr hohen Kosten verbunden wäre. Während manche AR- sowie VR-Anwendungen in Bildung und Lehre dabei noch eher einen experimentellen Charakter haben, zeichnet sich insgesamt eine Tendenz ab, virtuelle Lernangebote künftig auf breiterer Basis auszuweiten und die digitale Bildung damit auf eine neue Stufe zu stellen. Aktuelle Anwendungsbeispiele sind etwa die folgenden:
3D-Vorlesungen an Universitäten
Die Harvard University ist wegweisend, was den Einsatz von VR in der Bildung anbelangt. Bereits seit dem Wintersemester 2016/17 bietet die Universität ihre populäre Informatik-Einführungsvorlesung „Computer Science 50 (CS50)“ im VR-Format an. Mithilfe einer Datenbrille sitzen Studierende scheinbar mitten im Vorlesungssaal zwischen ihren Kommiliton:innen, obwohl sie tatsächlich von zu Hause aus teilnehmen. Weltweit haben so bereits mehr als drei Millionen Studierende den Kurs online absolviert.
Als sogenannter MOOC (massive open online course) ermöglicht ein solches virtuelles Lernformat somit einer großen Zahl an Interessierten ein unmittelbares Bildungserlebnis, ohne vor Ort sein zu müssen.
Viele andere Universitäten haben inzwischen vergleichbare Lernszenarien im Sinne des Immersive Learnings entwickelt, etwa die Hochschule Karlsruhe, die eine Vorlesungsreihe um Augmented-Reality-Elemente erweitert hat. Mittels Datenbrillen und Cross-Platform-Avataren des Unternehmens Ready Player Me tauchen die Studierenden in eine interaktive Lernumgebung ein. Ebenso experimentieren beispielsweise die Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin wie auch die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt schon seit einiger Zeit mit dem Lernen in immersiven Welten, in denen sich Studierende in Form von Avataren bewegen können.
Immersive Learning in der Medizin
Ausgesprochen sinnvolle Einsatzgebiete des Immersive Learnings finden sich überdies im medizinischen Bereich. Dank AR- und VR-Technologien können Chirurgen in der virtuellen Umgebung schwierige Operationstechniken am dreidimensionalen Modell erlernen, ohne dies an echten Patienten durchführen zu müssen.
Ein weiteres Beispiel: Zu Beginn der Covid-19-Pandemie konnten per einem VR-Training von Oxford Medical Simulation (OMS) rund 17.000 medizinische Fachpersonen ausgebildet werden beziehungsweise ihr medizinisches Wissen auffrischen, ohne sich der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen. In der Simulation treffen Lernende auf ein realitätsnahes Behandlungsszenario, in dem sie mittels VR-Brille agieren.
In Zeiten von Social Distancing kann so mit der entsprechenden Hardware von überall aus eine immersive Bildungserfahrung gemacht werden.
Virtuelle Lernszenarien im schulischen Bereich und in der Erwachsenenbildung
Die Digitalisierung an Schulen kann mit immersiven Lernangeboten weiter an Attraktivität gewinnen, da statt einfachem E-Learning ein intensives und greifbares Bildungserlebnis geboten wird. Von virtuellen Schulausflügen, wie sie Google Expeditions anbietet, bis hin zum gefahrlosen Experimentieren im simulierten Chemie-Klassenraum sind den potenziellen Einsatzbereichen keine Grenzen gesetzt.
Ein virtuelles Bildungsangebot, das sich an Lernende aller Altersstufen richtet, offeriert zum Beispiel die internationale Natur- und Umweltschutzorganisation WWF mit ihrem Kopernikus-Projekt Power-to-X (P2X): Hier wird eine Zukunftswelt simuliert, in der Wasserstoff eine tragende Rolle in der Energieversorgung spielt. Wer sich für dieses Thema interessiert, kann mithilfe einer HTC-Vive-Brille immersiv in dieses Szenario eintauchen und hautnah Lernerfahrungen sammeln.
AR und VR in der Bildung: Zukunftsfähige Lerntechnologien?
Der Einsatz von Virtual- und Augmented-Reality-Technologien in der Bildung zeigt bereits einige vielversprechende Anwendungsvorstöße, steht jedoch insgesamt noch am Anfang. So gibt es beispielsweise noch keinen vollständig virtuellen Studiengang, die Möglichkeit wird aber von mehreren Universitäten ins Auge gefasst. Aktuell lohnt sich die Entwicklung von AR- bzw. VR-Lernanwendungen finanziell zwar nur bei einer größeren Teilnehmerzahl wie bei den MOOCs – sind die Formate jedoch einmal entwickelt, können sie theoretisch von einer unbegrenzten Anzahl von Lernenden genutzt werden, was auf lange Sicht zu einer nachhaltigeren und globaleren Wissensvermittlung beiträgt. Insbesondere beim Erlernen technischer Fähigkeiten, bei dem in der realen Welt seltene Ressourcen verbraucht werden, erweist sich das Lernen in einer virtuellen Umgebung bereits jetzt als kostensparende Alternative. Da die erforderliche Hardware indessen immer günstiger wird, werden AR- und VR-Technologien beim Thema Digitalisierung im Bildungsbereich in Zukunft aller Voraussicht nach eine zunehmend wichtige Rolle spielen.